„Ganz normaler Vorgang“: Faeser verteidigt „Compact“-Verbot – Elsässer erwartet Auflagenrekord

Bundesinnenministerin Faeser ist trotz der vorläufigen Aussetzung des Verbots der Zeitschrift „Compact“ zuversichtlich, dieses im Hauptverfahren durchzusetzen. Die überwiegenden Reaktionen auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts fallen jedoch kritisch aus.
Elsässer triumphiert einen Tag nach der Entscheidung im Eilverfahren, die das Verbot vorläufig ausgesetzt hat.
Elsässer triumphiert einen Tag nach der Entscheidung im Eilverfahren, die das Verbot vorläufig ausgesetzt hat.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 15. August 2024

Einen Tag nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig im Eilverfahren in Sachen „Compact“ bleibt Bundesinnenministerin Nancy Faeser optimistisch. Das Gericht hatte am Mittwoch, 14. August, den Sofortvollzug des im Juli verfügten Verbots des als gesichert rechtsextremistisch eingestuften Magazins teilweise ausgesetzt. Die Ministerin ist trotzdem überzeugt von einem Erfolg im Hauptverfahren.

Faeser zum Fall „Compact“: „Ganz normaler Vorgang“

In seiner Entscheidung stoppte das Bundesverwaltungsgericht eine sofortige behördliche Einstellung des gesamten Print- und Onlineangebots von „Compact“. Allerdings billigte es dem Bundesinnenministerium die Einbehaltung der beschlagnahmten Beweismittel zur weiteren Auswertung für das anhängige Hauptsacheverfahren zu.

Faeser sieht die teilweise Niederlage vor dem Bundesverwaltungsgericht als „ganz normalen Vorgang“. Immerhin gebe es in einem Rechtsstaat „Überprüfungsmöglichkeiten“ – und das „ist auch gut so“. Man werde „auch weiterhin Verfassungsfeinden sehr entschieden entgegentreten“.

Am Rande eines Termins am Berliner Ostbahnhof sieht sie sich durch den Beschluss in ihrer Linie bestätigt. Das Grundgesetz sehe das Instrument des Vereinsverbotes „ausdrücklich vor, um die Demokratie vor Verfassungsfeinden zu schützen“. Und das Bundesverwaltungsgericht habe es auch explizit nicht beanstandet, das Vereinsgesetz auf kommerzielle Unternehmen wie die Compact-Magazin GmbH anzuwenden.

Richter benennen verfassungsfeindliche Ausrichtung von „Compact“

Faeser betonte zudem, dass das Gericht in der Eilentscheidung den Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache als „offen“ bezeichnet hatte. Am 16. Juli hatte sie das Blatt verboten, weil dieses ein „zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene“ sei. „Compact“ und die ebenfalls verbotene Conspect Film GmbH propagierten „offensiv den Sturz der politischen Ordnung“.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht diese Einschätzung nicht grundsätzlich in Zweifel. Es sieht „Anhaltspunkte insbesondere für eine Verletzung der Menschenwürde“ und auch für eine „kämpferisch-aggressive Haltung gegenüber elementaren Verfassungsgrundsätzen“. Allerdings haben die Richter auch deutliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit eines Verbots der Publikation als solcher erkennen lassen.

Das Bundesverwaltungsgericht gibt zu bedenken, dass sich in der Publikation auch „mit Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit in weiten Teilen nicht zu beanstandende“ Beiträge fänden. Es sei deshalb fraglich, ob die verfassungsfeindlichen Inhalte „insgesamt derart prägend sind, dass das Verbot unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten gerechtfertigt ist“.

Gebot der Verhältnismäßigkeit könnte Verbot auch im Hauptverfahren scheitern lassen

Exakt dieses Gebot der Verhältnismäßigkeitsabwägung sowie die Aufführung potenzieller milderer Maßnahmen, um der Verbreitung die Menschenwürde verletzender Inhalte entgegenzuwirken, sehen Kritiker als gravierend an.

Der bekannte IT-Anwalt Chan-jo Jun sieht in dieser detaillierten Ansage der Richter einen möglichen Hinweis darauf, dass Faeser mit ihrem Ansinnen auch in der Hauptsache nicht durchdringen werde. Dies sei zu erwarten, sollte das Ministerium im Hauptverfahren nicht in der Lage sein, neue Beweismittel vorzulegen, die ein Verbot des gesamten Unternehmens als zwingend erscheinen ließen.

Der Chef von „Compact“, Jürgen Elsässer, kündigte an, die fertig produzierte und bereits vor dem Verbot in Druck gegangene August-Ausgabe zeitnah auszuliefern. Man werde aufgrund der erhöhten Aufmerksamkeit „möglicherweise nachdrucken“ müssen. Zwar seien wesentliche Produktionsmittel und Unterlagen über Abonnenten und Vertriebsunterlagen beschlagnahmt worden, jedoch werde man die Ausgabe über Einzelbestellungen ausliefern können. Auch das Online-TV-Angebot werde voraussichtlich noch vor dem Magazin wieder an den Start gehen.

Elsässer rechnet mit Auflagenrekord

Elsässer erwartet aufgrund des Verbotsvorstoßes nun auch einen Boost für „Compact“ selbst. Er rechnet damit, dass sich die Auflage des Magazins „vervielfachen“ werde. Das Verbot und das Gerichtsverfahren hätten den Bekanntheitsgrad des Blattes von „vielleicht zwei“ auf nun „60 Millionen“ Menschen in Deutschland gesteigert. Dies stärke auch die „publizistische Schlagkraft“ des Blattes.

Exakt dieser Effekt im Fall eines Scheiterns des Verbots ist es, der auch in Teilen der Politik für massive Kritik an Faeser sorgt. Diese hätte dem Kampf gegen den Rechtsextremismus „einen Bärendienst erwiesen“, äußerte Unionsfraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei gegenüber der „Welt“. Er fügte hinzu:

„Frau Faeser sollte verstehen, dass der Zweck im Rechtsstaat nicht alle Mittel heiligt. Gerade als Innenministerin müsste sie wissen, dass die Meinungsfreiheit ein essenzielles Grundrecht ist.“

Der stellvertretende BSW-Vorsitzende Shervin Haghsheno bescheinigte Faeser ein „peinliches Eigentor mit Ansage“. Gegen Extremismus helfe eine Politik im Interesse der Mehrheit der Bürger, nicht die Einschränkung elementarer Grundfreiheiten.

Kuhle sieht Indiz für Scheitern des Verbots – Krah für das Gegenteil

FDP-Vize Wolfgang Kubicki sprach von einer „bösen Klatsche“ für Faeser. Das Schlimmste daran sei, dass sie sich damit „vor den drei ostdeutschen Landtagswahlen zur besten Wahlkämpferin der AfD inszeniert“ habe. Sein Parteikollege Konstantin Kuhle nannte die Entscheidung „peinlich für das Bundesinnenministerium“. Im „Spiegel“ argwöhnt er, dass Tenor und Schnelligkeit der Entscheidung kein gutes Omen für den Ausgang in der Hauptsache seien:

„Auch wenn die Entscheidung in der Hauptsache noch aussteht, so genügte die Begründung des Verbots den Richtern offenbar nicht.“

Der Europaabgeordnete und Vizechef des AfD-Landesverbandes Sachsen, Maximilian Krah, zeigt sich demgegenüber zurückhaltend. Er hält es für ein Indiz für ein mögliches Verbot von „Compact“ im Hauptverfahren, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht grundsätzlich Vereinsverbote zulasten der Pressefreiheit für unzulässig erklärt habe.



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