Gericht: AfD darf als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft werden

Mit einem Eilantrag hat sich der AfD-Landesverband Sachsen gegen seine Einstufung als „gesichert rechtsextremistisch“ durch das Landesamt für Verfassungsschutz gewehrt. Am Dienstag hat das Verwaltungsgericht Dresden diesen zurückgewiesen.
Die AfD liegt in Umfragen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg deutlich in Führung.
Die AfD liegt in Umfragen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg weiterhin in Führung.Foto: Daniel Karmann/dpa
Von 17. Juli 2024

Der Landesverband der AfD in Sachsen ist mit einem Eilantrag gegen seine Einstufung als „gesichert rechtsextremistische“ Bestrebung durch das Landesamt für Verfassungsschutz gescheitert. Am Dienstag, 16.7., hat das Verwaltungsgericht Dresden diesen abgelehnt. Zur Begründung führt das Gericht an, es lägen „hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte“ für diese Einschätzung vor.

Insbesondere ging das Gericht davon aus, dass sächsische Landesverband Bestrebungen verfolge, die gegen die Menschenwürde bestimmter Bevölkerungsgruppen und gegen das Demokratieprinzip gerichtet seien. Das Gericht lehnte es auch ab, ein 134-seitiges Gutachten herauszugeben, auf dem die Einstufung beruhe. Gegen den Beschluss ist noch eine Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht in Bautzen möglich.

Verfassungsschutz spricht von „bürgerlicher Fassade“ der AfD

Die Entscheidung bezieht sich auf den Eilantrag. Über die Rechtmäßigkeit der Einstufung selbst kann die Partei auf dem ordentlichen Rechtsweg vorgehen – das Verfahren ist in diesem Fall jedoch langwieriger. Die AfD hat damit das Ziel des Eilantrags nicht erreicht, dem Verfassungsschutz die Einstufung als gesichert rechtsextremistisch vor der Landtagswahl am 1. September zu untersagen.

Im Landes-Verfassungsschutzbericht über das Jahr 2023 heißt es über den sächsischen Landesverband unter anderem, dieser gebe sich einerseits „nach außen hin mit seinem Parteiprogramm und der Unvereinbarkeitsliste eine gesellschaftlich anschlussfähige, ‚bürgerliche‘ Fassade“. Andererseits sprächen Funktionäre der ersten und zweiten Reihe „mit ihren bewusst gewählten verfassungsfeindlichen Äußerungen zugleich überzeugte Rechtsextremisten an“.

Der Inlandsgeheimdienst attestiert dem AfD-Landesverband Sachsen, dieser verfolge ein Konzept des „Ethnopluralismus“. Der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit richte sich diesem Zufolge ausschließlich nach ethnisch biologischen bzw. kulturellen Kriterien.

Mit Begriffen wie „Invasoren“ und „Eroberer“ Ressentiments geschürt

Führende Funktionäre der Partei bedienten sich mit Blick auf männliche Migranten aus dem arabischen Raum pauschal diffamierender und diskriminierender Wortwahl. Der Bericht zitiert Aussagen, in denen von „importierten Killern“, „Messer-Migranten“, „vergewaltigenden, mordenden und plündernden Invasoren“ oder „Rapefugees“ die Rede war. Damit schüre der Verband fortwährend Ängste und Ressentiments gegen Ausländer in der Bevölkerung.

Auch der Islam werde pauschal als „unfriedlich“ und „erobernd“ verächtlich gemacht. In diesem Kontext seien „einzelne Aussagen und Forderungen feststellbar, die dem Rechtsstaatsprinzip entgegenstehen“. Ein Parteifunktionär habe eine Diskussion über die Wiedereinführung der Todesstrafe für „importierte Killer“ gefordert.

Der Verfassungsschutzbericht nennt zudem Beispiele für „gängige antisemitische, zumeist verschwörungsideologische Positionen“, die führende Vertreter der AfD Sachsen verträten. So habe der Landeschef Jörg Urban selbst von einer „internationalen Finanzelite“ oder „tonangebenden Globalisten in Politik, Medien und Konzernen“ gesprochen.

Damit habe er das „verschwörungstheoretische und antisemitische Narrativ einer vermeintlich mächtigen und im Hintergrund agierenden Gruppe“ bedient, welche die Weltpolitik bestimme. Es handele sich bei diesen Begriffen um „Codes und Chiffren“. Darüber hinaus habe man bei mehreren Veranstaltungen Vorstellungen wie jene eines „Großen Austauschs“ oder einer „Islamisierung“ beschworen.

Verfassungsschutz sieht Vernetzung zwischen AfD und weiteren Beobachtungsobjekten

Der Verfassungsschutz wirft der AfD Sachsen zudem vor, gegen die politische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zu agitieren. Dies äußere sich in herabwürdigender Rhetorik gegenüber der Demokratie, die weit über Kritik an politischen Verhältnissen hinausgehe.

Führende Vertreter des Landesverbandes hätten demnach Narrative bedient wie jene, dass in Deutschland eine „Diktatur“, ein „Unrechtsregime“ oder ein „postdemokratischer Totalitarismus“ herrschten. Dieses Vokabular diene dazu, „das Vertrauen der Bevölkerung in die verfassungsmäßige Ordnung und Funktionsfähigkeit unserer Demokratie von Grund auf zu erschüttern“.

Der Verfassungsschutz sieht außerdem „zahlreiche Belege für strukturelle und strategische Verbindungen“ der AfD Sachsen zu anderen gesichert extremistischen Akteuren. Hierzu gehörten – zumindest punktuell auf lokaler Ebene – die Freien Sachsen, die Identitäre Bewegung, Pegida, der Schnellroda-Komplex oder das jüngst verbotene Magazin „Compact“.

Landeschef sieht wahltaktisches Manöver vor Landtagswahl

Die Einstufung der AfD in Sachsen als „gesichert rechtsextremistisch“ erfolgte im Dezember 2023. Bereits seit April des Vorjahres wird die Jugendorganisation „Junge Alternative“ als solche geführt. Die Landesverbände Sachsen-Anhalt und Thüringen gelten ebenfalls als „gesichert rechtsextremistisch“, der Bundesverband bislang als „Verdachtsfall“.

Sachsens AfD-Landes- und Fraktionschef Jörg Urban erklärte, die Einstufung seines Landesverbandes durch den Verfassungsschutz entbehre „jeder sachlichen Grundlage“. Er sieht „allein wahltaktische Motive“ hinter dem Vorgehen. Knapp sechs Wochen vor der Landtagswahl in Sachsen liegt die Partei jüngsten Umfragen zufolge mit 31 Prozent vor der CDU, die auf 29,5 Prozent käme. Das BSW könnte mit 15 Prozent der Stimmen rechnen. Im Jahr 2019 lag die CDU mit 32,1 Prozent noch deutlich vor der rechten Konkurrenz (27,5 Prozent).

Auch in Thüringen und Brandenburg, wo ebenfalls im September gewählt wird, sehen Umfragen die AfD vorn. Eine Regierungsbeteiligung der Partei haben jedoch alle übrigen politischen Kräfte bereits im Vorfeld ausgeschlossen.



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