„Germany, Germany“: Migrationsexperte fordert gezielte Hilfe statt Massenaufnahmen

Lukaschenko lässt Migrantenmassen aus dem Nahen Osten an die EU-Außengrenzen bringen. Viele versuchen, sich gewaltsam an der polnischen Grenze zu Belarus Eintritt zu verschaffen. Doch in Polen bleiben wollen sie meist nicht. „Auch dieses Mal führt ihr Weg vor allem in Richtung Deutschland“, erklärt Migrationsforscher Ruud Koopmans und fordert ein radikales Umdenken in der Migrationspolitik.
Titelbild
Flüchtlinge und Migranten an der Grenze zwischen Belarus und Polen am 8. November 2021.Foto: LEONID SHCHEGLOV/BELTA/AFP via Getty Images
Epoch Times12. November 2021

Angesichts der von Belarus-Herrscher Alexander Lukaschenko zur polnischen und damit EU-Grenze transportierten Menschenmassen aus dem Nahen Osten fordert der niederländische Sozialwissenschaftler und Migrationsforscher an der Berliner Humboldt-Universität, Prof. Dr. Ruud Koopmans, eine radikalere Migrationspolitik.

„Germany, Germany“

Laut dem Migrationsforscher erscheinen Polen und die baltischen Staaten wie die Bösewichte, weil sie die EU-Außengrenzen schützen und direkt mit dem „Andrang der Migranten“ konfrontiert sind.

Nach dem Dublin-Verfahren seien sie für die Asylverfahren zuständig, müssten die Migranten registrieren und an der Weiterreise hindern. Nun drohe aber das Gleiche wie schon 2015, als die Migranten über Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn kamen, ihre Registrierung verweigert und „Germany, Germany“ gerufen hätten.

Bleibe der Druck weiter so hoch, seien Polen und Litauen irgendwann gezwungen, die Menschen in großer Zahl hereinzulassen. „Die wollen aber dort nicht bleiben. Auch dieses Mal führt ihr Weg vor allem in Richtung Deutschland.“

Die EU: politisch mutlos – moralisch unehrlich

Die EU habe jedoch seit 2015 keine Antwort darauf, erklärte Koopmans in dem Interview mit „Welt“. Es fehle an politischem Mut und moralischer Ehrlichkeit. Man dürfe nicht warten, bis die Menschen ihr Leben riskierten, um es nach Europa zu schaffen, „um sich dann von Erdogan oder Lukaschenko instrumentalisieren zu lassen“.

Professor Koopmans schlägt echte Resettlement-Programme vor, mit denen Menschen, die die Hilfe am ehesten bräuchten, in die EU geholt würden. Doch das aktuelle System helfe den Menschen nicht.

Koopmans nannte als Beispiel den Jemen. Dort seien Hunderttausende, die Hilfe bräuchten, aber geografisch gefangen sind. Sie könnten es nicht auf eigene Faust nach Deutschland schaffen. Da mache man aber gar nichts. Stattdessen helfe man jungen Männern, die genug Geld für teure Schlepper hätten. Das sei nicht moralisch. Dennoch verteidige man das bestehende System mit Verweis auf die Lehren des Zweiten Weltkriegs.

Aufnahmekontingent statt pauschal Massen

Es sei höchste Zeit, radikal umzudenken, so der Migrationsexperte vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB).

Man müsse damit aufhören, „pauschal Bürgerkriegsflüchtlinge und Wirtschaftsmigranten aufzunehmen, die hier illegal die Grenze übertreten“.

Und aus ein paar Tausend, wie derzeit an der Grenze, werden schnell Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende, ist sich Koopmans sicher.

Sein Vorschlag an die deutsche Politik wäre – das Wagnis müssten die konservativen Kräfte eingehen –,  jährlich eine größere Zahl an Menschen aktiv aufzunehmen, 150.000 sei eine Zahl. Gleichzeitig müssten die Progressiven einen schweren Schritt zurückgehen „und das Asylrecht auf individuell politisch Verfolgte begrenzen“. (sm)



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