Gaspreis könnte ab 2025 wieder sinken – Großhandel ohne unmittelbaren Einfluss
Die jüngsten Aussagen des Hauptgeschäftsführers des Verbandes der kommunalen Unternehmen (VKU), Ingbert Liebing, zur Energiepreisentwicklung haben für Aufsehen gesorgt. Er hatte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) von einer „absehbaren Verdopplung“ von Strom- und Gaspreis gesprochen.
Verbraucher fragen sich nun: Warum waren gestiegene Beschaffungskosten infolge des Ukraine-Krieges eine Rechtfertigung für heftige Preiserhöhungen? Warum aber haben die schon seit Dezember sinkenden Großhandelspreise keinen Rückgang beim Strom- und Gaspreis zur Folge?
Gaspreis auf Spotmärkten warf zahlreiche Billiganbieter aus der Bahn
Liebing erklärte dazu, die Energiekrise sei „nicht mehr ganz so dramatisch, aber nicht vorüber“. Allerdings müssten die Preise auf Spot- und Terminmärkten noch weiter und dauerhaft sinken, um Spielraum zu schaffen. Danach sehe es bis auf Weiteres jedoch nicht aus.
Der VKU weist darauf hin, dass die Entwicklung am Spotmarkt für Stadtwerke wenig relevant sei. Dort handeln Importeure wie Uniper Gas, das ganz kurzfristig in einem Zeitraum von einem oder zwei Tagen geliefert werde.
Viele Billiganbieter von Strom und Gas hatten in der Vergangenheit darauf gesetzt, günstige Gelegenheiten zu nutzen, um dort Energie zu beschaffen. Sie konnten in weiterer Folge Strom und Gas deutlich günstiger an den Endkunden weitergeben als die Stadtwerke.
Ihr Modell funktionierte, solange die Spotmarktpreise deutlich niedriger waren als jene auf den Terminmärkten. Die befürchtete Gasmangellage infolge des Ukraine-Krieges und die immense Nachfrage im Sommer des Vorjahres trieben den Gaspreis auch an den Spotmärkten in schwindelerregende Höhen.
Grundversorger nutzen vorwiegend die Terminmärkte
Viele Billiganbieter sahen sich gezwungen, oft von einem Tag auf den anderen ihren Betrieb einzustellen und ihren Kunden zu kündigen. Diese konnten zwar zurück in die Grundversorgung. Die in den meisten Fällen dafür zuständigen Stadtwerke mussten nun jedoch selbst auf den Spotmärkten einkaufen. Andernfalls hätten sie die zahlreichen kurzfristig und unerwartet dazugestoßenen Kunden nicht beliefern können.
Für die Bestandskunden blieb die Entwicklung an den Terminmärkten relevant. Dort schließen Anbieter wie die Stadtwerke Lieferverträge mit Laufzeiten bis zu sechs Jahren, erläutert der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Diese kauften in Teilmengen zu bestimmten Zeitpunkten regelmäßig bis zu drei Jahre im Voraus. Dabei gehe man von Erfahrungswerten aus und kalkuliere auf der Grundlage eines zu erwartenden Bedarfs.
Neben Steuern und Abgaben, Netzentgelten sowie Beschaffung und Vertrieb hängt der Gaspreis am Ende auch von der Art der Beschaffung ab.
Einkaufspolitik der Stadtwerke schützt Kunden vor extremen Preisausschlägen
Die langfristig ausgerichtete Beschaffungspolitik macht die Stadtwerke weniger anfällig für kurzfristige extreme Schwankungen. Aus diesem Grund fielen die Preisanstiege für Bestandskunden im vergangenen Jahr sowie zum 1. Januar moderater aus als bei Nicht-Grundversorgern.
Andererseits wirkt dieses Trägheitsmoment bei der Preisentwicklung allerdings auch in der Gegenrichtung. Aus diesem Grund dauert es auch länger, bis der Gaspreis bei den Stadtwerken sinkenden Preisen im Großhandel folgt.
Dem BDEW zufolge lagen die Großhandelspreise am Terminmarkt in jüngster Zeit um die 70 Euro pro Megawattstunde. Das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber den 117 Euro, die den Jahresschnitt von 2022 bildeten. Allerdings ist das Preisniveau trotzdem auch deutlich höher als jene rund 18,50 Euro, die zwischen 2015 und 2019 den durchschnittlichen Gaspreis je Megawattstunde ausmachten.
Discounter bieten wieder günstige Gaspreise – Kunden bleiben jedoch skeptisch
Laut BDEW lag der durchschnittliche Erdgaspreis für Haushalte in Mehrfamilienhäusern im vierten Quartal 2022 bei 19,8 Cent je Kilowattstunde, für Einfamilienhäuser bei 20,0 Cent. Wer jetzt seinen Gasanbieter wechselt, könnte dem Vergleichsportal Verivox zufolge Kilowattstundenpreise für Gas von 11,8 Cent erwarten.
Verbraucherschutzverbände machen deutlich, dass dies vor allem für Kunden eine Option wäre, denen erst kürzlich eine deutliche Erhöhung angekündigt worden sei. Allerdings rechnen Marktbeobachter damit, dass verhältnismäßig wenige Verbraucher davon Gebrauch machen werden. Zu präsent sind bei vielen noch die Erfahrungen mit kurzfristigen Kündigungen oder extremen Preiserhöhungen bei Billiganbietern. Außerdem vertrauen viele auf Entlastung durch die Gaspreisbremse.
Der Gasmarktexperte Fabian Huneke vom Beratungsunternehmen Energy Brainpool rechnet erst ab 2025 mit einer nachdrücklichen Erholung des Gaspreises. Kurzfristig könne ein milder Winter, der die Gasspeicher schone, zu weiterer Entlastung bei der Preisentwicklung beitragen. Einen Gasverbrauch wie in einem sehr kalten Winter könne man sich in Europa aber auch im nächsten Winter noch nicht leisten. Das Risiko Gasmangellage im nächsten Winter sei zwar deutlich gesunken, aber nicht vollständig eliminiert.
(Mit Material der dpa)
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