H-G. Maaßen warnt: Chinas KP spioniert und infiltriert in Deutschland – Huawei mit 5G bleibt ein Sicherheitsrisiko
Herr Maaßen, als Medium, das von chinesischen Dissidenten im Ausland gegründet wurde, beginnen wir mit China: Wie beurteilen Sie den chinesischen Mobilfunkkonzern Huawei, der bei dem Aufbau des 5G-Netzwerkes teilweise zum Zug gekommen ist. Der ehemalige BND-Chef Gerhard Schindler hatte bereits 2011 gewarnt und in diesem Jahr noch einmal ganz klar gesagt: Huawei und 5G, das bedeutet ein Sicherheitsrisiko. Deckt sich das mit Ihrer Wahrnehmung?
Ja, Gerhard Schindler, der frühere Präsident des BND, hat das gesagt. Und nicht nur er, sondern viele ehemalige Kollegen, viele heutige Chefs der Nachrichtendienste, soweit ich weiß, sehen es sehr ähnlich, sehen es mit großer Sorge, dass 5G von Huawei betrieben oder mitbetrieben werden soll, und ich auch, aus sehr guten Gründen.
Was Huawei betreibt, ist nicht nur Wirtschaft oder ein Unternehmen wie Siemens oder Motorola oder andere Unternehmen, sondern Huawei ist auch Teil des chinesischen Staates; und der chinesische Staat betreibt über Unternehmen wie Huawei auch Außenwirtschaftspolitik. Oder man könnte unfreundlicher sagen: eine hegemoniale Politik. Man versucht auch, Unternehmen stark zu machen, die jeweils aus sicherheits- und außenpolitischer Sicht Chinas wichtig sind.
Dazu gehört: Huawei versucht die Unternehmen – aus meiner Sicht auch mit eher unfairen Mitteln – in anderen Ländern auf den Markt zu bringen und zu positionieren. Dabei geht es nicht nur um Marktanteile. Dabei geht es nicht nur um Profit, was unsere Unternehmen im Blick haben. Sondern es geht auch darum, China und den chinesischen Staat in anderen Ländern stärker zu etablieren und diese in Teilen auch abhängig zu machen.
Wenn immer wieder gesagt wird, es liegen keine Belege dafür vor, dass Huawei irgendwo Abhörmaßnahmen durchgeführt hat oder irgendwo mit Hilfe der eigenen Router Technik vielleicht Telefonate oder Emails hat weiterleiten lassen, ist das für mich überhaupt kein Argument. Denn allein die Tatsache, dass China so etwas könnte, dass also Huawei im Auftrag des chinesischen Staates so etwas könnte, macht uns unglaublich vulnerabel, unglaublich abhängig, unglaublich erpressbar und das bei 5G! Wo 5G in Zukunft für uns eigentlich alles bedeutet, dass nämlich der gesamte Realweltbereich mit der Technik des Internets vernetzt wird, und das über die Schnittstelle 5G. Also ich kann nur sagen: Aus meiner Sicht geht es nicht, Huawei auf den Markt zu lassen.
Manche würden dem entgegenhalten: Was machen denn die Amerikaner so viel anders? Die wollen uns doch auch abhängig machen. Die hören uns ab. Was ist sozusagen hier von höherem Risiko, was macht Huawei und den chinesischen Zugang aus Ihrer Sicht deutlich gefährlicher? Oder was sind da die konkreten Risiken, die man eingeht?
Diese Frage signalisiert aus meiner Sicht, dass man das Grundproblem an China nicht verstanden hat. China ist keine westliche Demokratie. China ist ein kommunistischer totalitärer Staat, der regiert wird von der KP China. Das macht den großen, aus meiner Sicht kaum zu überwindenden Unterschied zu Deutschland, Frankreich, Großbritannien und zu den USA aus. Wenn ich das hinzufügen darf, man kann persönlich zu Herrn Trump stehen wie man will, aber die USA sind unsere Partner und sind eine freiheitliche Demokratie, egal wer dort regiert. Und sie unterstehen dem dortigen Recht. Von daher ist es nicht zu vergleichen mit dem, was jedenfalls amerikanische Unternehmen auf dem deutschen Markt machen, auch britische, oder was chinesische Unternehmen beabsichtigen.
Stichwort NSA-Abhörskandal der USA, auch in der medialen Wahrnehmung der Mainstreammedien, haben ganz klar die Amerikaner den schwarzen Peter bekommen für ihre Abhörtätigkeiten. Manchmal bekam man das Gefühl, es gibt keine anderen Geheimdienste, die vielleicht Spitzenpolitiker abhören und ausspionieren. Sie sind der Experte. Wie ist das tatsächlich?
Nun, das Abhören ausländischer Spitzenpolitiker gehört, denke ich, zum Aufgabenprofil der allermeisten Auslandsnachrichtendienste oder technischen Dienste. Das heißt also, die Dienste bekommen von der jeweiligen Regierung den Auftrag, Informationen über das Denken und das spätere Handeln der Staats- und Regierungschefs oder führender Wirtschaftsvertreter anderer Länder zu bekommen.
Natürlich halten alle Dienste die Karten vor die Brust, dass man nicht genau sehen kann, was sie für ein Profil, was für einen Auftrag sie haben. Aber die Amerikaner sind natürlich nicht die einzigen, die so etwas tun. Aber eins macht den großen Unterschied aus: Die Amerikaner handeln nach Recht und Gesetz und sind unsere Partner. Und wenn ich sage nach Recht und Gesetz, dann meine ich, dass die Amerikaner sich an das dortige Rechte halten, das jedermann nachlesen kann.
In Russland, in China ist das anders. Das sind totalitäre Staaten, die ihre Nachrichtendienste jedenfalls nicht rechtsstaatlich führen, wo die Nachrichtendienste nicht nur Nachrichtendienste sind, das heißt Nachrichten generieren, sondern Geheimdienste sind, die teilweise auch extralegale Mittel verwenden.
Wenn wir beim chinesischen Geheimdienst sind, wäre natürlich auch interessant zu hören, wie der chinesische Geheimdienst in Deutschland agiert. Es gibt den Verfassungsschutzbericht, in dem auch die sogenannten „fünf Gifte“ der kommunistischen Partei genannt werden. Das sind Demokratie-Aktivisten, Tibeter, Uiguren, muslimische Minderheit, Hauschristen oder Rom-treue Christen und Falun Gong-Anhänger. Das Thema Falun Gong findet in dem 2018 abschließenden Verfassungsschutzbericht von 2018 gleich dreimal seinen Niederschlag. Wie agiert der chinesische Geheimdienst in Deutschland?
Also die „fünf Gifte“ gehören nach wie vor zum Aufgabenprofil der chinesischen Nachrichtendienste, was bedeutet, dass die chinesischen Nachrichtendienste diese Gruppierungen oder Zielpersonen oder Zielorganisation bearbeitet und bekämpft. Bearbeitet heißt Nachrichten generieren, bekämpfen heißt infiltrieren, versuchen diese Organisationen im eigenen Sinne zu steuern durch eigene Quellen oder auch notfalls mit extralegalen Methoden diese Zielorganisationen oder Personen zu behandeln.
Was Deutschland angeht, haben wir in den vergangenen Jahren immer wieder festgestellt, dass in Einzelfällen derartige Übergriffe gegen oppositionelle, das heißt auch gegen die „fünf Gifte“ in Deutschland feststellbar waren. Das hat sogar auch zu gerichtlichen Verurteilungen von Personen geführt, die jedenfalls für die chinesischen Dienste in Deutschland tätig waren.
Ob und wie oft das stattfindet, in welchem Umfang das stattfindet, hängt immer wieder auch von der Situation in China ab und auch von der Belastung der dortigen Dienste, so jedenfalls meine Wahrnehmung. Es kann sein, dass es eine – ich sag mal – richtige Welle gibt, wo auch in Europa chinesische Nachrichtendienste gegen diese Oppositionellen vorgehen. Es kann auch sein, dass man wieder etwas zurückhaltender ist.
Können Sie dazu die aktuelle Lage einschätzen?
Also ich denke, dass die „fünf Gifte“ derzeit in Europa nach wie vor mit einem hohen Aufwand von chinesischen Diensten bearbeitet werden.
Das Gespräch führte Florian Godovits
Die Reihe der Auszüge aus dem noch unveröffentlichten Video-Interview wird fortgesetzt, morgen erscheint:
H-G. Maaßen über die Haltung von Matteo Salvini an der Grenze Europas zum Mittelmeer
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