Habeck gibt zu: Ohne Energiesubventionierung droht Industriesterben in Deutschland

Wie bedrohlich ist es um die deutsche Wirtschaft tatsächlich bestellt? Ein gerade geführtes Interview mit Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) lässt nichts Gutes erahnen: Angesichts der hohen Energiepreise sieht der Minister offenbar nur noch den Weg der staatlichen Subventionierung oder die Deindustrialisierung unseres Landes.
Im seinem Wahlkreisbüro in Flensburg ist ein Umschlag mit weißem Pulver eingegangen: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.
Die Energiepolitik der Ampel, die Wirtschaftsminister Habeck maßgeblich zu verantworten hat, hat die deutsche Wirtschaft schwer ins Wanken gebracht.Foto: Christophe Gateau/dpa
Von 28. Juli 2023

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Vor zwei Tagen sprach Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in den „Tagesthemen“ über den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Gerade erst hat der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem Wachstumsausblick der deutschen Wirtschaft bescheinigt, dass sich diese im Moment auf einem Schrumpfkurs bewegt. Bessere Aussichten sind laut IWF in nächster Zeit leider nicht in Sicht. Während für die Weltwirtschaft Wachstum prognostiziert wird, geht es in Deutschland bergab. Grund genug, mit dem Bundeswirtschaftsminister in so einer Situation über das Thema Wirtschaft zu sprechen.

Kein Grund für „German Angst“

Habeck wird aus Oberhausen zugeschaltet. Dort wird im Moment gerade ein Werk zur Wasserstoffproduktion gebaut und der Wirtschaftsminister überreichte einen großen Förderbescheid. Vor dieser Kulisse wollte Robert Habeck offenbar das Bild in die Welt senden, dass es keinen Grund gibt, sich um die Wirtschaft in Deutschland Sorgen zu machen.

Auf die aktuellen IWF-Wirtschaftsdaten, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um 0,3 Prozent schrumpfen werde, angesprochen, gibt der Minister zu, das sei „natürlich nicht gut, da muss man nicht drüber hinweggehen“. Es gebe aber keinen Grund für eine „German Angst“.

Dass sich die Wirtschaft im Moment in einer solchen Misere befinde, hänge vor allem mit den hohen deutschen Energiepreisen zusammen. Diese seien eine direkte Auswirkung des deutschen Ausstiegs aus den russischen Energieimporten kurz nach dem Angriff auf die Ukraine. „Das haben andere Regionen so gar nicht gehabt, schon gar nicht die USA, aber auch Großbritannien oder Spanien. Die hatten faktisch kein russisches Gas“, sagte Habeck.

Der Wirtschaftsminister betonte weiter, dass Deutschland eine Exportnation sei. Daher hänge unser Land besonders von funktionierenden Weltmärkten ab. Und schließlich komme die Inflation hinzu und damit die Zinspolitik der Zentralbanken, welche Investitionen verteuere. „In gewissem Sinne sollte das so sein, so wollten es die Zentralbanken“, sagte der Minister. Dennoch seien die Standortbedingungen in Deutschland weiter „sehr gut“, beurteilt Habeck die Lage.

Gefahr der Deindustrialisierung sieht Habeck nicht

Die Gefahr einer „Deindustrialisierung“ des Landes sehe er deshalb nicht. „Tief in den Maschinenbau, ins Handwerk hinein werden hier Aufträge generiert und das ist ja das Gegenteil von einer Deindustrialisierung.“, so Robert Habeck.

Die „Transformationsphase“, in der sich die Wirtschaft gerade befinde, brauche noch etwas Zeit. Habeck spricht im Interview von einer Übergangsphase von gut fünf Jahren. Er wolle auch nicht verschweigen, dass dies Zumutungen bedeute. „Aber das wiederum liegt daran, dass wir in der Vergangenheit diese Transformation nicht so energisch wirklich angegangen sind.“
Für die Industrie bringt der grüne Wirtschaftsminister dann wieder seinen Vorschlag eines Industriestrompreises ins Spiel. Der Brücken-Industriestrompreis könne den Unternehmen helfen, solange die Energiekosten hoch seien.

Finanzminister Lindner gegen steuerfinanzierte Subvention von Energie

Die Ampel ist sich beim Industriestrompreis im Moment allerdings nicht einig. Während SPD und Grüne für den Habeck-Vorschlag sind, sieht die FDP – besonders Finanzminister Christian Lindner – den Vorschlag kritisch. Das gibt auch Habeck zu. „Man muss auch ehrlich sein: Das sind Gelder, die wir aufnehmen, das sind also schuldenfinanzierte Gelder, deswegen verstehe ich auch, dass der Finanzminister kritisch drauf schaut.“, so Habeck.

Lindner hatte schon in einem Gastbeitrag für das „Handelsblatt“ im Mai den vorgeschlagenen Industriestrompreis als „falschen Weg“ bezeichnet.

Die deutsche Industrie stehe vor großen Herausforderungen durch die Umstellung auf erneuerbare Energien, schreibt Lindner. Die Bundesregierung müsse die Transformation unterstützen. Eine staatliche Energiekostenhilfe sei aber „ökonomisch unklug und verteilungspolitisch ungerecht“. Ein Industriestrompreis würde nach Ansicht Lindners den freien Markt beeinträchtigen und praktische Probleme aufwerfen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie müsse durch andere Mittel gestärkt werden.

„Keine Gelder aufnehmen oder keine Industrie mehr haben?“

Robert Habeck scheint in dem Interview mit den „Tagesthemen“ nun noch einmal Druck auf den FDP-Koalitionspartner aufbauen zu wollen. Was der Grünen-Politiker dann sagt, klingt fast wie eine Erpressung: „Aber die Frage ist: Keine Gelder aufnehmen oder keine Industrie mehr haben?“, so Habeck.

Habeck, der wenige Minuten vorher noch behauptet hatte, dass er die Gefahr einer Deindustrialisierung nicht erkennen können, verfällt plötzlich in einen Entweder-oder-Sprech. Das verwundert. Sieht Habeck nun plötzlich doch die Gefahr der Abwanderung von Unternehmen?

Im „Cicero“ hatte gerade erst der Top-Manager Franz Herrlein in einem Interview davon gesprochen, dass die Stimmung unter den Unternehmen in Deutschland so schlecht sei wie lange nicht mehr. Herrlein warnte vor einer „schleichenden Abwanderung“. Von Deutschlands Wirtschaftselite erwartet der Manager, dass diese „die wohlstandszerstörende Politik der Bundesregierung“ viel deutlicher kritisieren.

Strompreise könnten in den nächsten 20 Jahren hoch bleiben

Was Robert Habeck in seinem Interview im Hinblick auf den Vorschlag des Industriestroms nicht sagt: Die hohen Strompreise sind kein kurzfristiges Phänomen. Sein Ministerium musste gerade erst im Juni zugeben, dass die Strompreise vermutlich in den kommenden 20 Jahren so hoch bleiben werden. Die Union hatte eine entsprechende Auflistung beim Habeck-Ministerium abgefragt.

Derzeit kostet Strom in Deutschland 41,93 Cent je Kilowattstunde (kWh). Damit liegt der Strompreis auf dem Niveau des Rekordjahres 2022. Für die Jahre 2024 und 2025 soll es mit 37 Cent pro Kilowattstunde zunächst einmal billiger werden. Danach geht es aber bis 2042 wieder schrittweise nach oben bis auf 40,27 Cent pro kWh. Treffen die Schätzungen zu, bleibt das Strompreisniveau in den nächsten 20 Jahren auf dem aktuellen Niveau. Experten erwarten zudem, dass die Netzentgelte in den nächsten Jahren aufgrund des notwendigen Ausbaus der Stromnetze steigen werden.

Immer wieder hatten gerade die Befürworter des Atomausstiegs angekündigt, dass Strom durch den Ausbau von Sonnen- und Windenergie künftig deutlich billiger werden würde. Auch Robert Habeck gehörte zu den Politikern, die dieses Mantra immer wieder bekundeten. Davon hat sich sein Ministerium in der Prognose zumindest verabschiedet.

Im Interview erweckt Habeck den Eindruck, dass die Subventionierung der Energie für die Industrie nur eine Übergangslösung für maximal fünf Jahre wäre. Mit Kenntnis der Zahlen aus seinem eigenen Ministerium muss man sich fragen, wie Robert Habeck zu dieser Einschätzung kommt? Energie, wenn es kein Umdenken in der Politik gibt, müsste zumindest in den kommenden 20 Jahren vom Steuerzahler für die Industrie subventioniert werden, damit der Wirtschaftsstandort Deutschland wettbewerbsfähig bleibt und die Industrie nicht abwandert. Das sagt Habeck allerdings nicht in dem Interview.



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