Gruppenvergewaltigung im Görlitzer Park. Wegner: „Inakzeptabel“

Es ist die zweite Gruppenvergewaltigung in Berlin, die vor Kurzem stattgefunden haben soll. Während Berlins Regierender Bürgermeister Gegenmaßnahmen ankündigte, äußerte Ricarda Lang, dass sie sich momentan nicht traue, nachts durch den Görlitzer Park zu gehen.
Titelbild
Der Görlitzer Park in Berlin.Foto: Maja Hitij/Getty Images
Von 2. August 2023

Rund einen Monat nach einer mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung einer 27-Jährigen in Berlins berüchtigtem Görlitzer Park durch Personen, die offenbar der Drogenszene zuzurechnen sind, nahmen Polizeikräfte einen zweiten Tatverdächtigen fest.

Der per Haftbefehl gesuchte 22-Jährige wurde am Sonntag gegen 18:00 Uhr in Berlin-Kreuzberg durch Kräfte der Brennpunkt- und Präsenzeinheit der Polizei aufgegriffen und nach seiner Identifizierung in die Untersuchungshaft überführt. Zuvor wurde bereits ein Somalier, ebenfalls 22 Jahre alt, als Tatverdächtiger festgenommen.

Ihnen wird vorgeworfen, in den frühen Morgenstunden des 21. Juni 2023 an einer Vergewaltigung einer 27-Jährigen durch mehrere Männer beteiligt gewesen zu sein. Zudem soll ihr ebenfalls 27 Jahre alter Freund von den Männern mit Gegenständen verletzt und zu Boden gebracht worden sein. Den beiden Opfern seien zudem Wertgegenstände entwendet worden, berichtet die Berliner Polizei.

Erst durch die Medienberichterstattung wurde der Fall bekannt. Der Polizei wurde vorgeworfen, Informationen zu dem Vorfall zurückgehalten und so die Sicherheit der Bürger gefährdet zu haben.

Die Berliner Polizei gab daraufhin bekannt, dass man selbstverständlich seitens der Polizei und der Staatsanwaltschaft eine entsprechende Warnung herausgebe, wenn man Anhaltspunkte für eine Serienstraftat sehen würde. „Dafür ergeben sich jedoch – nach den bisherigen Erkenntnissen – keine Anhaltspunkte.“

Acht Fälle von Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexueller Übergriffe

Durch eine Kleine Anfrage der beiden Berliner Linken-Abgeordneten Niklas Schrader und Ferat Koçak wurde kürzlich bekannt, dass es in der ersten Jahreshälfte 2023 bereits zu acht Fällen von Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexueller Übergriffe im Görlitzer Park oder seinem Umfeld kam. Alleine fünf davon trugen sich im Juni zu. Hinzu kommen 13 Fälle von weiteren Sexualdelikten und zusätzlich zwei Fälle sexuellen Missbrauchs von Kindern.

Nach Bekanntwerden, dass die Polizei im Falle der mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung ermittelt, äußerte Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik gegenüber der „Berliner Zeitung“: „Wir haben es im Görlitzer Park primär und massiv mit Betäubungsmittelkriminalität- und deren Begleitstraftaten, wie Diebstählen, Bedrohungen, Körperverletzungen und Betrugstaten zu tun“. Sexualstraftaten seien jedoch eher die Ausnahme.

Die Berliner Polizei begründete ihre zurückhaltende Kommunikation in dem besagten Fall zudem damit, dass die potenziell Geschädigten gegebenenfalls schwer traumatisiert wären, weshalb eine polizeiliche und gerichtliche Aussage vielmals eine schwere Belastung für die Betroffenen darstelle.

„Die Entscheidung der Betroffenen auszusagen, soll von diesen eigenständig und unbeeinflusst getroffen werden.“ Durch frühzeitige Berichterstattung und die Bekanntgabe von Hintergründen oder Details aus den Ermittlungsverfahren bestehe die Gefahr, dass die Opfer in ihrem Aussageverhalten beeinflusst würden, die Aussage anpassten oder derart verschreckt würden, dass sie gar keine Angaben mehr tätigen wollen.

Zudem stünden Details unter dem Schutz der Persönlichkeitsrechte der Opfer und die Polizei müsse dafür sorgen, dass diese Details nicht in der Medienberichterstattung veröffentlicht würden. Auch wären bei frühzeitiger Bekanntgabe von Ermittlungsergebnissen etwaige Täter gewarnt und die Maßnahmen würden ins Leere laufen.

Wegner kündigte Gegenmaßnahmen an – Ricarda Lang traut sich nachts nicht in Berliner Grünanlage

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) kündigte, nachdem der Fall bekannt wurde, im Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ Gegenmaßnahmen an. „Die Lage im Görlitzer Park ist inakzeptabel, so wie die Situation dort ist, darf es nicht bleiben“, sagte der CDU-Politiker zu dem Medium. Konkreter wurde Wegner nicht. Er kündigte allerdings Gespräche mit der Berliner Innensenatorin, der Polizeiführung und dem Bezirk an. Zudem erklärte er, dass der Görlitzer Park auch Thema bei einem Sicherheitsgipfel Anfang September sein wird.

Die Vorsitzende der Grünen, Ricarda Lang, äußerte sich zu dem Vorfall im Görlitzer Park im ARD-Sommerinterview. Auf die Frage, ob sie sich traue, nachts alleine durch den Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg zu laufen, antwortete die 29-Jährige in einer Schnellfragerunde am Ende des Interviews: „Im Moment nicht, nein.“

Angesichts einer weiteren mutmaßlichen Gruppenvergewaltigung in Berlin, die ebenfalls im Juni stattgefunden haben soll, gründete die Polizei eine Ermittlungsgruppe. Die beim Landeskriminalamt angesiedelte und aus sechs Beamten bestehende Gruppe soll neben der Tat im Görlitzer Park auch die Vorfälle in der Nacht vom 9. auf den 10. Juni am Berliner Schlachtensee aufklären. Dort soll es zu mehreren Vergewaltigungen, sexuellen Übergriffen und sexuellen Belästigungen von insgesamt drei jungen Frauen gekommen sein.

Der Görlitzer Park und der angrenzende Wrangelkiez sind zwei von sieben durch die Berliner Polizei als „kriminalitätsbelastete Orte“ eingestufte Gebiete in der Hauptstadt.

Seit Jahren findet in der Anlage ein offener Drogenverkauf statt. Häufig sind es afrikanische Migranten (Gambia, Guinea, Somalia), die dort mit Drogen handeln. Dies zieht auch eine sogenannte Begleitkriminalität wie Raubüberfälle, Körperverletzungen (auch durch Revierkämpfe) und Sexualdelikte mit sich.

Ursachen für die hohe Kriminalitätsbelastung

Trotz einer verstärkten Polizeipräsenz und der Einrichtung einer mobilen Wache am Görlitzer Park bekommt die Polizei die Lage nicht in den Griff. Beobachter schreiben dies einerseits dem grün regierten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg und seine lockere Haltung zu den Drogenproblemen im Görlitzer Park zu. Die beiden letzten Grünen-Bezirkbürgermeister (beide weiblich) stellten sich gegen konsequente Sicherheitsmaßnahmen wie beispielsweise eine Videoüberwachung oder eine Umzäunung mit einem nächtlichen Verschluss und sahen ein massives Vorgehen der Polizei kritisch.

Einen weiteren Anteil sehen Kritiker der jetzigen Zustände in der teilweise polizeikritischen Anwohnerschaft, die polizeiliche Arbeit erschwert. So kam es in der Vergangenheit während polizeilicher Maßnahmen bereits mehrfach zu tätlichen Angriffen auf Polizisten und versuchten Gefangenenbefreiungs- und sogenannten Solidaritätsaktionen.

Andererseits gibt es auch eine hohe Nachfrage nach Drogen. Menschen suchen extra den Park auf, um Drogen zu kaufen, was die Anwesenheit der Drogendealer begünstigt. Des Weiteren geht nach Ansicht der Gewerkschaft der Berliner Polizei die Berliner Justiz mit Drogendelikten zu milde um. Das wirke sich auf die Arbeitsmoral der Polizisten negativ aus und ermutige die Drogendealer, weiter ihren kriminellen Geschäften nachzugehen, so die Gewerkschaft.

Kurzum, eine Lösung sehen viele nur in einer engen Zusammenarbeit zwischen Bezirk, Stadt, Land und Justiz sowie der Polizei unter Mithilfe der Anwohner und Besucher des Parks. Mit den Worten der Berliner Polizei gesprochen, helfe hier nur eine „gesamtgesellschaftlicher Ansatz“.



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