Habeck droht mit Ende der Ampel – Grüne Jugend fällt mit Antrag zur Asylpolitik durch
Robert Habeck und Annalena Baerbock haben wie angekündigt nicht mehr für den Parteirat kandidiert. Ihr Wort bleibt bei den Grünen dennoch bis auf Weiteres Gesetz. Vor allem ihre Appelle haben am Wochenende auf deren Parteitag in Karlsruhe dafür gesorgt, dass die Delegierten mit großer Mehrheit den Dringlichkeitsantrag der Jugend zur Asylpolitik abgewiesen haben.
Habeck warnte vor Ende der Ampel
Die Grüne Jugend hatte einen Beschluss gefordert, der es Mandatsträgern der Partei „auf allen Ebenen“ untersagt hätte, Asylrechtsverschärfungen zuzustimmen. Zwar hätte eine Zustimmung keine Verbindlichkeit entfaltet, da es in Deutschland kein imperatives Mandat gibt.
Mandatsträger, die sich gegen eindeutige Parteitagsbeschlüsse stellen, müssen jedoch innerparteiliche Konsequenzen befürchten, beispielsweise nicht mehr zu Wahlen aufgestellt zu werden. Außerdem hätten Partner innerhalb der Ampelkoalition einen solchen Beschluss zum Anlass nehmen können, um ein Ende des Bündnisses zu verkünden.
Dies hatte auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in seiner Rede auf dem Parteitag deutlich gemacht. Der Antrag, so der Minister, käme einem „Misstrauensvotum“ gleich und einem Aufruf, die Regierung zu verlassen. Dann aber würden „andere die Politik machen“, so Habeck.
Baerbock: „Putins dieser Welt“ wollen Europa in der Migrationsfrage scheitern sehen
Auch Annalena Baerbock hatte zum Ende der Asyldebatte noch einmal das Wort ergriffen. „Wir regieren, weil wir Verantwortung tragen“, beschwor sie vor den Delegierten. Eine Annahme des Dringlichkeitsantrages würde ihr und ihren Kollegen jedwede Verhandlungsoption verbauen. Dies gelte für die EU-Ebene in gleicher Weise wie für die Ministerpräsidentenkonferenz und den Bund.
Bereits zuvor hatte sie den Asylkompromiss der EU verteidigt. Es sei erforderlich, in Europa ein einheitliches Vorgehen zu beschließen. „Denn“, so Baerbock, „die, die Europa kaputt machen wollen, die Rechtspopulisten, die Putins dieser Welt“, würden „nur darauf warten“, dass „Europa sich in der Migrationsfrage zerlegt“.
Die deutsche Bundesregierung hatte das sogenannte Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS) bereits im Juni in Teilen mitgetragen. Das bedeutete eine Zustimmung unter anderem ein „Ja“ zu Asylverfahren an Außengrenzen und haftähnlichen Bedingungen für Personen ohne Bleibeperspektive.
Die Grüne Jugend hatte bereits damals scharfe Kritik an der Zustimmung der grünen Mitglieder der Bundesregierung geübt. Offen blieb allerdings noch eine Einigung auf einen Krisenmechanismus, den vor allem Ersteinreisestaaten verlangt hatten.
Grüne Jugend dominiert Debatte – Vorstand die Abstimmung
Insgesamt waren unter den Debattenrednern die Anhänger des Antrags der Grünen Jugend in der Überzahl. „Kein Mensch ist illegal“, lautete hier der Konsens. Die Grünen seien „nicht das Original für Abschiebungen, sondern das Original für universelle Menschenrechte“.
Eine gute finanzielle Ausstattung der Kommunen sei „gelebter Antifaschismus“, betonten Redner. Einige erklärten gleichzeitig, Geflüchtete hätten in Deutschland „jeden Tag Angst, Opfer von rassistischen Anschlägen zu werden“. Gleichzeitig hätten sie Angst vor Abschiebung. Nicht selten waren die Beiträge von lautem Applaus begleitet.
Der Antrag der Jugend zur Asylpolitik fiel dennoch durch. Gleichzeitig wurde die Fraktionsvorsitzende der Grünen im EU-Parlament, Terry Reintke, mit 95,2 Prozent der Delegiertenstimmen zur Listenführerin gewählt. Sie hatte im Juni zum GEAS-Beschluss des Rats der Innen- und Justizminister der EU erklärt:
„Die Position des Rats widerspricht europäischen Werten wie den Grundrechten und der Achtung der Rechtsstaatlichkeit.“
CO2-Abscheidung kein Tabu mehr
In einem Antrag des Vorstands, der eine breite Mehrheit auf sich vereinen konnte, hieß es hingegen:
„Steuerung, Ordnung und Rückführung gehören zur Realität eines Einwanderungslandes wie Deutschland dazu.“
Neben der Asylpolitik haben die Delegierten auch in einem anderen Bereich eine politische Kehrtwende abgesegnet. Im Klimaschutzkapitel des EU-Wahlprogramms wird eine „aktive“ Förderung des Abscheidens, Speicherns und Nutzens von Kohlendioxid (CCUS) gebilligt, wo „technisch nicht vermeidbare“ CO₂-Emissionen entstünden. Bis dato galt die Technologie innerhalb der Grünen als Tabu.
Bereits am Freitag hatte die Partei ihr Sprecherduo Omid Nouripour und Ricarda Lang mit 79,1 beziehungsweise 82,3 Prozent im Amt bestätigt. Am Sonntag soll die Endfassung des EU-Wahlprogramms beschlossen werden.
Münchner Politologe sieht Grüne als „modernere konservative Kraft“
Eine jüngst veröffentlichte Umfrage von INSA zur Bundestagswahl sieht die Grüne nur noch bei zwölf Prozent der Stimmen. Demgegenüber spricht Emnid von 17. Bis dato waren die Umfragewerte der Partei bei Umfragen meist höher als bei den Wahlen selbst.
Die 20,5 Prozent, die es für die Grünen 2019 bei den EU-Wahlen gegeben hatte, scheinen jedoch derzeit in weiter Ferne zu liegen, erst recht die 29 Prozent auf Bundesebene, die Civey der Partei im April 2021 bescheinigt hatte.
Der Münchner Politologe Andreas Wüst sieht für die Partei dennoch Chancen. Er bescheinigt den Grünen gegenüber „Phoenix“, sich „in Teilen als modernere konservative Kraft“ in Szene setzen zu wollen, und scheint diesbezüglich sogar Erfolgsaussichten zu sehen:
#BDK23 | Mit Blick auf die Europawahl wollen @Die_Gruenen auch konservativere Wähler für sich gewinnen, so der Politologe Andreas Prof. Wüst von der @hmmuenchen. Besonders gelte dies für Wähler von #SPD und #CDU bei denen man kürzlich in Bayern und Hessen Stimmen verloren hat. pic.twitter.com/GuYKi8dIjk
— phoenix (@phoenix_de) November 26, 2023
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