Grüne fordern Vermögensabgabe

Politiker der Grünen-Fraktion im Bundestag fordern eine Vermögensabgabe. Der Wissenschaftliche Dienst sehe die Voraussetzungen dafür als erfüllt an.
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Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.Foto: Michael Kappeler/dpa/dpa
Von 12. Oktober 2022

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Mehrere Politiker der Grünen haben am Mittwoch die Forderung nach einer Vermögensabgabe erhoben. Sie stützen sich dabei auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes, das zurzeit aber noch nicht auf der diesbezüglichen Seite veröffentlicht wurde. Dieses habe die finanziellen Konsequenzen des Klimawandels und des Ukraine-Krieges als mögliche Rechtfertigung für eine solche Maßnahme eingestuft.

Grüne sehen Anlass für „einmalige Erhebung einer Vermögensabgabe“

In Auftrag gegeben hatte das Gutachten Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt. Die Zeitungen des „RedaktionsNetzwerks Deutschland“ (RND) berichteten darüber in ihren Mittwochausgaben. Die Politikerin räumt ein, dass es zwar noch keine Klärung dieser Frage durch das Bundesverfassungsgericht gebe, allerdings beziehe sich das Gutachten auf „große Teile des Schrifttums“, die „eine deutlich strengere Auffassung vertreten“.

Auf der Grundlage des Gutachtens könnten die Folgelasten von Klimawandel und Ukraine-Krieg „ein tauglicher Anlass für die einmalige Erhebung einer Vermögensabgabe sein“. Göring-Eckardt äußert dazu, Deutschland sei gleich mit mehreren Krisen auf einmal konfrontiert. Zu den Folgen von Krieg und Klimaveränderungen kämen auch noch andere hinzu, wie Corona-Pandemie und Angriffe auf kritische Infrastruktur.

Rückendeckung aus der Bundestagsfraktion

Alle diese Krisen sowie Inflation und Gaspreise „verschärfen die soziale Unwucht“, so Göring-Eckardt. Etwa 40 Prozent der Menschen im Land verfügten über keine oder nur wenige Ersparnisse. Demgegenüber gebe es eine geringe Anzahl an sehr vermögenden Personen, die „etwas abgeben“ könnten. Wörtlich erklärte die Politikerin gegenüber RND:

Diese können Belastungen ausgleichen und haben zudem ausreichend Möglichkeiten, zu helfen, die Krisenfolgen gerechter zu verteilen.“

Dass im Koalitionsvertrag eine solche Maßnahme nicht verankert ist, ficht ihre Fraktionskollegin Emilia Fester nicht an. Der nun entstandene „Handlungszwang“ sei zum Zeitpunkt seiner Unterzeichnung noch nicht absehbar gewesen:

Deswegen ist jetzt die Zeit für eine einmalige Vermögensabgabe. Unsere Ansätze können nicht bei Sondervermögen enden.“

Göring-Eckardt, Fester sowie die Abgeordneten Andreas Audretsch und Till Steffen haben für den bevorstehenden Parteitag einen Antrag vorbereitet. Dieser soll auf das Eintreten für eine „verfassungsfeste Vermögensabgabe“ gerichtet sein.

Ausarbeitung von 2008: Restriktiver Umgang mit Sonderabgaben geboten

Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes stellen Rechtsmeinungen dar, die für Gesetzgeber oder Exekutive nicht verbindlich sind. Eine im Frühjahr veröffentlichte Ausarbeitung, der zufolge eine Beteiligung an der Ausbildung ukrainischer Truppen an westlichen Waffen Deutschland zur Kriegspartei machen könnte, hatte keine politischen Konsequenzen.

In bisherigen Einschätzungen bezüglich einer Vermögensabgabe hieß es unter anderem, Sonderabgaben seien „nur unter engen Voraussetzungen zulässig“. Sie unterlägen strengen Zulässigkeitskriterien und sollen gegenüber der Steuerfinanzierung „die seltene Ausnahme bleiben“. Weiter hieß es etwa in der Ausarbeitung „Rechtliche Rahmenbedingungen einer Vermögensabgabe“ aus dem Jahr 2008:

Aus diesem Grunde sind die Zulässigkeitskriterien restriktiv anzuwenden. Sonderabgaben bergen nämlich die Gefahr, dass eine willkürlich gefasste Gruppe von Abgabenschuldnern zur Deckung einer die Allgemeinheit treffenden Last herangezogen wird.“

Klimawandel wäre keine Begründung für Vermögensabgabe

Die aktuellste in der Onlinebibliothek des Bundestages verfügbare Ausarbeitung zum Thema stammt aus dem Jahr 2020 und ist auf die Situation der Corona-Pandemie gemünzt. Zur Einordnung verweist das Gutachten auf Art. 106 Abs. 1 Nr. 5 GG, der eine solche ausdrücklich als Steuer definiert. Anders als eine dauerhafte Vermögenssteuer wäre die Vermögensabgabe „einmalig“ und „anlassbezogen“.

Eine weitere Zulässigkeitsvoraussetzung sei ein „besonderer, außerordentlicher Finanzbedarf des Staates“. Dieser wird vonseiten der Grünen-Fraktion als Konsequenz aus dem Ukraine-Krieg und der Corona-Pandemie behauptet, aber auch der angeblichen „Klimakrise“.

Vor allem der Klimawandel dürfte jedoch die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Begründung einer Sonderabgabe nicht erfüllen. Immerhin handelt es sich bei diesem – unabhängig von der Frage, wie viel davon vom Menschen verursacht oder beeinflussbar ist – jedenfalls um ein dauerhaftes Phänomen. Ein solches wäre jedoch begriffslogisch kaum durch eine „einmalige“ und „anlassbezogene“ Maßnahme zu bewältigen.

Wissenschaftlicher Dienst verneinte „existenzbedrohliche Staatsnotlage“ durch Corona

In dem Gutachten zur Corona-Pandemie hieß es zudem, eine Sonderabgabe setze eine „existenzbedrohende finanzielle Notlage des Staates“ voraus. Diese müsse so gravierend sein, dass weder eine Steigerung der Einnahmen aus den übrigen Steuern noch eine Ausweitung der Kreditaufnahme oder eine entsprechende Ausgabenkürzung möglich sei.

Mit Blick auf die Corona-Folgen verneinte der Wissenschaftliche Dienst das Bestehen einer solchen Situation. Zwar waren zum Zeitpunkt der Äußerung Dauer und Folgekosten der Pandemie noch nicht abschätzbar, der Wissenschaftliche Dienst verwies jedoch auf die zuvor herangezogenen Anlässe für einmalige Vermögensabgaben.

So waren der Wehrbeitrag von 1913, das Reichsnotopfer von 1919 und die Maßnahmen im Rahmen des Lastenausgleichs von 1952 jeweils ein Versuch zur Deckung von Kriegskosten. Vor diesem Hintergrund hieß es in der Ausarbeitung:

Mit diesen historischen Ereignissen ist die Corona-Krise wohl nicht vergleichbar.“

Einsatz im Koalitionspoker durch Forderung nach Vermögensabgabe erhöht

Dass die Grünen jetzt mit der Forderung nach einer einmaligen Vermögensabgabe vorpreschen, könnte die angespannte Lage in der Ampel-Koalition weiter verschärfen. Anfang der Woche hatte die FDP eine Laufzeitverlängerung für deutsche Kernkraftwerke gefordert. Aus Sicht der Grünen war dies als potenzielle Kampfansage zu verstehen.

Diese kontern nun mit ihrem Vorstoß in Richtung einer Vermögensabgabe, wie sie zuvor Teile der SPD, die Linkspartei, Gewerkschaften und Sozialverbände gefordert hatten. Eine solche könnte jedoch die FDP ihrem Zielpublikum nicht vermitteln.

Perspektivisch scheinen nun mehrere Szenarien in Bezug auf die Zukunft der Ampel-Koalition möglich zu sein. Eines davon wäre, dass beide Debatten wieder einschlafen. Ein anderes, dass die Grünen gegen eine Zustimmung der FDP zur Vermögensabgabe bei der Kernkraftverlängerung zustimmen. Ein weiteres, dass die Koalition entlang dieser Bruchlinien zerbricht.

(Mit Material von dts)



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