Giffey und Saleh: Berliner SPD mit Doppelspitze

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Franziska GiffeyFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times29. November 2020

Die Berliner SPD geht mit einer neuen Doppelspitze ins Wahljahr 2021. Die Delegierten des Landesparteitags wählten Bundesfamilienministerin Franziska Giffey und Fraktionschef Raed Saleh zu den Nachfolgern von Michael Müller, der über zwölf Jahre lang Landesvorsitzender der Berliner Sozialdemokraten war. Giffey erklärte sich am Samstag bereit, die SPD-Spitzenkandidatur für die Abgeordnetenhauswahl zu übernehmen. „Wir schlagen ein neues Kapitel auf in der Geschichte der Berliner SPD“, sagte sie.

Bei der Wahl der Doppelspitze erhielt Giffey 89,4 Prozent der Stimmen. Sie dankte den Delegierten „für den Rückenwind, euer Vertrauen, eure Unterstützung und Solidarität“. Ihr Ko-Vorsitzender Saleh schnitt deutlich schwächer ab, er bekam nur 68,7 Prozent. Er wertete das Resultat aber als Zeichen für „großes Vertrauen“.

„Wir haben zum allerersten Mal eine Doppelspitze, und wir haben auch zum allerersten Mal eine Frau“, sagte Giffey. Sie freue sich, dass sich die SPD für mehr Gleichberechtigung und Frauen in der Politik einsetzen wolle. Sie sei überzeugt, dass Berlin „eine starke sozialdemokratische Kraft“ brauche. Saleh sagte, die SPD müsse für ein „Kernthema“ stehen: „diese Gesellschaft zusammenzuhalten“.

Die Wahlergebnisse wurden am Samstagmorgen bekannt gegeben, nachdem die Delegierten am Freitagabend in dezentralen Wahllokalen ihre Stimmen abgegeben hatten.

Giffey und ihre Doktorarbeit – sie wollte ihr Ministeramt niederlegen

Griffey macht die Plagiatsaffäre ihrer Doktorarbeit zu schaffen. Neu ins Rollen kam die Affäre um ihre Doktorarbeit durch die jüngste Ankündigung der Freien Universität Berlin, die wissenschaftliche Expertise erneut unter die Lupe zu nehmen. Im Herbst 2019 hatte sich die Hochschule gegen eine Aberkennung des Doktortitels entschieden und es bei einer Rüge belassen. Eine solche komme aber allenfalls in einem minderschweren Fall infrage, der nicht dargelegt sei, hieß es zur Begründung des Meinungsumschwungs bei der Universität.

Als Reaktion auf die erneute Prüfung erklärte Giffey, ihren Doktortitel nicht mehr führen zu wollen. Sie sei nicht bereit, das neue Prüfverfahren zum Gegenstand politischer Auseinandersetzung zu machen.

Im August vergangenen Jahres hatte sie noch angekündigt, dass sie ihr Ministeramt im Fall einer Aberkennung des Doktortitels niederlegen werde. Bis Ende Februar 2021 will die Freie Universität Berlin in dem Fall entscheiden.

Die politische Konkurrenz machte bereits klar, dass sie nichts von Giffeys Titelverzicht hält. Während sich die Berliner SPD in seltener Geschlossenheit hinter ihre neue Vorsitzende stellte, kamen aus Union und Opposition Rücktrittsforderungen.

Mit dem Chefsessel in Berlins Rotem Rathaus könnte die umtriebige Ministerin ihr politisches Überleben sichern. Denn derzeit sieht es nicht danach aus, als würde die SPD im Bund nach der Bundestagswahl an der Regierung bleiben. Doch mit dem Posten als Hauptstadtbürgermeisterin bliebe die 42-Jährige in der ersten Reihe – und behielte damit die Option, auch im Bund später wieder mitzumischen.

Neben dem Ungemach um ihre Doktorarbeit bekam sie noch mit einer zweiten Affäre zu tun. Ihr Mann verlor im vergangenen Jahr seinen Beamtenjob beim Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales, weil er seine Arbeitszeiten falsch erfasst und Dienstreisen abgerechnet hatte, die es gar nicht gab. In 54 Fällen hatte er laut einem Gerichtsurteil „Falscheintragungen in den Arbeitszeitbögen“ vorgenommen. Zu den Vorwürfen gegen ihren Mann schwieg Franziska Giffey, die Mutter eines 2009 geborenen Sohns ist, bislang beharrlich.

„Fünf B’s für Berlin“

In ihrer Bewerbungsrede am Freitagabend hatte Giffey für Zusammenhalt geworben und ihre Partei auf einen schwierigen Wahlkampf eingeschworen. „Wir müssen von uns selbst überzeugt sein, wir müssen uns selber vertrauen“, sagte die Ministerin, die derzeit wegen Plagiatsvorwürfen in Zusammenhang mit ihrer Doktorarbeit unter Druck steht.

Inhaltlich kündigte Giffey einen Prozess zur Formulierung eines Wahlprogramms an. Sie selbst brachte fünf Kernthemen ins Gespräch, die „Fünf B’s für Berlin“: Bauen, Bildung, Beste Wirtschaft, Bürgernähe und Berlin in Sicherheit. Die Sozialdemokratie sei „aktueller denn je“, denn es sei eben nicht so, „dass alle Menschen in unserem Land die gleichen Chancen haben“.

Müller: Die SPD sei schon oft totgesagt wurden

Der scheidende Landesvorsitzende Müller forderte seine Genossen in seiner Abschiedsrede am Freitagabend dazu auf, das neue Führungsduo zu unterstützen. Seit Monaten stehe die Partei „so einig da wie lange nicht“, sagte Müller. „Unterstützt Franziska und Raed genauso wie mich“, forderte er seine Parteikollegen auf.

Im Hinblick auf die schwachen Umfrageergebnisse der Berliner SPD zeigte sich Müller unbeeindruckt: Die Sozialdemokraten seien schon oft totgesagt worden, doch die SPD regiere „nicht auf Grundlage von Umfragen, sondern auf Grundlage von Wahlerfolgen“.

Mit Blick auf die Bundespolitik forderte Müller eine klare Distanzierung zur AfD und ging auch auf Abstand zum derzeitigen Koalitionspartner auf Bundesebene CDU/CSU. „Wir müssen raus aus der Groko-Ecke“, sagte Müller. „Wir müssen zeigen, dass wir auch andere Optionen haben“.

Vor dem neuen Führungsduo liegt ein steiniger Weg bis zur Abgeordnetenhauswahl. Der scheidende Landesvorsitzende gab ein klares Ziel vor: „Dass das Rote Rathaus rot bleibt, ist mir wichtig.“ (afp)

 



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