Grüne stellen Zustimmung zum Sondervermögen infrage – Merz verspricht Zugeständnisse

Die Grünen haben die Sondierungsergebnisse von Union und SPD scharf kritisiert und sehen ihre nötige Zustimmung zu den erforderlichen Grundgesetzänderungen zur Finanzierung infrage gestellt. „Von einer Zustimmung sind wir heute weiter entfernt als in den letzten Tagen“, sagte Grünen-Ko-Parteichef Felix Banaszak am Samstag in Berlin. Er kritisierte unter anderem, dass die „Finanzierung von Klimaschutz überhaupt keine Rolle spielt.“
„Alles mit Geld zuzuschütten, die Wahlversprechen aneinanderzureihen, keinerlei strukturelle Reformen anzugehen, das ist Gift für unser Land“, sagte ihrerseits Ko-Parteichefin Franziska Brantner. Auch bei den Themen Wirtschaft und Europa blieben die Beschlüsse von Union und SPD weit hinter den Erwartungen zurück. Eine solche Politik führe wieder in den Stillstand, sagte Brantner. „Und das ist das, was uns weiter wegbringt von jeder Zustimmung.“
Union und SPD wollen zur Finanzierung ihrer Pläne mehrere Grundgesetzänderungen in den kommenden beiden Wochen durch den scheidenden Bundestag bringen. Dort hätten sie zusammen mit den Grünen noch die nötige Zweidrittelmehrheit. Erste Gespräche mit der dafür zuständigen Grünen-Fraktion hatte es am Freitag gegeben. Ko-Fraktionschefin Katharina Dröge hatte danach gesagt, es habe keinerlei Angebot an die Grünen gegeben.
Brantner und Banaszak kritisierten am Samstag, dass Union und SPD nicht vor Abschluss der Sondierungsgespräche mit den Grünen wirklich verhandelt hätten. Es sei aber klar, dass die Finanzierungspläne ohne seine Partei nicht umzusetzen seien, sagte Banaszak. Er gehe deshalb davon aus, dass die Chefs von CDU, CSU und SPD nun in die Gespräche mit den Grünen gehen würden.

CDU-Chef Friedrich Merz kommt zu den Sondierungsgesprächen von Union und SPD. Foto: Kay Nietfeld/dpa
Merz will Zugeständnisse an Grüne machen
CDU-Chef Friedrich Merz sprach hingegen von „intensiven Gesprächen“ mit den Grünen. Um die Zustimmung der Grünen zu gewinnen, sei unter anderem vorgesehen, dass für die Infrastruktur vorgesehene Gelder auch in Klima- und Umweltprojekte fließen können, sagte Merz am Samstag. Er sei zuversichtlich, dass „es hier einen gemeinsamen Weg gibt, um zu einer Grundgesetzänderung“ zu kommen.
Merz forderte nun eine rasche positive Entscheidung. „Angesichts auch der internationalen Lage“ dürfe es keine Verzögerungen mehr geben, sagte der CDU-Chef. Inhaltlich sehe er zudem große Überschneidungen mit den Grünen: „Wenn ich es richtig einschätze, dann ist ja vieles von dem, um nicht zu sagen, fast alles, was wir da vorschlagen, auch von den Grünen in der letzten Wahlperiode schon einmal vorgetragen worden.“
AfD kritisiert Versprechungen mit „Hintertüren“
Die AfD hat die Ergebnisse der Sondierungen von Union und SPD als „Einigung zum Schaden Deutschlands“ kritisiert. Es gebe „lediglich vage Versprechungen und Formelkompromisse in der Migrationspolitik voller Vorbehalte und Hintertüren“, erklärten die Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla am Samstag. Außerdem würden Pläne wie ein Industriestrompreis und Subventionen für Elektroautos „weder Wohlstand noch Wirtschaftswachstum“ schaffen.
Die AfD kritisierte zudem die geplanten Änderungen bei der Schuldenbremse und sprach insgesamt von einem „kläglichen Ergebnis“, das für die geplanten Koalitionsverhandlungen „nichts Gutes erwarten lässt“.
FDP sieht „keine nachhaltigen Lösungen“
Die FDP bemängelte, es gebe „keine Strukturreformen, keine nachhaltigen Lösungen“. Die Wirtschaftswende sei „abgesagt“, schrieb der scheidende Fraktionsvize Christoph Meyer bei X. Auch die Entlastungen der Bürger spiele nur eine Nebenrolle.
Linke: Sondierungspapier ist „katastrophal“
Die Linkspartei beklagt das Fehlen sozialer Themen. Das Sondierungspapier sei „so katastrophal wie erwartet“ und soziale Themen ein „blinder Fleck“, erklärten die Fraktionsvorsitzenden Heidi Reichinnek und Sören Pellmann am Samstag. „Zentrale Themen wie Wohnungsbau, Gesundheit, Stärkung von Familien, gleiche Lebensverhältnisse in Ost und West oder bezahlbare Lebensmittel werden nebenbei verhandelt oder nicht einmal erwähnt.“
„Es scheint, Union und SPD haben ihre Energie vor allem darauf verwendet, das Asylrecht bis zur Unkenntlichkeit zu schleifen“, hieß es weiter. Ergänzt werde diese „überaus problematische Prioritätensetzung mit einem Blankoscheck für Aufrüstung und einem Sondervermögen, dessen Inhalt niemand kennt“.
Bei den Themen Einkommensteuer und Rente fehlten „klare Festlegungen“, kritisierten die Linken-Fraktionsvorsitzenden weiter. Auch die Wirtschaftspolitik bleibe „vage“.
Städte- und Gemeindebund begrüßt „wichtige Schritte zu echter Migrationswende“
Der Städte- und Gemeindebund begrüßte die von Union und SPD geplante Verschärfung der Zuwanderungspolitik. „Die sehr deutliche Begrenzung der illegalen Migration, die Beschleunigung der Rückführungen und die zusätzlichen Mittel für die Integration der Menschen mit Bleiberecht sind richtige Akzente“, sagte Hauptgeschäftsführer André Berghegger den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntagausgaben). Dies seien „wichtige Schritte auf dem Weg zu einer echten Migrationswende“.
Als weitere wichtige Signale in dieser Richtung nannte Berghegger „das Festhalten an der Bezahlkarte und die Wiedereinführung der Sprach-Kitas“. Diese von den möglichen Koalitionspartnern vereinbarten Maßnahmen seien aus kommunaler Perspektive begrüßenswert.
Das Sondierungsergebnis enthalte zudem „wichtige Impulse, um Bürger, Wirtschaft und Kommunen zu entlasten“, sagte Berghegger weiter. „Vieles der nun getroffenen Vereinbarungen schafft Planungssicherheit und erleichtert den Kommunen die weitere Arbeit an der Transformation der Energieversorgung.“ Allerdings seien noch weitere Konkretisierungen in den Koalitionsverhandlungen notwendig, etwa im Bereich der Digitalisierung oder bei der Mobilität.
Union und SPD wollen Koalitionsverhandlungen starten
Wie CDU-Chef Merz und der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil am Samstagnachmittag mitteilten, wollen beide Seiten voraussichtlich in der kommenden Woche Koalitionsverhandlungen beginnen. Vereinbart haben CDU/CSU und SPD unter anderem bereits die Zurückweisung auch von Asylbewerbern an Deutschlands Grenzen und den Ersatz des Bürgergelds durch eine Grundsicherung mit schärferen Sanktionen.
Klingbeil sprach von einem „ersten wichtigen Schritt“. Beide Seiten hätten sich vorgenommen, „unser Land auf Vordermann zu bringen“. Ein elfseitiges Sondierungspapier enthält insbesondere Vereinbarungen zu den Bereichen Finanzen, Wirtschaft, Arbeit und Soziales und Migration. Über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheidet bei der SPD am Sonntag der Parteivorstand, bei der CDU am Montag der Bundesvorstand. (afp/dts/red)
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