Görlitzer Park – Polizei beklagt: „Aggressiver Drogenverkauf macht Park nur eingeschränkt nutzbar“ (Teil 1)

Der Görlitzer Park ist der größte Drogenumschlagsplatz in Berlin. Der Berliner Innensenat kündigte bereits 2019 an, verschärft gegen die Drogenkriminalität vorzugehen. Doch welche Strategie wird in Bezug auf den Görlitzer Park seitens des Senates und der Polizei angewendet und gibt es bereits Erfolge zu verzeichnen?
Titelbild
Nahaufnahme eines illegalen Geschäftes mit Drogen (Symbolbild).Foto: iStock
Von 13. März 2020

Der Görlitzer Park in Berlin ist über die Grenzen der Hauptstadt hinaus als „beliebter“ Drogenhandelsplatz bekannt. Der Berliner Innensenat unter Andreas Geisel (SPD) kündigte bereits im letzten Jahr an, massiver gegen die Drogenkriminalität an Berlins Brennpunkten vorzugehen – zahlreiche Anwohner hatten sich über die aggressive Verhaltensweisen der Dealer beklagt. Danach wurde die polizeiliche Präsenz im Park erhöht. Wie ein Videobeitrag von „RT-Deutsch“ im Januar zeigte, hat die Polizeipräsenz zu mehr Unruhe unter den Drogendealer geführt.

Wir wollten nun genauer wissen, was sich Senat und Polizei vorgenommen haben, nachdem Innensenator Geisel angekündigt hatte, stärker gegen die Drogenkriminalität in der Stadt vorzugehen. Mit welcher Strategie und taktischen Mitteln wollen die Behörden nun konkret eine Verbesserung im Görlitzer Park und dem Wrangelkiez herbeiführen?

Senat will durch Abschreckung und kriminalpolizeiliche Ermittlungen Situation ändern

Seitens der Berliner Innenverwaltung wird der aktuelle kriminalstrategische Ansatz als „eine Mischung aus schutzpolizeilichen Maßnahmen der Präsenz, offener Straftatenverfolgung und kriminalpolizeilichen Maßnahmen, die verdeckt oder im Hintergrund stattfinden“, beschrieben. Die offene polizeiliche Präsenz im Park und Umgebung baut demnach auf eine Abschreckungswirkung – durch erhöhtes Risiko beim Drogenhandel entdeckt zu werden – und unmittelbar eingeleitete Ermittlungen.

Ein Berliner Park bei Nacht. Foto: iStock

Aus diesen Maßnahmen – sowie Haftstrafen für die Straftäter – soll eine Unterbrechung der kriminellen „Karrieren“ erzielt werden. Die kriminalpolizeilichen Maßnahmen hingegen hätten zum Ziel Handels-, Beschaffungs- und Bandenstrukturen „beweiskräftig“ zu ermitteln und letztlich zu zerschlagen. Dazu arbeite man mit kriminalpolizeilichen Fachdienststellen, örtlichen Direktionen, sowie den Fachkommissariaten für Rauschgift und Organisierter Kriminalität des Landeskriminalamts zusammen, erklärt der Innensenat.

Erholungssuchenden soll vollumfängliche Nutzung des Parks wieder ermöglicht werden

Seitens der Berliner Polizei lautet das Ziel: Erholungssuchenden die vollumfängliche Nutzung des Parks wieder zu ermöglichen. Um dies zu gewährleisten würde die polizeiliche Präsenz weiter erhöht und die Kontrollmaßnahmen intensiviert. Aktuell fänden polizeiliche Maßnahmen zu Fuß aber auch mit Fahrzeug, sowohl in Uniform als auch in Zivil, im Park und der Umgebung statt.

Die Behörde setze dabei auf „Flexibilität“ und folge nicht starren Vorgaben beziehungsweise Mustern, erklärt die Berliner Polizei. Die Einsätze würden sich dabei an saisonal bedingten Brennpunktzeiten der relevanten Deliktbereiche – beispielsweise Drogen, Diebstahls-, Gewaltdelikte – richten und fänden somit weitgehend tagsüber bis in die späten Abend- und Nachtstunden statt.

Rauschmittelspürhunde würden mehrmals im Monat zum Auffinden von Betäubungsmitteln eingesetzt. „Denn die Drogendealer nutzen Erdlöcher und andere Verstecke zur Aufbewahrung der Drogen, an die sie bei Bedarf schnell herankommen“, so die Polizei.

Rauschmittelspürhunde werden mehrmals im Monat zum Zwecke des Auffindens von Betäubungsmitteln eingesetzt. Foto: istock

Die Polizei erklärt weiter, dass man bereits „im Jahr 2019 gegenüber dem Vorjahr die polizeiliche Präsenz erhöht hat, sodass durchschnittlich jeden zweiten Tag polizeiliche Maßnahmen durchgeführt werden.“

Polizei im Görlitzer Park: 12.000 Arbeitsstunden in zwei Monaten

Die durch die Polizei-Strukturreform neu geschaffene Brennpunkt- und Präsenzeinheit würde jetzt diese Maßnahmen unterstützen. Im Januar hätte dies zu einem signifikanten Anstieg der Präsenzzeiten beigetragen, so die Berliner Polizei gegenüber Epoch Times.

Laut Innenverwaltung hat die Berliner Polizei im Januar und Februar 2020 fast 12.000 Arbeitsstunden im Bereich Görlitzer Park abgeleistet. „Das ist rund die dreifache Anzahl vom Vergleichszeitraum 2019 (3.626 Arbeitsstunden) und auch mehr als im Vergleichszeitraum im Jahr 2016 (11.280). Dabei fanden in den ersten beiden Monaten dieses Jahres 1.230 Identitätsfeststellungen (Vergleichszeitraum 2019: 398), 615 Platzverweise (272), 46 Freiheitsentziehungen (21) statt“, so der Innensenat.

Im Bereich der umliegenden Wohngebiete setze man bereits seit längerem verstärkt auf mobile Wachen. Ziel der polizeilichen Maßnahmen sei es, Straftaten und Ordnungswidrigkeiten vorzubeugen und zu verfolgen sowie gefährliche Situationen abzuwehren. Dazu gehöre die gezielte Bekämpfung „des offenen und teilweise aggressiven Betäubungsmittelhandels und der damit einhergehenden Kriminalität (Diebstahls-, Raub- und Gewaltdelikte)“. Mobile Wachen sind Einsatzfahrzeuge die abgestellt werden und in denen sich – im und in der Nähe der Fahrzeuge – mehrere Polizisten aufhalten.

Polizei: Aggressiver Drogenverkauf und Territorialstreitigkeiten machen Park nur eingeschränkt nutzbar

Die Berliner Polizei erklärt, dass der Görlitzer Park als eine Naherholungs- und Freizeitanlage durch unterschiedliche Nutzergruppen nur noch eingeschränkt genutzt wird. Schuld daran wäre eine „etablierte Betäubungsmittelszene“ die teilweise aggressiv ihre „Ware“ Passantinnen und Passanten anbiete. Zudem gäbe es körperlich ausgetragene „Territorialstreitigkeiten zwischen den Händlergruppierungen“. Desweiteren gäbe es vermehrt Bürgerbeschwerden über im „Spalier“ stehende „Betäubungsmittelhändler“.

Die Senatsverwaltung möchte nun zur Bekämpfung der Drogen- und Begleitkriminalität im Görlitzer Park konsequent alle aufenthaltsrechtlichen Möglichkeiten durch das Landesamt für Einwanderung (LEA) ausschöpfen.

Hierzu gehören: Ausreisepflichtige, die bei der polizeilichen Arbeit entdeckt werden, in das Heimatland abzuschieben. Eine andere Möglichkeit ist die Rückführung in den für das Asylverfahren der Person zuständigen europäischen Staat. Auch das Anordnen einer Beschränkung des Aufenthalts auf ein anderes Bundesland ist dabei eine Option.

Taskforce prüft aufenthaltsrechtliche Maßnahmen gegen Straftäter

Zudem können Bußgelder bei Ordungswidrigkeiten erlassen werden, die gegen aufenthaltsrechtliche Bestimmungen verstoßen. „Dazu wurde beim LEA in Zusammenarbeit mit Mitarbeitern der Polizei eine Taskforce gebildet“, berichtet die Senatsinnenverwaltung. Konkrete Zahlen, wie oft diese Maßnahmen ergriffen wurden, waren nicht zu erfahren.

Der Ablauf ist dabei wie folgt: Wenn die Polizei eine straffällig gewordene Person mit Migrationshintergrund festnimmt, wird der Name an die neue Taskforce gemeldet. Dabei werden nicht nur begangene Betäubungsmitteldelikte berücksichtigt, sondern auch eine damit einhergehende (Begleit-) Kriminalität wie Raub und Gewalt.

Die Taskforce prüft dann anhand der vorliegenden Erkenntnisse, ob und welche aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen gegen den Betroffenen in Betracht kommen und koordiniert die Umsetzung durch LEA und Polizei. Durch die enge Zusammenarbeit in der Taskforce könne ohne große zeitliche Verluste wechselseitig auf polizeiliche oder aufenthaltsrechtliche Erkenntnisse zurückgegriffen werden, so die Berliner Senatsinnenverwaltung. Besteht keine Zuständigkeit des Landes Berlin, veranlasse die Taskforce entsprechende Maßnahmen durch die zuständigen Behörden des anderen Bundeslandes. „Falls die Identität unklar ist, leistet das LEA Amtshilfe“, erklärt der Innensenat weiter.

Platzverweise und Aufenthaltsverbotsverfügungen durch Polizei erzeugen einen Verdrängungseffekt

Doch wie wirkungsvoll ist die Zusammenarbeit und wie viele aufenthaltsrechtliche Maßnahmen wurden bisher überhaupt durchgeführt? Auskunft über die Anzahl der verhängten aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Görlitzer Park gab die Senatsinnenverwaltung nicht. Die Behörde verwies auf eine fehlende räumliche Zuordnung bei den statistischen Zahlen des LEA, aber auch auf eine fehlende statistische Unterscheidung aus welchem Grund jemand abgeschoben wurde.

Somit wird in der Abschiebungsstatistik des Landesamtes für Einwanderung nicht differenziert wird, ob den Abschiebungen Straftaten zu Grunde lagen. Ausreisepflichten können auch aus anderen Gründen entstehen, zum Beispiel durch ablehnende Asylentscheidungen oder durch die Nichtverlängerung befristeter Aufenthaltstitel.

„Dabei können der Nichtverlängerung Straftaten zu Grunde liegen, es können aber auch sonstige Verlängerungsvoraussetzungen (etwa der gesicherte Lebensunterhalt) fehlen“, erklärt die Senatsinnenverwaltung. Auch zu der Zahl der geplanten Abschiebungen und den tatsächlich umgesetzten Abschiebungen könnte man keine Auskunft geben. Sie würden nicht gesondert erhoben, heißt es dazu.

2020: 161 Abschiebungen aus Berlin

Allerdings wurde aufgeführt, dass man nach der Gründung der gemeinsamen Taskforce – die erst vor wenige Wochen stattfand – bereits zwei Guineer aus dem betroffenen Personenkreis nach Spanien zurückgeführt hätte.

Insgesamt hat das Land Berlin 2020 bislang 161 Personen abgeschoben. 60 Abschiebungen fanden im Januar und 101 im Februar statt (die Zahlen für März lagen  noch nicht vor). Die drei am häufigsten betroffenen Personengruppen (nach Staatsangehörigkeit) waren dabei: Januar: Russland (16), Polen (7), Iran (4) Februar: Moldau (53), Serbien (8), Bosnien, Russland und Litauen (je 4).

Drogen-Razzia im Görlitzer Park in Berlin: Vorläufig festgenommene, mutmaßliche Drogenhändler stehen vor einem Polizeiwagen. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa/dpa

Neben aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen würden aber auch Platzverweisungen und Aufenthaltsverbotsverfügungen (AVV) durch die Polizei eingesetzt. Sie erzeugen einen Verdrängungseffekt und sorgen für Unruhe unter den Drogendealern. Eingesetzt würden sie bei Personen, die fortlaufend geringfügige Straftaten im Görlitzer Park oder im umliegenden Wohngebiet begehen.

„Wird die Person erneut in dem betreffenden Gebiet aufgegriffen, droht die Zahlung eines Zwangsgeldes“, erklärt die Senatsinnenverwaltung. Die Grafik unten zeigt, wie viele AVV in den letzten Jahren ausgesprochen wurden.

Übersicht zu den ausgesprochenen Aufenthaltsverfügungen im Berliner „Görlitzer Park“. In der Regel haben die betroffenen Personen wiederholt innerhalb eines kurzen Zeitraums Rohheits-, Raub-, Diebstahls- und/oder Betäubungsmitteldelikte begangen und andere polizeiliche Maßnahmen wie z.B. Platzverweise oder Gewahrsamnahmen zeigten keine Wirkung. Quelle: Berliner Senatsinnenverwaltung

„Arbeitsgemeinschaft Görlitzer Park“

„Zudem gibt es seit Ende letzten Jahres eine „Arbeitsgemeinschaft Görlitzer Park““, erklärt die Senatsinnenverwaltung. Die Senatsverwaltung, die die Arbeitsgemeinschaft leitet, verfolgt mit der Arbeitsgemeinschaft das Ziel, möglichst „viele Zuständigkeiten, Möglichkeiten und Interessenlagen zu erfassen, zu bündeln und daraus konkrete und sichtbare Maßnahmen zu bewirken“.

„Dabei handelt es sich um eine ressortübergreifende Kooperation“, wie die Senatsinnenverwaltung erklärt. Einbezogen wären neben den betroffenen Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg und Treptow-Köpenick sowie die Senatsverwaltungen für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung. Aber auch die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, für Stadtentwicklung und Wohnen, für Bildung, Jugend und Familie sowie für Finanzen, das LEA, die Justiz und die Polizei Berlin wären eingebunden.

Görlitzer Park. Foto: DAVID GANNON/AFP/Getty Images

Auch die Landesdrogenbeauftragte in der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung wäre in die Arbeitsgemeinschaft „Görlitzer Park“ eingebunden, sowie zivilgesellschaftliche Institutionen. Zu konkreten Projekten und Präventionsmaßnahmen äußerte sich die Behörde nicht.

…Teil 2 folgt demnächst.

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