Gegen organisierte Kriminalität: Faeser will Bargeldobergrenze von 10.000 Euro zügig umsetzen

Mehr Verfahren, mehr Tatverdächtige, mehr Cyberkriminalität: Bei der Vorstellung vom „Bundeslagebild Organisierte Kriminalität 2023“ hat Nancy Faeser nicht nur die aktuellen Zahlen zum Organisierten Verbrechen präsentiert, sondern auch angekündigt, was sie zur Eindämmung tun will: Höhere Ermittlungsbefugnisse, ein zentrales Immobilienregister und die baldige Durchsetzung einer Bargeldobergrenze von 10.000 Euro auch in Deutschland.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach bei der Vorstellung des Bundeslagebild zur Organisierten Kriminalität von „drastischer Gewalt“.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach bei der Vorstellung des „Bundeslagebild Organisierten Kriminalität“ von „drastischer Gewalt“.Foto: Jörg Carstensen/dpa
Von 5. September 2024

Innenministerin Nancy Faeser hat am Vormittag über die Entwicklung des Organisierten Verbrechens in Deutschland informiert. Zusammen mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamts, Holger Münch, hat die SPD-Politikerin das aktuelle „Bundeslagebild Organisierte Kriminalität“ für 2023 vorgestellt. Der Bericht zeigt, dass die organisierte Kriminalität in Deutschland weiterhin auf einem hohen Niveau bleibt und sich zunehmend international und digital vernetzt.

Erstmals wurde in dem Bericht auch die gezielte Einflussnahme von Gruppen der Organisierten Kriminalität auf staatliche Institutionen, die Wirtschaft und die Gesellschaft untersucht. Diese Einflussnahme reicht von Korruption bis hin zur Einbindung sogenannter „Insider“, die kriminelle Strukturen unterstützen, oft durch Hintergrundwissen oder Zugangsmöglichkeiten. Diese konnten in 75 Verfahren festgestellt werden. Laut BKA-Chef Münch sind diese Entwicklungen auch deshalb besorgniserregend, „weil sie dazu beitragen können, dass das allgemeine Vertrauen in staatliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Institutionen sinkt“.

Zahl der Verfahren und Tatverdächtigen leicht gestiegen

Bei der Anzahl OK-Verfahren (OK = Organisierte Kriminalität) gab es 2023 einen leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Nancy Faeser: „Die Anzahl der Ermittlungsverfahren, allein 642 im Jahr 2023, ist unverändert hoch (2022: 639, Anm. d. R.). Unsere harte Gangart hat Erfolg und sie ist auch absolut notwendig und auch für die Zukunft notwendig.“

Die häufigsten Deliktbereiche waren laut Bericht der Rauschgifthandel und -schmuggel (41,1 Prozent) sowie Kriminalität im Wirtschaftsleben mit 17,3 Prozent. Damit bleibt der Rauschgifthandel und Schmuggel als Hauptbetätigungsfeld der Organisierten Kriminalität in Deutschland.

Auch die Zahl der tatverdächtigen Personen bei Organisierter Kriminalität stieg leicht auf 7.347 (Vorjahr: 7.256). Davon waren 32,5 Prozent deutsche, und 57,8 Prozent nicht deutsche Tatverdächtige. Auf die Deutschen mit über 30 Prozent folgt innerhalb des nicht deutschen Clusters von fast 60 Prozent als zweitgrößte Gruppe der OK-Tatverdächtigen Türken mit 9,5 Prozent. Danach kommen Serben, Polen und Albaner.

Fast zehn Prozent entfielen auf ungeklärte Staatsangehörigkeit, ein Anstieg um 29 Prozent. Hier sei ursächlich ein Verfahren aus dem Bereich Cybercrime, so Münch, „wo wir eine Menge an Tatverdächtigen festgestellt haben. Aber im virtuellen Raum ist die Identifizierung oftmals schwer.“

Gewalt und Eskalationspotenzial

Rund 35 Prozent der OK-Verfahren waren von Gewalt geprägt. Die Verfügbarkeit von Schusswaffen steigert das Eskalationspotenzial dieser Gruppierungen erheblich. Die Gewalt richtet sich sowohl gegen Konkurrenten als auch gegen staatliche Institutionen.

Nutzung von kryptografischer Telekommunikation: In rund 24 Prozent der OK-Verfahren spielte verschlüsselte Kommunikation eine Rolle, insbesondere im Bereich des Drogenhandels.

Finanzielle Schäden und Geldwäsche

Die durch OK verursachten finanziellen Schäden beliefen sich auf rund 2,7 Milliarden Euro, was mehr als eine Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr darstellt. BKA-Chef Münch ordnet diese Zahl ein: „Mit rund 2,7 Milliarden Euro ist sie doppelt so hoch wie 2022. Aber da muss man einschränkend sagen, davon entfallen 1,5 Milliarden Euro auf ein einzelnes Ermittlungsverfahren. Und daran sieht man eben auch, dass im Bereich Cybercrime, aus diesem Bereich kommt es, nämlich ein sehr hohes Bedrohungspotenzial besteht.“

Mit insgesamt 1,7 Milliarden Euro Schäden entfielen auf den Bereich Cybercrime 63,3 Prozent. Im Vorjahr waren es mit 587,5 Millionen noch 45,7 Prozent.

Die kriminellen Erträge beliefen sich auf eine Milliarde Euro, die vorläufige Vermögenssicherung bildet davon 83 Millionen Euro. Knapp 33 Millionen dieses Vermögens wurde in Form von Immobilien gesichert, 13,4 Millionen davon in Bargeld.

Teil von Organisierter Kriminalität ist es, kriminell erwirtschaftete Erträge durch Geldwäsche in den legalen Wirtschaftskreislauf zu integrieren. Im Jahr 2023 wurden in 32,9 Prozent der OK-Verfahren Geldwäscheaktivitäten festgestellt.

Dabei weisen über zwei Drittel der Verfahren internationale Bezüge auf: „Ein weiteres Kennzeichen der organisierten Kriminalität bleibt die internationale Vernetzung. In nahezu 70 Prozent der Ermittlungsverfahren haben wir Bezüge ins Ausland.“, so Holger Münch. OK-Gruppierungen agierten zunehmend global und arbeiteten oft mit ausländischen Organisationen zusammen.

Der Anteil von Zuwanderern unter den Tatverdächtigen stieg leicht auf 11,4 Prozent, das sind 834 von den insgesamt 7.347 Tatverdächtigen. Die meisten davon (219) sind Syrer, gefolgt von albanischen Staatsangehörigen (122) und türkischen (87). Besonders in den Bereichen Schleusungskriminalität und Rauschgifthandel sind Zuwanderer stark vertreten.

Faesers Plan gegen OK: Immobilienregister und Bargeldobergrenze

Nancy Faeser betonte bei der Vorstellung des „Bundeslagebild Organisierte Kriminalität“, die Notwendigkeit von technisch und personell gut ausgestatteten Sicherheitsbehörden. Zum anderen seinen aber auch rechtliche Instrumente wie Ermittlungsbefugnisse und Datenzugriffe erforderlich, um kriminelle Netzwerke erfolgreich zu zerschlagen und ihre Geldströme aufzudecken.

Faeser führte weiter aus: „Ich hoffe daher, dass wir die auf EU-Ebene beschlossene Bargeldobergrenze von 10.000 Euro auch zügig in Deutschland umsetzen. Auch den Geldwäschetatbestand wollen wir verschärfen. Schließlich arbeite ich daran, dass wir möglichst bald ein Gesetz beschließen, in dem wir illegales Vermögen leichter aufdecken und einziehen können.“

Außerdem werde ein einheitliches nationales Immobilienregister benötigt, um Recherchen zu Immobilien und Eigentümerinnen und Eigentümern vornehmen zu können, so die Innenministerin, „etwa für konkrete Maßnahmen der Vermögensabschöpfung“.



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