Grundsteuerchaos: Bereits über 6 Millionen Beschwerden
Die neue Grundsteuer naht. Die Ungewissheit in der Bevölkerung ist groß, denn noch immer ist vielen unbekannt, wie sich die Steuerreform auf den Geldbeutel auswirkt. Über das vergangene Jahr sind bereits Fälle bekannt geworden, bei denen horrende Steuererhöhungen erwartet werden. Solche Fälle mehren sich weiter.
Unrealistisch hohe Neubewertungen, Beschwerden ergebnislos
Im Zuge der neuen Grundsteuerreform wurden in Deutschland 36 Millionen Grundstücke neu bewertet. Inzwischen sind bereits über 6 Millionen Beschwerden eingegangen, berichtet ARD „Plusminus“.
Professor Gregor Kirchhof von der Universität Augsburg sagte gegenüber dem Sender, dass das sogenannte Bundesmodell, das zur Berechnung der Grundsteuer in den meisten Bundesländern verwendet wird, verfassungswidrig sei. „Das Bundesgesetz verstößt vor allem gegen den Gleichheitssatz und das spüren wir gerade an der großen Unruhe in der Bevölkerung und an den zahlreichen Fällen, die zu nicht nachvollziehbaren Bewertungen führen.“ Das Bundesmodell möge in manchen Fällen auch zu einer passenden Bewertung führen, aber „die Vielzahl der Fälle, die zu unsachgerechten Bewertungen führt, ist einfach existent“.
„Plusminus“ zeigt zwei beispielhafte Einzelfälle. Torsten Küllig erwarb in der Gemeinde Moritzburg bei Dresden ein Grundstück für 33.000 Euro, mit zwei Doppelgaragen und sonst nur Rasenfläche und ohne Baugenehmigung. Bisher musste er dafür 40 Euro Grundsteuer zahlen. Nach der Neueinstufung sei sein Grundstück laut Finanzamt nun 851.900 Euro wert – aber nur auf dem Papier. Der neue Hebesatz, also der Faktor, mit dem die Gemeinde die Grundsteuer berechnet, ist noch nicht bekannt. Bliebe er aber unverändert, müsste Küllig in Zukunft 2.500 Euro Grundsteuer zahlen – das 60-Fache.
„Ich merke schon deutlich, wie dieser fiskalische Würgegriff zum 1.1. langsam zugreift und das macht einen schon ein bisschen unentspannt“, sagte Küllig. Er habe versucht, auf die Politik und Finanzverwaltung zuzugehen, um „Brücken zu bauen“, habe aber nicht einmal „einen Hauch von Bereitschaft erkannt“.
Ähnlich erging es auch Holger Höhne aus Meißen. Auch ihm ist der neue Hebesatz noch nicht bekannt. Würde dieser unverändert bleiben, müsste er zukünftig 800 Euro Grundsteuer zahlen statt wie bisher 89 Euro. Grund dafür, ist, dass sein 800 Quadratmeter großes Grundstück zu weiten Teilen als baureifes Land eingestuft worden sei, obwohl es größtenteils Landschaftsschutzgebiet sei.
Höhne bezeichnet dies als Betrug. In der Antwort auf seine Nachfrage beim Ministerium hieß es, dass man auf „kleinteilige Sachen“ keine Rücksicht nehmen könne. „Da frage ich mich, was hier kleinteilig ist. Das ist ja eine Erhöhung von mehreren hundert Prozent.“
Planung in Verzug
Obwohl die neue Steuer mit Beginn 2025 gilt, wird in 22 der 25 größten Städte die Grundsteuer erst später bekannt gegeben, berichtete „FOCUS“. Die Städte schafften es zeitlich nicht, den Hebesatz für die Verrechnung der Grundsteuer festzulegen. Spätestens im März solle es aber soweit sein – dann müssten Eigentümer aber im Falle einer Erhöhung für die vorigen Monate nachzahlen.
Kai Warnecke von Haus & Grund Deutschland bezeichnetet es als ein Staatsversagen, dass 90 Prozent der Haushalte immer noch nicht wüssten, was auf sie zukomme. „Was wir in diesen Tagen sehen, ist, dass viele Städte und Gemeinden noch keine Hebesätze erlassen haben“, und dort, wo es schon Hebesätze gebe, erlebe man, dass „es für den Einzelnen zum Teil das Zehnfache dessen wird, was er oder sie bisher gezahlt hat“, sagte Warnecke gegenüber „Plusminus“.
Neue Grundsteuerberechnung für 36 Millionen Immobilien
Für die Kommunen ist die Grundsteuer eine der größten Einnahmequellen. Ihre Höhe hängt vom Grundstück, vom Gebäude und erheblich vom Wohnort ab. Denn der kommunale Hebesatz variiert stark. Für gleich bewertete Häuser können in der einen Kommune 100, in der anderen rund 1.000 Euro Grundsteuer im Jahr fällig werden.
Die Reform war wegen eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts nötig geworden. In einem Beschluss zur Grundsteuer hatte das Gericht im Jahr 2018 erklärt, dass Finanzämter den Wert von Immobilien nicht mehr adäquat kalkulierten. Die zugrunde liegenden Daten stammten aus den Jahren 1935 (für Ostdeutschland) und 1964 (für Westdeutschland).
Dies mache das bisherige System der grundsteuerlichen Bewertung verfassungswidrig, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandelte und so den Gleichheitssatz verletze. Die derzeitige Form der Berechnung der Grundsteuer darf noch bis zum 31. Dezember 2024 stattfinden.
Infolge des Auftrags aus Karlsruhe sollten nun alle Angaben zu Grundstücksfläche, Wohnfläche, Gebäudeart, Baujahr und Bodenrichtwert erneut erhoben und ausgewertet werden.
Selbst bloße Kleingartenareale waren von der Datenerfassung betroffen. Ab 2025 solle die Grundsteuer anhand der Neuregelung aus dem Jahr 2022 eine Neufestsetzung erfahren.
(tp mit Material der Nachrichtenagenturen)
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