Geywitz nennt Plattenbauten „großartiges Erbe“

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) appelliert an die Länder, die Grunderwerbsteuer zu senken.
Titelbild
Plattenbauten (Archiv)Foto: via dts Nachrichtenagentur
Epoch Times26. Mai 2024

„Die Grunderwerbsteuer sollte nicht so hoch sein“, sagte sie den „Potsdamer Neuesten Nachrichten“ und dem „Tagesspiegel“. „Mich schmerzt es, wenn ich als Bundesministerin bei knapper Kasse Förderprogramme auflege, damit Familien sich mit preiswerten Krediten ein Eigenheim zulegen können, aber die Kollegen in den Ländern dann sagen: Ist ja super, aber wir brauchen das Geld aus der Grunderwerbsteuer.“

Um schnell mehr Wohnungen zu schaffen, wirbt Geywitz für das Aufstocken von DDR-Plattenbauten. „Die Platte ist ein großartiges Erbe unserer Vorgängergenerationen“, so die Ministerin „Sie haben seriell gebaut, sodass wir jetzt auch seriell aufstocken können.“ Gerade sei in Frankfurt an der Oder eine Fabrik eingeweiht worden, die durch Modulbau aus Holz bis zu 2.000 Wohnungen pro Jahr aus märkischer Kiefer herstellen könne.

Generell plädiere sie für Holzbau, sagte Geywitz: „Holz ist eine Möglichkeit, das zu schaffen, was in meinem Ministerium manchmal als Quadratur des Kreises gesehen wird – nämlich neu zu bauen und gleichzeitig das Klima zu schützen. Das ist ein ganz, ganz großartiger Ansatz, den ich unterstütze.“

Ihre Heimatstadt Potsdam sei „eine der Städte Deutschlands mit der schwierigsten Situation am Wohnungsmarkt“, denn Potsdam sei „unfassbar schön und attraktiv“. Bezahlbarer Wohnraum könne nur mit neuen Sozialwohnungen entstehen. In Potsdam könnten „andere lernen, wie man das gut macht“: Bei den flexiblen Belegungsbindungen des kommunalen Wohnungsunternehmens sei „die Sozialmiete nicht mehr an eine bestimmte Wohnung gekoppelt, sondern an das Einkommen der Mieter, also an den Menschen, der die Wohnung bewohnt“.

Geywitz hat das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr deutlich verfehlt, in der Baubranche herrscht Krise. Sie empfinde ihr Amt trotz der schwierigen Lage nicht als undankbar. „Der Glamourfaktor ist in anderen Ressorts größer“, sagte Geywitz. „Dafür kann ich mit sehr vielen, sehr handfesten Menschen sehr praktische Fragen klären. Das finde ich toll.“ Bei Frust helfe es ihr, zu bügeln: „Wenn ich die ganze familiäre Wäsche geplättet habe, bin ich wieder entspannt.“

Geywitz ist eine von nur zwei gebürtigen Ostdeutschen im Kabinett Scholz. Sie ruft zu mehr Repräsentanz für den Osten auf. Dafür sei Handeln nötig, auch der Ostdeutschen. „Ähnlich wie bei der Frauenförderung hat man auch bei den Ossis gedacht, das kommt schon von allein, das wächst sich mit der Zeit aus. Doch das tut es nicht“, so Geywitz. Im Bundesbauministerium seien „50 Prozent aller Abteilungsleiter ostdeutsch und die Hälfte kommt aus Brandenburg“, sagte die Ministerin: „Unter Horst Seehofer wäre das nicht passiert.“ Doch auch die Ostdeutschen müssten aktiv werden: „Wenn die ostdeutsche Gesellschaft will, dass ihre Interessen wahrgenommen werden, sollte sie sich aufraffen, einmischen und Mitglied werden, in Parteien, Gewerkschaften, NGOs.“

Dass die Ost-West-Debatte geführt werde, sei gut, sagte Geywitz. „Sehr viele Ostdeutsche haben das Ost-West-Thema im Hinterkopf. Das ist sehr lebendig, auch wenn man nicht jeden Tag darüber spricht.“ Sie kritisierte die Debatte jedoch als „in der Regel betrachtend statt einbeziehend“. Auch die Medienstruktur sei westdeutsch geprägt.

Angesichts der gewaltsamen Attacken auf Politiker und Wahlkämpfer sagte Geywitz: „Ich wundere mich, dass sich jetzt alle darüber wundern.“ Angriffe auf Politiker gebe es schon lange. Geywitz dazu: „Diese Gewalt ist insbesondere in Ostdeutschland nie weg gewesen.“ Brandenburg habe frühzeitig mit einer „Kombination aus Repression und starkem Staat, Demokratieförderung und Investitionen in Sozialarbeit“ darauf reagiert. „Vieles ist dadurch besser geworden.“

Geywitz, die auch stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD ist, sieht die vielen Veränderungen als Ursache für die politische Stimmung in Brandenburg vor der Landtagswahl im September. Die AfD liegt hier in Umfragen vorn. Insbesondere die ostdeutsche Gesellschaft sei veränderungsmüde. „Ich habe tiefes Verständnis dafür, dass man nach 30 Jahren Umbruch einfach mal sagt: Ich will in Ruhe meinen Garten genießen und ein paar Steaks grillen – und dass sie eine Debatte um Dekarbonisierung so dringend brauchen wie ein Loch im Kopf“, so Geywitz. Das begründe, „warum die Abwehrreflexe im Osten größer sind“. (dts)



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