Großrazzia gegen „Letzte Generation“: Bundesweit „15 Objekte“ durchsucht
Die Gangart gegen die „Klimakleber“ der „Letzten Generation“ wird offenbar härter: Wie das Bayerische Landeskriminalamt (BLKA) in München mitteilte, haben seit den Morgenstunden des 24. Mai Razzien an 15 Orten in sieben Bundesländern stattgefunden. „Gleichzeitig werden zwei Kontobeschlagnahmebeschlüsse und ein Vermögensarrest zur Sicherung von Vermögenswerten vollstreckt“, hieß es in einer Pressemitteilung.
Es gehe darum, Beweise zu sichern, die Aufschlüsse über die „Mitgliederstruktur“ und über die Finanzierung der Gruppe liefern könnten. Insgesamt „sieben Beschuldigte im Alter von 22 bis 38 Jahren“ stünden im Verdacht, eine kriminelle Vereinigung im Sinne des Paragraphen 129 des Strafgesetzbuches (StGB) gebildet beziehungsweise unterstützt zu haben.
Geld für Straftaten gesammelt?
Sie könnten sich im Rahmen einer Spendenkampagne schuldig gemacht haben, mit der sie Geld für „weitere Straftaten“ der „Letzten Generation“ gesammelt hätten. Mindestens 1,4 Millionen seien nach einem öffentlichen Aufruf via Homepage wohl auf den Konten der „Klimaaktivisten“ eingegangen. „Dieses Geld wurde nach den bisherigen Erkenntnissen überwiegend auch für die Begehung weiterer Straftaten der Vereinigung eingesetzt“, schreibt das BLKA.
Zwei der Beschuldigten stünden zudem im Verdacht, im April 2022 einen Sabotageakt auf einen bayerischen Abschnitt der Öl-Pipeline Triest-Ingolstadt versucht zu haben.
Website abgeschaltet
Nach Angaben der „Tagesschau“ sei die Website der Gruppe bereits „beschlagnahmt und abgeschaltet“ worden. In der Tat führt der Link nur noch zu einem ebenfalls stillgelegten Twitter-Kanal („AufstandLastGen“). Festnahmen habe es noch keine gegeben. Die Einsätze seien „ersten Informationen zufolge friedlich“ verlaufen.
Im Rahmen der Ermittlungen seien „Objekte“ in Bayern, Hessen, Hamburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Hamburg und Berlin durchsucht worden. Dazu seien Beamte der Generalstaatsanwaltschaft München, des Bayerischen Landeskriminalamtes (BLKA) und weiterer Bundesländer im Einsatz.
Ermittlungsverfahren wegen „zahlreicher Strafanzeigen“
Hintergrund sei ein Ermittlungsverfahren der „Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus“ (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München. Die ZET sei wegen „zahlreicher Strafanzeigen aus der Bevölkerung“ aktiv geworden. Diese Anzeigen seien seit Mitte 2022 gestellt worden.
Die „Letzte Generation“ hatte zuletzt angekündigt, ihre Protestaktionen ab dem 7. August vermehrt auf Bayern verlagern zu wollen, weil der Freistaat „die Verdrängung und das Festkleben am ‚Weiter-So‘“ repräsentiere.
Polizeigewerkschaft begrüßt Vorgehen
Rainer Wendt, der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) im Deutschen Beamtenbund (DBB), sieht die Aktion offenbar positiv: „Die Justiz greift durch, das ist das richtige Signal eines wehrhaften Rechtsstaates“, zitiert ihn die „Tagesschau“. Wendt weiter:
Die Bevölkerung, die unter dem Straßenterror dieser selbst ernannten Klimaretter täglich tausendfach leidet, wird endlich als das tatsächliche Opfer dieser Kriminellen wahrgenommen“.
Anfangsverdacht: kriminelle Vereinigung
Erst vor wenigen Tagen hatte das Landgericht Potsdam bekannt gegeben, dass es einen „Anfangsverdacht“ sehe, nachdem es sich bei der „Letzten Generation“ um eine kriminelle Vereinigung handeln könnte.
Auch die neue Justizsenatorin des Landes Berlin, Felor Badenberg (parteilos), lässt derzeit ministeriumsintern prüfen, ob es sich um eine solche handeln könne. Falls dem so sei, müsste die Staatsanwaltschaft wohl auch in der Bundeshauptstadt aktiv werden. Das letzte Wort über die Bewertung der „Klimaaktivistengruppe“ würde allerdings bei einem Gericht liegen.
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner hatte kurz nach seinem Amtsantritt angekündigt, die Stadt „aus der Geiselhaft dieser Chaoten befreien“ zu wollen.
Sitzblockaden und Schmierereien
Die „Letzte Generation“ versucht ähnlich wie das Schülerbündnis „Fridays for Future“ oder die Gruppe „Extinction Rebellion“ seit Jahren, Menschen und Politik zu einem strengeren „Klimaschutz“ zu bewegen. Dazu fordern die Störer unter Verweis auf Artikel 20a des Grundgesetzes unter anderem den Verzicht auf alle Arten „fossiler“ Energieträger, Tempo 100 auf Autobahnen, günstigere Tarife im ÖPNV und einen Gesellschaftsrat.
Ihre zumeist jungen Anhänger greifen für ihren Protest häufig zu drastischen Mitteln: Sie kleben sich auf viel befahrenen Straßen oder an Flughäfen fest, um den Verkehr lahmzulegen. Gelegentlich stören sie auch Sport- oder Konzertveranstaltungen oder besudeln Kunstwerke, um mehr Aufmerksamkeit für ihre Ziele zu erreichen. Das bindet in den großen Städten immer wieder Hunderte Polizisten. Allein in Berlin fielen bei 387 Störaktionen bis Ende März 2023 fast 300.000 Arbeitsstunden von Einsatzkräften an.
Gefängnisstrafen drohen – auch ohne Bewährung
Einige der Aktivisten wurden für ihre Taten bereits zu Geld- oder Freiheitsstrafen verurteilt. Letztere werden in der Regel zur Bewährung ausgesetzt. Anfang März 2023 aber entschied das Amtsgericht Heilbronn als erstes deutsches Gericht, zwei Wiederholungstäter ohne Bewährung für zwei beziehungsweise drei Monate ins Gefängnis zu schicken.
Die Gruppe „Letzte Generation“ sprach danach von einem „Dammbruch“ und kündigte deutschlandweite Proteste an. Berlin erwägt unterdessen, mögliche Straftäter sogar per „Präventivhaft“ bis zu fünf Tage vom Asphalt fernzuhalten.
Grundrechte-Report lehnt Präventivmaßnahmen ab
Nach Auffassung der Autoren des aktuellen „Grundrechte-Reports 2023“ ist die „Verhängung von Präventivgewahrsam“ gegen „Klimaaktivisten“ allerdings „nicht mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar“. Das meldet das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND).
Juristen und Grundrechtsexperten um die frühere Bundesverfassungsrichterin Prof. Susanne Baer sähen die Grundrechte in Deutschland derzeit ohnehin „unter Druck“. Sie müssten aber „manchmal auch gegen Gerichte“ durchgesetzt werden. Das sei nach Auffassung von „Letzte Generation“-Aktivist Simon Lachner nicht immer der Fall: Den Umgang des Rechtsstaates mit Teilnehmern an Protestaktionen empfinde er als „teils erschreckend“. Zudem litten Angeklagte der „Letzten Generation“ häufig unter „Vorverurteilungen durch die Gesellschaft, Politik und Medien“, meint Lachner.
Reiche Geldgeber – demnächst im Visier?
Wie schon länger bekannt ist, finanziert sich die „Letzte Generation“ hauptsächlich aus Spenden. Daraus bezahlen sie unter anderem Schulungsmaßnahmen für das richtige Verhalten ihrer Anhänger. Große Summen fließen den meist aus der akademischen Oberschicht stammenden Protestlern auch von amerikanischen Geldgebern wie etwa der US-Milliardenerbin Aileen Getty zu.
Womöglich beißen die „Klimakleber“ aber demnächst die Hand, die sie füttert: Ab dem 5. Juni 2023 wolle man vermehrt auch „an die Symbole des modernen Reichtums gehen“ und eine Kampagne gegen „Superreiche“ starten, wie die „Letzte Generation“ kürzlich ankündigte.
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