Grundsteuer: Steigende Belastungen für Eigentümer erwartet – Verband spricht von „Staatsversagen“

Der Eigentümerverband Haus & Grund kritisiert die Grundsteuerreform scharf und spricht von „Staatsversagen“. Präsident Kai Warnecke warnt vor erheblichen Mehrbelastungen für Immobilienbesitzer, die sich auf über 1.000 Euro pro Jahr belaufen könnten.
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Reform der Grundsteuer: Eigentümerverband warnt vor massiven Mehrbelastungen. Symbolbild.Foto: filmfoto/iStock
Von 6. Oktober 2024

Der Präsident des Eigentümerverbandes Haus & Grund, Kai Warnecke, hat dem Bund im Zusammenhang mit der Grundsteuer „Staatsversagen“ attestiert. Deren Neuregelung, die aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts erforderlich wurde, lässt etwa 90 Prozent darüber im Unklaren, wie hoch ihre Belastung im nächsten Jahr sein werde.

Dabei könne die zusätzliche Belastung teilweise mehr als 1.000 Euro im Jahr betragen, so Wernecke gegenüber „Bild am Sonntag“. Es sei damit zu rechnen, dass Kommunen aufgrund ihrer finanziellen Nöte ihre Hebesätze anpassten:

„Das ist absurd und echtes Staatsversagen, schließlich hatte der Staat fast sechs Jahre Zeit für die Reform.“

Bundesverfassungsgericht erklärte alte Regelung zur Grundsteuer für verfassungswidrig

Zuletzt im Jahr 2018 hatte das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass die bisherige Berechnung der Grundsteuer den realen Gegebenheiten nicht gerecht werde. Bis dahin hatte diese sich nach dem sogenannten Einheitswert bemessen. Dessen Referenzgrößen stammen aus den Jahren 1935 in Ostdeutschland und 1964 in Westdeutschland. Die Folge waren erhebliche Abweichungen in der Höhe der jeweiligen Grundsteuer für ähnlich beschaffene Grundstücke.

Die Bemessung nach dem Einheitswert sei deshalb veraltet und darauf gestützte Berechnungen verfassungswidrig. Künftig soll dem Urteil aus Karlsruhe zufolge der sogenannte Bodenrichtwert zur relevanten Referenzgröße werden. Dieser ist im Regelfall deutlich höher als der Einheitswert und allein schon deshalb ein potenzieller Steigerungsfaktor für die Steuerbelastung. Dazu kommt der Hebesatz, den die jeweilige Kommune festlegt.

Der dritte Faktor ist die sogenannte Steuermesszahl – ein Anteil vom Grundsteuerwert. Dieser beträgt je nach Art des Grundstücks zwischen 0,31 Promille für solche mit Einfamilienhäusern und 0,55 Promille für land- und forstwirtschaftliche genutzte Areale. Die Bundesländer können abweichende Regelungen treffen. Außerdem soll die Verpflichtung zur Entrichtung einer Grundsteuer künftig auch schon für Kleingartenareale gelten.

Berlin hat vorsorglich den Hebesatz reduziert

Im Jahr 2022 reformierte die Koalition im Bund die Grundsteuer. Das neue System soll mit Beginn des kommenden Jahres in Kraft treten. Den ersten Bescheiden zufolge waren vor allem in Ländern wie Baden-Württemberg und Sachsen zum Teil erhebliche Mehrbelastungen zu erwarten. In Moritzburg gab es sogar einen Fall, in dem die jährliche Grundsteuerbelastung von 40 auf 2.500 Euro ansteigen sollte.

In Berlin hat man mittlerweile den Hebesatz von zuvor 810 auf künftig 470 Prozent gesenkt. Auf diese Weise will man zu gravierenden Steigerungen bezüglich der Steuerverpflichtung entgegenwirken. Zudem soll es eine Härtefallregelung geben, um Eigentümer selbst genutzter Immobilien vor nicht verkraftbaren Erhöhungen zu schützen.

Kai Warnecke steht mit seiner Warnung vor erheblichen Steigerungen bei der Grundsteuer nicht allein da. Die erforderliche Neuberechnung der Grundsteuer für 36 Millionen Immobilien könnte auch nach Einschätzung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes für erhebliche Mehrbelastungen sorgen.

Die Kommunen hätten nicht zuletzt aufgrund höherer Ausgaben für Sozialhilfe oder Bürgergeld Kostensteigerungen zu verkraften gehabt. Diese könnten sie nun versuchen, durch höhere Grundsteuern auszugleichen.

Gesetz kennt Öffnungsklausel zugunsten der Länder

Die unterschiedlichen Hebesätze, so befürchtet Warnecke, könnten jetzt erst recht eine unterschiedlich hohe Grundsteuer für gleichartige Grundstücke auslösen. Am Ende hänge deren Höhe wieder vom Wohnort ab.

Auch der Heidelberger Verfassungsjurist Gregor Kirchhoff hatte die Orientierung der Grundsteuer am Bodenrichtwert als unverlässlich eingestuft. In einem Gutachten für den Bund den Steuerzahler sowie für Haus & Grund hatte er bemängelt, dass Faktoren wie Denkmalschutzauflagen, Baumängel oder Altlasten dabei nicht zum Tragen kämen. Er halte es für sinnvoller, die Berechnung an Faktoren wie Fläche und Gebäudeart auszurichten.

Erst im August hatte die FDP alle 16 Bundesländer dazu aufgefordert, aus der Grundsteuer-Reform des Bundes auszusteigen und von der im Gesetz verankerten Öffnungsklausel Gebrauch zu machen. Auf diese Weise ließen sich die zu befürchtenden Mehrkosten für die Hausbesitzer potenziell minimieren.

FDP: Länder sollen auf Flächenmodell bei der Grundsteuer ausweichen

Fraktionschef Christian Dürr beklagte damals, dass die Regierungspartner Bedenken der Liberalen bezüglich einer Bürokratisierung und Verteuerung nicht hinreichend berücksichtigt hätten. Bundeskanzler Olaf Scholz habe versprochen, es werde durch die Neuregelung zu keinen Mehrbelastungen kommen. Nur wenige Immobilienbesitzer müssten mehr als bisher bezahlen.

Davon könne nun nicht die Rede sein. Viele Betroffene sorgten sich jetzt vor ihrem Steuerbescheid. Er rät zu einer alternativen Lösung: „Die Länder sollten daher auf das unkomplizierte Flächenmodell ausweichen, das sich an der Größe des Grundstücks und an der Wohnfläche orientiert. So könnte eine Mehrbelastung von Eigentümern und Mietern rechtzeitig verhindert werden.“



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