Grüne weisen Vorbehalte der Wirtschaft gegen Schwarz-Grün zurück
Führende Grünen-Politiker haben Vorbehalte aus der Wirtschaft gegen ein mögliches schwarz-grünes Regierungsbündnis nach der Bundestagswahl scharf zurückgewiesen. „Offensichtlich ist manchen Verbänden Ideologie wichtiger, als die Interessen ihrer Mitgliedsunternehmen zu vertreten“, sagte Grünen-Chef Cem Özdemir dem „Handelsblatt“ (Montagsausgabe) mit Blick auf Warnungen des Familienunternehmer-Verbandes. Viele Unternehmen seien längst weiter und entwickelten hochinnovative, ökologisch nachhaltige Produkte und sähen die „ökologische Modernisierung nicht als Problem, sondern als Chance“.
Schon nach der letzten Bundestagswahl hätten sich viele Wirtschaftsverbände für eine Große Koalition ausgesprochen. „Heute leiden ihre Mitgliedsunternehmen unter den Kosten und Folgen der Rente mit 63, der Mütterrente, des verschleppten Ausbaus der Stromtrassen und einer Digitalisierung im Schneckentempo“, so Özdemir. Die Verbände sollten daher „selbstkritisch ihre Positionen überdenken und ihre Scheu vor einer ökologischen Marktwirtschaft ablegen“ Die Vize-Chefin der Grünen-Bundestagsfraktion, Kerstin Andreae, sieht den Gegenwind aus der Wirtschaft als Chance für die Grünen. „Bei ökologischem Wirtschaften können wir in der nächsten Wahlperiode viel erreichen und zwar mit Gewinn für Firmen und Jobs“, sagte Andreae der Zeitung. „Es wird Zeit, dass diese Botschaft in der öffentlichen Debatte ankommt.“ Sie erinnerte daran, dass die Wachstumszahlen im Bereich der Umwelttechnologien beachtlich seien. „Und die Manager in den Unternehmen wissen, dass sie bei Ressourcenverbrauch und Emissionen besser werden müssen.“ Das liege aber weniger an grüner Politik, sondern daran, wie stark wichtige Handelspartner wie China und Indien auf umweltfreundliche Produkte drängten. Der Sprecher des Realo-Flügels der Grünen-Bundestagsfraktion, Dieter Janecek, lehnt indes einen wirtschaftsfreundlichen Kurs im Fall eines möglichen schwarz-grünen Regierungsbündnisses im Bund strikt ab. „Die Angst der großen Lobby-Verbände ist berechtigt, denn mit den Grünen in der Regierung würden sie in ihrer Fortschrittsverweigerung zum Beispiel beim Thema Elektromobilität ernsthaft herausgefordert“, sagte Janecek der Zeitung. „Eine Bundesregierung unter grüner Beteiligung würde einen klaren verlässlichen Rahmen setzen für die konsequente Umsetzung der Energiewende und den Ausstieg aus dem fossilen Verbrennungsmotor. Und sehr große Vermögen würden zum Wohle des Mittelstands endlich ihren gerechten Beitrag zum Gemeinwesen leisten.“ Das alles sei „gut für neue Jobs und fairen Wettbewerb am Standort Deutschland und schlecht für die verkrusteten Machtkartelle“, fügte der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion hinzu. (dts)
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