Getreideknappheit: Bauernverband dringt auf Mehrproduktion
Der Bauernverband dringt aufgrund knapperer weltweiter Getreidemengen infolge des russischen Krieges in der Ukraine auf eine Produktionsausweitung auch in Deutschland.
Bauernpräsident Joachim Rukwied sagte am Dienstag auf dem Bauerntag in Lübeck, Russland setze Lebensmittel als Waffe ein. „Dieses Schwert muss stumpfer werden, und wir können es stumpfer machen.“ So könnten mit einer vorübergehenden Nutzung zusätzlicher Flächen 1,4 Millionen Tonnen Weizen mehr erzeugt werden. Er erwarte von der Politik, dass sie dieses Instrument nutze.
Rukwied machte zugleich ein „glasklares Nein“ zu einer generellen Kehrtwende der Agrarpolitik deutlich. Am Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz müsse weiter gearbeitet werden. Es gelte aber, Regelungen nachzujustieren. Angesichts ausfallender Getreideexporte der Ukraine durch den Krieg wird in einigen Staaten, etwa in Afrika und Asien, mit einer knappen Versorgung gerechnet.
Bundesagrarminister Cem Özdemir hat unter anderem schon ermöglicht, dass ausnahmsweise Gras und Pflanzen von „ökologischen Vorrangflächen“ als Futter genutzt werden dürfen. Er wendet sich aber gegen weitergehende Rufe auch aus den Ländern, auf Brachflächen wieder alles machen zu können und dort etwa Getreide anzubauen.
Deutscher Bauerntag begonnen
Die Auswirkungen des Ukraine-Krieges auf die Agrarmärkte und die Lebensmittelpreise sind zentrale Themen auf dem Deutschen Bauerntag. Dazu wird auch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir erwartet.
Vielen Betrieben machen stark gestiegene Kosten für Energie und Dünger zu schaffen, wie der Bauernverband erläuterte. Vor diesem Hintergrund sind auch Lebensmittel im Supermarkt teurer geworden. Angesichts ausfallender Getreideexporte der Ukraine wird in einigen Staaten außerdem mit einer knappen Versorgung gerechnet.
Auf dem zweitägigen Bauerntag mit rund 450 Delegierten dürfte daher auch darüber diskutiert werden, die angespannte Lage mit höherer Produktion in Deutschland abzumildern. Der Bauernverband sprach sich dafür aus, zusätzliche Flächen zum Lebensmittelanbau zu nutzen.
Ablehnung von Pflanzenschutzmitteln „ideologisch“?
Die mitregierende FDP forderte generell mehr Handlungsspielraum für die Bauern. „Landwirte sind Unternehmer, die zur Ernährungssicherheit und zur Erreichung der Klima- und Nachhaltigkeitsziele gleichermaßen beitragen können“, sagte FDP-Agrarexperte Gero Hocker. Dazu bräuchten sie Raum für unabhängige betriebliche Entscheidungen und richtige Werkzeuge.
Unter anderem eine ideologische Ablehnung moderner Pflanzenschutzmittel habe die Branche zurückgeworfen. „Dieser Zustand ist auch vor dem Hintergrund einer drohenden Hungerkrise in der Welt moralisch nicht mehr haltbar.“ Mehr Nachhaltigkeit gelinge nicht mit staatlichen Transferzahlungen, sondern durch Impulse und Förderung.
Neben der akuten Krise stehen weitere Vorhaben an. Özdemir hat nach jahrelangen Diskussionen einen neuen Anlauf für eine staatliche Tierhaltungskennzeichnung für Fleisch gestartet. Dazu soll auch eine gesicherte Finanzierung kommen, damit Bauern nicht alleine auf Investitionen in mehr Tierschutz im Stall sitzenbleiben. „Wir dürfen die Landwirtinnen und Landwirte beim Umbau der Tierhaltung nicht im Stich lassen“, sagte Özdemir der „Augsburger Allgemeinen“ (Dienstag). „Sie können die Kosten für eine artgerechtere Tierhaltung und mehr Klimaschutz sicher nicht von heute auf morgen nur am Markt erlösen, wie manche meinen“, erklärte Özdemir.
Im Gespräch sind nach Empfehlungen einer Expertenkommission ein höherer Mehrwertsteuersatz oder eine Abgabe auf tierische Produkte. Denkbar wäre ein Aufschlag von 40 Cent pro Kilo Fleisch. In der Koalition knirschte es aber zuletzt. Die FDP machte klar, dass sie angesichts der Inflation Preisaufschläge für Verbraucher ablehnt.
Özdemir sagte der „Rheinischen Post“ (Dienstag), viele Preissteigerungen bei Lebensmitteln kämen erst noch. „Wir müssen im Herbst und Winter mit Steigerungen rechnen, weil sich der Handel jetzt mit teurer Energie versorgen muss und die Preissteigerungen an die Kunden weitergereicht werden.“ (dpa/mf)
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