Gerd Müller will EU-Corona-Schutzschirm auch für Nordafrika und Nahen Osten

Entwicklungsminister Gerd Müller hat ein 50-Milliarden-Sofortprogramm der EU zur Stabilisierung von Entwicklungsländern gefordert. Weiterhin verlangt er von China Klarheit über den Ausbruch der Corona-Pandemie. China sei als "größter Kreditgeber in Afrika" bei einem Schuldenerlass für diese Staaten besonders gefordert.
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Entwicklungsminister Gerd Müller.Foto: Sadak Souici/dpa
Epoch Times19. April 2020

„Das EU-Hilfspaket umfasst 500 Milliarden Euro, ist aber nur nach innen gerichtet“, sagte Gerd Müller (CSU). „Wir müssen den Schutzschirm auch auf unsere Nachbarregionen in Afrika und im Krisenbogen um Syrien ausweiten.“

Besonders wichtig sei die Notversorgung in den Flüchtlingscamps. Müller nannte zwei Schwerpunkte für das Sofortprogramm: Die Europäische Investitionsbank solle Wirtschaftskredite zur Stabilisierung der europäischen Nachbarstaaten auflegen, und der EU-Haushalt solle zur Krisenbewältigung umstrukturiert werden.

„Insgesamt sollte die EU dafür 50 Milliarden Euro an Stabilisierungskrediten und Nothilfen bereitstellen“, forderte Müller. „Das entspricht nur zehn Prozent des Hilfspaktes für die EU selbst. Das muss uns die Bekämpfung der Krise auch im eigenen Interesse Wert sein.“

Bisher habe die Europäische Union die Dimension der Krise noch nicht ausreichend im Blick, kritisierte er. Im EU-Haushalt seien 280 Milliarden Euro für geplante Projekte noch nicht ausgegeben worden, erinnerte Müller. „Daraus müsste ein solches Sofort-Nothilfeprogramm finanziert werden.“

Zusätzlich EU-Finanztransaktionssteuer vorgeschlagen

Die Krise werde aber morgen nicht vorbei sein. Deswegen müsse auch der EU-Haushalt stärker ausgestattet werden. Als zusätzliche Einnahmequelle schlug der Minister eine EU-Finanztransaktionssteuer vor. „Mit einer wirksamen europäischen Finanztransaktionssteuer würden wir die internationalen Spekulanten an den Kosten der Pandemie beteiligen“, sagte Müller.

„Die Spekulationsgewinne sind auch in Krisenzeiten gigantisch. Wenn wir einen Steuersatz von 0,01 Prozent auf hochspekulative Finanzprodukte erheben, haben wir in der EU zusätzliche Einnahmen von 60 Milliarden Euro pro Jahr.“

Der Entwicklungsminister lobte die Entscheidung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der G20-Staaten, 77 Entwicklungs- und Schwellenländern die Schulden für ein Jahr zu stunden. Als weiterer Schritt sei ein Schuldenerlass für die ärmsten Länder erforderlich.

„Hier ist China als größter Kreditgeber in Afrika besonders gefordert“, sagte er. „Es kann nicht sein, dass wir in dieser Situation auf die Rückzahlung von Schulden pochen.“ Voraussetzung sei allerdings eine neue Transparenz-Initiative, so Müller: „Es darf keinen Erlass für korrupte Staaten geben, die Gelder in dunkle Kanäle leiten.“

Corona-Paket aus Nachtragshaushalt

Darüber hinaus kündigte Müller für Deutschland ein „weitergehendes Corona-Paket“ an, welches er am Mittwoch im Bundestag vorlegen werde. „Das Geld muss aus dem Nachtragshaushalt für 2020 kommen“, forderte er. Bisher stelle die Bundesregierung eine Milliarde Euro aus dem Entwicklungshaushalt bereit, etwa zum Aufbau von Laborkapazitäten, der Vorbereitung einer Impfkampagne und für Nahrungsmittelhilfen. „Das wird aber nicht reichen, um die Flüchtlingsregionen, die Sahel-Krisenregion und weitere kollabierende Staaten zu stabilisieren“, sagte er.

Die Pandemie sei eine große Herausforderung für Sicherheit und Frieden in armen Ländern, warnte Müller. „Es kann zu Bürgerkrieg, Terror und zum Zusammenbruch ganzer Staaten kommen.“ Die Krisenszenarien bauten sich auch in der europäischen Nachbarschaft auf: in Nordafrika und im Nahen Osten.

„Das führt zu Fluchtbewegungen, die jetzt schon beginnen“, mahnte er. „Dieser Entwicklung müssen wir dringend entgegentreten, die Menschen brauchen medizinische und wirtschaftliche Unterstützung. Uns muss klar sein: Den Kampf gegen das Virus gewinnen wir weltweit – oder gar nicht.“

Müller fordert Klarheit von China

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat die chinesische Führung aufgefordert, Klarheit über den Ausbruch der Corona-Pandemie zu schaffen. „Die Chinesen müssen vollkommene Offenheit in dieser Weltkrise zeigen – gerade was den Ursprung des Virus angeht“, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben). „Sonst geht viel Vertrauen verloren.“

Zuvor hatte es wiederkehrende Berichte gegeben, dass das Virus nicht wie behauptet dem Fischmarkt, sondern einem staatlichen Forschungslabor in der Stadt Wuhan entsprungen sein könnte. „Das muss aufgeklärt werden“, forderte Müller, der Pekings Krisenmanagement insgesamt bemängelte: „China hätte schneller in den internationalen Austausch über die Ausbreitung des Virus in Wuhan treten müssen.“

Zugleich kritisierte Müller den Umgang der Regierung in Washington mit der Weltgesundheitsorganisation. „Es ist absolut falsch, in der jetzigen Phase der WHO die Mittel zu streichen“, sagte der Minister. Die WHO erfülle eine wichtige Aufgabe bei der Bekämpfung der Pandemie.

Deutschland stehe hinter der WHO

Deutschland stehe hinter der WHO. „Wir werden aber über die aufgetretenen Probleme reden und die Strukturen weiterentwickeln müssen“, fügte er hinzu.

„Die WHO sollte zu einem Welt-Pandemie-Zentrum werden mit einem Frühwarnsystem der Virus-Ausbrüche, koordinierten Bekämpfungsmaßnahmen und einem globalen Forschungsverbund.“ Das sei dringend nötig, schließlich hätten Virologen bereits 40 weitere Viren mit Pandemie-Potenzial identifiziert. Für die WHO müsse „eine Grundfinanzierung über staatliche Mittel“ sichergestellt werden, weit über die jetzigen 30 bis 40 Prozent hinaus, verlangte Müller. „Es kann nicht sein, dass die WHO als Bittsteller auftreten muss.“ (dts)

 



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