Grüne fordern Baustopp für neue Autobahnen und Bundesstraßen

Ein Jahr vor der Bundestagswahl fordern die Grünen ein radikales Umdenken in der deutschen Verkehrspolitik, sie fordern weniger Straßen. Der Fokus sollte auf einem massiven Ausbau von Bus und Bahn, der Stärkung des Radverkehrs und vernetzter Mobilitätsangebote liegen.
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Die Grünen fordern, weniger Straßen zu bauen.Foto: iStock
Epoch Times4. Oktober 2020

In einem gemeinsamen Vorstoß sprechen sich Partei- und Fraktionsführung für ein Moratorium für den Neubeginn von Autobahnen und Bundesstraßen aus: „Wir brauchen eine andere Verkehrspolitik“, sagte die Parteivorsitzende Annalena Baerbock der „Süddeutschen Zeitung“ (Montagsausgabe).

„Die Planungen für Autobahnen und Bundesstraßen müssen grundsätzlich auf die Einhaltung der Klimaziele, Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit überprüft werden“, sagte auch der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter.

Den Weiterbau der A 49 in Hessen solle die Bundesregierung „jetzt stoppen“, sagte Baerbock weiter. Die Polizei hatte zuletzt begonnen, Protestcamps zu räumen. Aktivisten versuchen, die begonnene Rodung von Wäldern zu stoppen. Für Sonntag wurden neue Demonstrationen erwartet.

Die Grünen wenden sich mit dem Vorstoß gegen die langfristige Dominanz der Straßenplanung in der deutschen Verkehrspolitik. „Die Verkehrsplanung der Bundesregierung zementiert für die nächsten zehn Jahre zahllose Straßenprojekte und konterkariert die deutschen Klimaziele“, sagte Hofreiter.

Grüne fordern Ausbau von Bus und Bahn

Auch der Verkehrssektor müsse einen substanziellen Beitrag zur Lösung der Klimakrise beitragen. „Statt immer mehr Autobahnen und Umgehungsstraßen zu bauen muss der Fokus auf einem massiven Ausbau von Bus und Bahn, der Stärkung des Radverkehrs und vernetzter Mobilitätsangebote liegen“, so der Fraktionschef.

Der Autoverkehr gehöre seit Jahren zu den großen Klimasündern in Deutschland. Er trage maßgeblich dazu bei, dass Deutschland seine Vorgaben aus dem Abkommen von Paris verfehlt. Dennoch lägen die Prioritäten bundesweit auf dem Straßenverkehr. Das Bundesfernstraßennetz gelte mit 13.000-Autobahn- und 38.000-Bundesstraßenkilometer schon heute als eines der dichtesten in Europa.

Die Planung des Bundesverkehrsministeriums sieht bis 2030 dennoch rund 80 Neubauprojekte und mehr als 200 Ausbauprojekte allein bei Autobahnen vor. Im gleichen Zeitraum sieht der aktuelle Bundesverkehrswegeplan – die Blaupause für die Verkehrsplanung hier zu Lande – Investitionen von 270 Milliarden Euro vor. Die Hälfte der Mittel fließen in Straßen, 40 Prozent in Bahnstrecken, der Rest in Flüsse und Kanäle.

Eine rasche Reaktion fordert Baerbock am Beispiel A 49 in Hessen: „Der Weiterbau der 49 ist verkehrspolitisch, umweltpolitisch und klimapolitisch falsch.“

CDU, SPD und FDP hätten die Autobahn über Jahrzehnte vorangetrieben. „Und das in einer Zeit, in der sich die Erderhitzung dramatisch beschleunigt. Deshalb: Der Bund muss den Weiterbau der A49 jetzt stoppen, damit die wertvollen Bäume stehen bleiben können“, sagte Baerbock. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sei der Auftraggeber. Er habe die Fäden in der Hand, die hessische Landesregierung müsse ausführen.

Damit bringt Baerbock Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) in eine schwierige Lage. Er hatte das Projekt zwar nicht unterstützt, muss es aber als Koalitionspartner der CDU realisieren.

Luisa Neubauer kritisiert die Grünen

Klimaaktivistin Luisa Neubauer hat die Grünen, bei denen sie selbst Mitglied ist, für ihren Umgang mit den Rodungen im Dannenröder Forst in Hessen kritisiert. „Das große Problem bei den Grünen ist, dass sie sich nicht wie eine Partei verhalten, die für sich in Anspruch nimmt, für die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens kämpfen zu wollen. Das sehen wir gerade in Hessen“, sagte sie der „Welt“.

Neubauer warf den Grünen und anderen Parteien angesichts der Klimakrise „fehlenden Realismus“ vor.

„Da sind alle Parteien gefragt, sich der Herausforderung selbstbewusst und mit klugen Konzepten zu stellen, statt Physik kleinreden zu wollen. Und in Hessen sieht man mit der geplanten Rodung des Dannenröder Waldes gerade symbolisch, was es bedeutet, wenn Parteien vor ihren Verantwortlichkeiten flüchten“, so die „Fridays-for-Future“-Aktivistin.

Ihre eigene Zukunft bei den Grünen ließ Neubauer auf Nachfrage offen. Auf die Frage, ob die Grünen noch die richtige Partei für sie seien, sagte sie: „Darüber reden wir ein andermal.“

Im Dannenröder Forst in Hessen sollen für den Ausbau der Autobahn 49 Bäume gerodet werden. Umwelt- und Klimaschützer protestieren dagegen. Am Sonntag soll in Dannenrod eine Großkundgebung stattfinden. (dts)

 



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