Gaspreiskommission schlägt Einmalzahlung und Preisdeckel vor

Mehr als 35 Stunden lang rang eine Kommission mit Vertretern aus Verbänden, Gewerkschaften und Wissenschaft am Wochenende. Nun liegt ein Ergebnis vor. Vorgeschlagen wird ein Stufenmodell.
Bundeskanzler Olaf Scholz (l.), Wirtschaftsminister Robert Habeck (M.)  und Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, mit dem  Bericht der unabhängigen Kommission für Erdgas und Wärme.
Bundeskanzler Olaf Scholz (l.), Wirtschaftsminister Robert Habeck (M.) und Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, mit dem Bericht der unabhängigen Kommission für Erdgas und Wärme.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Epoch Times10. Oktober 2022

Die Expertenkommission „Gas und Wärme“ hat ein zweistufiges Verfahren bei der Umsetzung der geplanten „Gaspreisbremse“ vorgeschlagen.

In einem ersten Schritt soll der Staat die Abschlagszahlungen für diesen Dezember komplett übernehmen, wie die Kommissionsvorsitzende Veronika Grimm am Montag bei der Vorstellung eines Zwischenberichts erläuterte. Als Basis dient der im September gezahlte Abschlag. Die Zahlung sei eine „finanzielle Brücke bis zur regulären Einführung der Gaspreisbremse“, hieß es.

Denn in einem zweiten Schritt sollen ab März 2023 bis Ende April 2024 bei 80 Prozent eines geschätzten Grundkontingents die Preise auf zwölf Cent pro Kilowattstunde abgesenkt werden. Für den Rest der Verbrauchsmenge oberhalb dieses Grundkontingents gilt dann der vertraglich vereinbarte Arbeitspreis.

Der Vorschlag solle die beiden Ziele kombinieren, einerseits die Verbraucher zu entlasten und andererseits einen Anreiz zum Einsparen von Gas zu erhalten, betonte Grimm. Die „Entlastungen“ sollen sowohl für Gas- als auch für Fernwärmekunden gelten.

Für industrielle Verbraucher, also Kunden mit einem hohen Gasverbrauch und eigens ausgehandelten Verträgen, soll sich das Kontingent an 70 Prozent des Verbrauchs von 2021 orientieren. Darüber wird ebenfalls der vereinbarte Marktpreis fällig. Für dieses Kontingent wird ein Beschaffungspreis von sieben Cent pro Kilowattstunde definiert. Betroffen sind davon rund 25.000 Firmen.

Maßnahmen würden rund 91 Milliarden Euro kosten

Zusammen verursachen die Maßnahmen des zweistufigen Verfahrens geschätzte Kosten von 91 Milliarden Euro, wie die Experten erläuterten. Davon entfallen 66 Milliarden Euro auf Haushalte und Kleingewerbe und 25 Milliarden Euro auf die Industrie. Allerdings sollen die Entlastungszahlungen steuerpflichtig sein, die tatsächlichen Auszahlungen und damit auch die Kosten für den Staat sind also geringer.

„Wir wollten in der Entlastungswirkung schnell sein“, sagte der stellvertretende Kommissionsvorsitzende und Vorsitzende der Gewerkschaft IGBCE, Michael Vassiliadis, zu einem der wesentlichen Ziele. Die zweite Phase ab März solle dann so ausgestaltet sein, dass sie „bis Frühjahr 2024 trägt.“

Kommissionsvize Siegfried Russwurm hob hervor, dass beim Gaspreis auch eine langfristige Sichtweise notwendig sei. So werde das Preisniveau in Deutschland auch langfristig deutlich über dem Stand vor dem Ukraine-Krieg liegen, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).

„Sehr zügige“ Umsetzung angekündigt

Regierungssprecher Steffen Hebestreit kündigte in Berlin an, die Bundesregierung werde nun „sehr zügig an der Umsetzung der Vorschläge arbeiten“. Das Ziel bleibe, „die hohen Gaspreise zu senken und zugleich eine sichere Versorgung mit Gas zu gewährleisten“. Dabei gehörten weiter auch Einsparungen „zu unserem Instrumentenkasten“.

„Wir werden uns die Vorschläge angucken und dann „sehr rasch und sehr weitgehend umsetzen“, sagte auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Auf rasche „konkrete Schritte“ drängte ebenfalls Grünen-Chefin Ricarda Lang im Bayerischen Rundfunk. Von „klugen Vorschlägen“ sprach in RTL und ntv SPD-Chef Lars Klingbeil.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nannte in der „Bild“ die Entlastungsvorschläge „nicht ausreichend“. Für die Linksfraktion kritisierte Christian Leye, dass eine Gaspreisbremse erst jetzt angegangen wird und zudem „wohlhabende Haushalte mit einem deutlich höheren Verbrauch“ subventioniert würden.

Wirtschaftsverbände äußerten sich unterschiedlich. Von einer Chance auf „schnelle, wirksame und umsetzbare Entlastungen“ sprach der Energie-Branchenverband BDEW. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) monierte eine „Entlastungslücke“ für kleinere, aber energieintensive Betriebe. Eine Ausweitung auch auf kommunale Einrichtungen forderte der Deutsche Städte- und Gemeindebund in der „Rheinischen Post“.

Verbraucherschützer: Vorschläge sind „nur Minimallösung“

Verbraucherschützer haben die von der Gas-Kommission vorgeschlagene Einmalzahlung für Dezember als „sozial ungerecht“ kritisiert. Es fehle zudem weiterhin ein Sicherheitsnetz für Verbraucher, „die ihre Rechnungen nicht bezahlen können“, erklärte die Vorsitzende des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), . Ramona Pop, am Montag. „Es rächt sich, dass die Bundesregierung die Kommission viel zu spät eingesetzt hat.“ In der Kürze der Zeit habe das Gremium „nur eine Minimallösung“ präsentieren können.

Pop erklärte: „Der geplante, grundsätzlich richtige Einmalbetrag hilft schnell und unbürokratisch, ist jedoch abermals das Prinzip Gießkanne.“ Das Geld solle besser gestaffelt nach dem Einkommen ausgezahlt werden. Weiterhin fehle ein Sicherheitsnetz für diejenigen, „die die explodierenden Gas- und Fernwärmepreise nicht stemmen können“. Der vzbv fordert seit Monaten ein Moratorium für Gas-, Fernwärme- und Stromsperren.

Eine Preisbremse für einen Teil des Gasverbrauchs entlaste Verbraucher. „Aber auch hier gibt es ein Gerechtigkeitsproblem: Diejenigen, die in den vergangenen Jahren viel Energie verbraucht haben, werden belohnt“, so Pop. „Diejenigen, die sich bemüht haben, Energie einzusparen, leider nicht.“ (dl)

(Mit Material von Nachrichtenagenturen)



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