Gewaltsame Ausschreitungen zwischen Polizei und feiernden Menschen in mehreren deutschen Städten
In mehreren Städten Deutschlands sind am letzten Wochenende im Mai Feierlichkeiten ausgeufert, darunter Bremen, Hamburg, Stuttgart, Regensburg, München.
In Hamburg nannte die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) das Feiern Tausender im Schanzenviertel „total daneben“. Das Virus sei nicht aus der Welt, „und auf dem Ballermann geht es zur Zeit gesitteter zu als auf dem Schulterblatt“, sagte sie. Nach einer illegalen Rave-Party hatten Beamte in der Nacht zu Sonntag das Schanzenviertel geräumt. In der Spitze hatten dort etwa 4.500 Menschen zusammen gefeiert und getrunken, wie die Polizei mitteilte.
In Weiden in der Oberpfalz hinterließen Feiernde eine „Schneise der Verwüstung“, wie es von der Polizei hieß. Etwa 60 Jugendliche randalierten. Dabei beschädigten sie in der Nacht zum Samstag parkende Autos, eine Werbetafel und eine Schranke.
Stuttgart: Fünf Beamte erlitten Verletzungen
In Stuttgart versammelten sich am Samstagabend trotz des an zahlreichen öffentlichen Plätzen geltenden Alkoholverbots Menschengruppen in der Innenstadt. Gegen Mitternacht sei die Stimmung dann zunehmend aggressiv geworden, berichtete das Polizeipräsidium.
Flaschen wurden in Richtung der Einsatzkräfte geworfen, woraufhin der Einsatzleiter die Räumung der Freitreppe am Schlossplatz anordnete. Dabei kam es zu weiteren Flaschenwürfen, Auseinandersetzungen und massiven Beleidigungen. Die Polizei setzte Pfefferspray ein. Fünf Beamte erlitten Verletzungen, eine Polizistin musste den Dienst vorzeitig beenden. Sechs Tatverdächtige wurden vorläufig festgenommen, sie kamen später wieder auf freien Fuß.
Die Stuttgarter Stadtverwaltung will nun ein nächtliches Verweilverbot für Plätze in der Innenstadt prüfen. „Tätliche Angriffe, Sachbeschädigungen in der Stadt und Beleidigungen gegen Polizeibeamte sind durch nichts zu rechtfertigen“, erklärte Bürgermeister Clemens Maier.
Seit dem vergangenen Donnerstag müssen Stuttgarter erstmals seit Wochen nicht mehr um 22.00 Uhr zu Hause sein. Das Alkoholverbot an vielen Plätzen in der baden-württembergischen Stadt besteht allerdings weiter.
Bremen: Streifenwagen rückten knapp 150 Mal aus
Auch in Bremen war die Polizei in der Nacht auf Sonntag im Dauereinsatz. Zwischen 22 Uhr und sechs Uhr morgens rückten die Streifenwagen knapp 150 Mal aus. Vor allem junge Leute feierten und tranken und ignorierten zum Teil die Corona-Regeln.
Bereits in der Nacht zu Samstag hatten sich in Leipzig Gäste einer Bar mit gewaltsamen Attacken auf Polizeibeamte gegen eine Corona-Kontrolle gewehrt. Drei Beamte wurden bei dem Einsatz verletzt, zwei von ihnen mussten nach Polizeiangaben im Krankenhaus behandelt werden. Die Angreifer hätten erst von einem bereits am Boden liegende Beamten abgelassen, als ein weiterer Polizist einen Warnschuss abgegeben habe.
Regensburg: Flaschenwürfe in Richtung Beamte
In Regensburg löste die Polizei eine Ansammlung an der Steinernen Brücke auf. Viele zogen daraufhin weiter in Richtung Innenstadt. Auch dort fanden sich zeitweise etwa 250 Menschen. Die Stimmung sei teils sehr aggressiv gewesen, hieß es. Als die Polizei die Menge auflösen wollte, sollen erneut Flaschen in Richtung Beamte geflogen sein.
In München kam es in der Nacht zum Samstag nach einem Flaschenwurf auf einen Streifenwagen zu einem Tumult am Odeonsplatz. Einige Umstehende hätten daraufhin „aggressives Verhalten gezeigt“, so die Polizei. Mehrere „männliche Personen“ wurden festgenommen. Vergleichbar mit dem Einsatz im Englischen Garten vor knapp drei Wochen, bei dem 19 Beamte bei Flaschenwürfen leicht verletzt wurden, sei der Einsatz nicht, betonte eine Polizeisprecherin.
Düsseldorf: Sperren teilweise weggeschoben oder umfahren
In Düsseldorf machte sich Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) am Sonntag ein Bild von der Umsetzung des Alkohol- und Verweilverbots in der Altstadt. Die Leitstelle der Polizei sprach von einer weitgehend ruhigen Lage.
Am frühen Sonntagmorgen sei die Stimmung allerdings aggressiver geworden. Die Einschränkungen sind eine Reaktion auf ausufernde Verstöße gegen die Corona-Auflagen an den Pfingsttagen. Sowohl am Freitag- als auch am Samstagabend wurden Sperren auf der „Kö“ (Königsallee) teilweise weggeschoben oder umfahren, um trotzdem auf den Boulevard zu gelangen. „Wir haben kein Verständnis für die Dreistigkeit einiger Verkehrsteilnehmer, die meinen, die Kö als ihre Bühne nutzen zu müssen und werden das auch zukünftig genau im Blick haben“, sagte ein Polizeisprecher.
Auch in Hannover trafen sich sogenannte Autoposer mit hochmotorisierten Wagen und die Polizei zeigte Präsenz am Maschsee. Rund 100 Gefährderansprachen wurden durchgeführt, 40 Autos überprüft und 19 Verstöße gegen die Corona-Regeln festgestellt, teilte die Polizei am Sonntag mit. Im Stadtteil Linden-Nord, wo sich an den Wochenenden junge Leute treffen, kam es zu 300 Gefährderansprachen, 100 Platzverweisen und rund 40 Verfahren wegen Corona-Verstößen.
Köln: Menschen würden bei Kontrollen „immer ungeduldiger und gereizter“ reagieren
Gemeinden und Polizei beklagen laut einer Umfrage der „Welt am Sonntag“ unter den 15 größten Städten Deutschlands ein steigendes Unverständnis, verbale Konflikte und zum Teil tätliche Angriffe, wenn Mitarbeiter von Ordnungsämtern die Einhaltung etwa von Maskenpflicht und Abstandsgebot kontrollierten.
Ein Sprecher der Stadt Köln sagte der „WamS“, die Menschen würden bei Kontrollen „immer ungeduldiger und gereizter“ reagieren. „Die Ordnungsdienstkräfte wurden teilweise gezielt angespuckt, gebissen oder anderweitig körperlich angegangen.“
Einem Sprecher der Stadt Frankfurt am Main zufolge gebe es vor allem bei Maskenkontrollen „in den allerwenigsten Fällen“ Einsicht. Auch die Städte Düsseldorf, Leipzig, Dortmund, Essen, Nürnberg und Duisburg berichten von zunehmenden Aggressionen.
„Gegner der Corona-Maßnahmen und auch uneinsichtige Personen werden heute deutlich schneller aggressiv als noch vor ein paar Monaten“, sagte Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), der „Welt am Sonntag“. (dpa/afp)
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