Grüne in Berlin brechen Parteitag ab – Wirbel um Tränen-Foto gescheiterter Vorsitz-Kandidatin

Die Grünen in Berlin haben ihren Landesparteitag abgebrochen. Zuvor hatte eine radikale Mehrheit die gemäßigtere Landesvorsitz-Kandidatin Tanja Prinz durchfallen lassen. Diese verließ unter Tränen die Zusammenkunft.
Der Grünen-Parteitag unter dem Motto «Machen, was zählt» findet in Karlsruhe statt.
Der Grünen-Parteitag am 23. November 2023 in Karlsruhe. (Archivbild).Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 11. Dezember 2023

Mit einem Abbruch endete am Samstag, 9. Dezember 2023, der Landesparteitag der Grünen in Berlin. Zuvor hatte die Mehrheit radikal ausgerichteter Delegierter gleich dreimal die als moderat geltende Tanja Prinz bei der Wahl zum Landesvorsitz durchfallen lassen. Der Parteitag soll nun am Mittwoch in der Jerusalemkirche Kreuzberg seine Fortsetzung finden.

Radikale Linke in der Partei bleiben bei ihrem Kandidaten

Im Berliner Landesverband der Grünen gilt nicht nur wie allgemein die – binäre – Geschlechterparität bei der Besetzung der beiden Sprecherposten. Es gibt auch eine Form des ungeschriebenen Konsenses, wonach ein Posten dem „realpolitisch“ ausgerichteten und einer dem radikalen Flügel zukommen soll.

Letztgenannter hatte sich bereits zuletzt um den Politologen Philmon Ghirmai aus Neukölln gruppiert, der mit seiner Wiederwahl rechnen kann. Prinz hingegen hatte sich in der Vorabstimmung des „Realo“-Flügels gegen die bisherige Co-Landeschefin Susanne Mertens durchgesetzt.

Prinz hatte zuvor kritisiert, dass Mertens wenig an Durchsetzungswillen gegenüber den Vorstellungen der Linksaußen habe erkennen lassen. Vor allem habe es geschadet, dass diese auch nach der Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus im Februar Rot-Rot-Grün um jeden Preis erhalten wollte.

Prinz wollte Grüne von Fixierung auf Rot-Rot-Grün lösen

Demgegenüber machte Tanja Prinz deutlich, dass die Partei mit Blick auf die nächsten Wahlen 2026 auch Schwarz-Grün oder „Jamaika“ als Optionen nicht ausschließen solle. Auf dem Parteitag in einem Hotel in Moabit warf sie dem jetzigen schwarz-roten Senat vor, dieser würde „die Kassen plündern“.

Dass der Parteitag für Prinz kein Heimspiel werden würde, deutete sich bereits im Vorfeld an. Schon im Vorfeld kursierte ein offener Brief, in dem sich neun der zwölf Kreisverbände gegen ihre Kandidatur ausgesprochen hatten.

Dass sich die aus dem Bezirk Tempelhof-Schöneberg stammende Politikerin als Tochter eines Arbeiterhaushaltes vorstellte – „Mutter Bäckerei-Verkäuferin, Vater Schichtleiter in einer Weinkellerei“ –, scheint ihr ebenfalls nicht geholfen zu haben.

Grüne intervenierten bei Medien zwecks Entfernung des Tränen-Fotos

Am Ende wurde die Abstimmung für Prinz zum Fiasko. Bereits im ersten Wahlgang kam sie nur auf 38 Ja-, im Gegenzug aber auf 105 Nein-Stimmen. Im zweiten Wahlgang war das Verhältnis 41 zu 104. Im dritten gab es gegenüber dem zweiten keine Veränderung mehr.

Das Scheitern der Wahl einer ersten Sprecherin veranlasste die Parteitagsregie, diesen abzubrechen. Prinz verließ wenig später weinend den Saal – ein Augenblick, der von mehreren Medienreportern eingefangen wurde und den Weg in die Publikationen fand.

Grünen-Pressesprecher René Lutter intervenierte sogar beim Axel-Springer-Konzern, um das Bild, das dem souveränen, lifestyleorientierten Image der Partei zuwiderlief, entfernen zu lassen. Prinz müsse „geschützt“ werden. Auf X klagte EU-Parlamentskandidat Jan-Denis Wulff, die Abbildung sei „respektlos“. Er fügte hinzu:

„Menschen engagieren sich ehrenamtlich und werden dann mit so einem Bild derart bloßgestellt.“

Nach „Debakel“ könnte alte „Realo“-Sprecherin wieder zurückkehren

Gegenüber RBB bezeichnete die langjährige Berliner Spitzen-Grüne Renate Künast den Verlauf des Parteitages als „Debakel“. Nun müsse es darum gehen, „miteinander Umgangsformen zu finden“, auch zwischen den Parteiflügeln.

In dem offenen Brief, der vor dem Parteitag kursierte, waren gegen die Gruppierung „GR@M“ („Grüne Real@ Mitte“) schwere Vorwürfe laut geworden. Diese habe Mitglieder eingeschüchtert und sogar „psychisch unter Druck gesetzt“.

Außerdem habe die Gruppe, die sich für Prinz ausgesprochen hatte, „Falschbehauptungen als Totschlagargumente vorgebracht und eine Kultur des Misstrauens gesät“. Jetzt erwarten Beobachter, dass sich die bisherige „Realo“-Sprecherin Susanne Mertens erneut zu einer Kandidatur bereit erklärt.



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