Gewerkschaften fordern Kraftakt für die Bildung der Flüchtlingskinder
Schnelle Schritte in allen Bildungsbereichen seien jetzt nötig, sagte die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marlis Tepe, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. DGB-Vizechefin Elke Hannack sagte der dpa: „Ab dem nächsten Schuljahr spätestens brauchen wir mehr Lehrkräfte, Sozialarbeiter und Psychologen, die die Kinder an den Schulen betreuen.“
Der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, nannte es „sehr ehrgeizig“, wenn die Kinder in den sogenannten Willkommensklassen in drei bis sechs Monaten sprachlich auf den Regelunterricht vorbereitet werden sollen. „Bei idealen Bedingungen kann man das in sechs Monaten schaffen.“ Doch in den Klassen träfen oft unterschiedliche Sprachen ohne Deutsch- oder auch Englischkenntnisse der Kinder aufeinander.
Auch an den Schulen sei viel Zusatzförderung nötig, sagte Meidinger der dpa. „An jedem Gymnasium werden wir dauerhaften Zusatzförderunterricht in Deutsch als Fremdsprache brauchen.“
Mit bis zu 400 000 neu an die Schulen kommenden Flüchtlingskindern rechnet Hannack in diesem Jahr. Meidinger sagte, auch in den kommenden Jahren werde es jährlich voraussichtlich mehr als 50 000 zugewanderte Kindern geben. Bis zu 10 000 neue Lehrer würden jährlich gebraucht. Zuletzt gab es in Deutschland 752 000 voll- und teilzeitbeschäftigte Lehrer an allgemeinbildenden Schulen.
Laut Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) ist mehr als ein Drittel der Asylsuchenden jünger als 18 Jahre, ein Viertel zwischen 18 und 25. Die Bundesregierung erwartet 800 000 Flüchtlinge allein in diesem Jahr. Die Gewerkschaften forderten den Bund eindringlich auf, die für die Schulen zuständigen Länder jetzt nicht allein zu lassen. Hannack verlangte, eine bessere Ausstattung der Schulen auf die Agenda des Flüchtlingsgipfels von Bund und Ländern am 24. September zu setzen.
Sprachvermittlung und psychologische Betreuung – darauf kommt es laut GEW-Chefin Tepe vor allem an. In die Schulen kämen viele traumatisierte Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Erfahrungen und Muttersprachen. Nötig seien viel mehr übergreifende Teams – aus Erzieherinnen, Lehrern, Schulsozialarbeiter und Psychologen.
Tepe stellte konkrete Forderungen für einzelne Bereiche auf. Für die Kitas solle das neue Bundesprogramm Sprach-Kitas deutlich ausgeweitet werden. Nur für 4000 der bundesweit 50 000 Einrichtungen sei das geplant. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) will damit Kinder mit Deutschproblemen erreichen.
Für Schulen forderte die GEW-Chefin Bundesmittel, um weit mehr Lehrer mit Crashkursen und regulärer Ausbildung im Fach „Deutsch als Zweitsprache“ zu qualifizieren. Nötig sei durchgängige Sprachförderung in allen Fächern. Mit Blick auf geflüchtete Heranwachsende schlug Tepe deutschlandweit eine Schulpflicht bis 21 Jahre vor. Schulangebote für Flüchtlinge bis 25 hätten gezeigt, dass viele so in Ausbildung und Jobs vermittelt werden könnten. Für Hochschulen forderte Tepe mehr Bundesmittel für die Integration von Flüchtlingen durch eine Aufstockung des Hochschulpakts.
(dpa)
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