Fünf Jahre Lockdown wegen Corona – Wagenknecht: „Autoritärstes Kapitel der BRD-Geschichte“

Am 22. März 2020 trat in Deutschland der erste bundesweite Corona-Lockdown in Kraft. Bereits zuvor hatten einzelne Bundesländer Restriktionen des öffentlichen Lebens verordnet. Nicht nur Theater und Kinos, auch Schulen und Kitas waren zu diesem Zeitpunkt bereits in einigen Bundesländern geschlossen. Veranstaltungen waren nur noch bis zu einer bestimmten Besucherzahl erlaubt, in ersten Krankenhäusern und Pflegeheimen gab es Besuchsverbote.
Wagenknecht: Corona-Maßnahmen hatten „verheerende Folgen für unser Land“
BSW-Chefin Sahra Wagenknecht hat anlässlich des fünften Jahrestages der damaligen Ereignisse ihre Forderung nach Einrichtung eines Untersuchungsausschusses auf Bundesebene erneuert. Bis heute habe es keine Aufarbeitung auf Bundesebene, keine Entschädigung für Opfer und keine Amnestie für damals verhängte Strafen und Bußgelder gegeben. Das sei ein schwerer Fehler.
Die Lockdowns hatten, so Wagenknecht, „verheerende Folgen für unser Land, die bis heute spürbar sind“. Politischer Druck auf Andersdenkende oder die Ausgrenzung von Ungeimpften hätten die Corona-Zeit zum „bisher autoritärsten Kapitel in der Geschichte der Bundesrepublik“ gemacht.
Erneut für eine Aufarbeitung des Umgangs mit der Corona-Pandemie in Deutschland hatte sich am Freitag, 14.3., auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ausgesprochen. Das Staatsoberhaupt hatte zehn Gesprächsgäste aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen ins Schloss Bellevue eingeladen. Dort ging es um den Austausch über die Nachwirkungen und Lehren aus der Corona-Zeit.
Bundespräsident nennt Schweden und Großbritannien als Beispiele für Aufarbeitung
Steinmeier äußerte zwar, Einschränkungen seien notwendig gewesen, um die Seuche aufzuhalten. Kontakte so weit wie möglich zu reduzieren, sei „Standard in der Seuchenbekämpfung“, aber auch „eine riesige Belastung für eine Demokratie“. Der Bundespräsident verwies auf Menschen, die einsam sterben mussten, und die Folgen für deren Angehörige.
Es seien „viele Narben“ geblieben, auch unter Kindern und jungen Menschen. Lange Monate zu Hause und die Zeit der Schulschließungen hätten ihre Spuren hinterlassen. Manche hätten auch „an ihrer Seele Schaden genommen, und auch das wird uns als Gesellschaft noch lange beschäftigen“.
Eine Aufarbeitung müsse stattfinden, betonte Steinmeier. Andere Länder wie Schweden oder Großbritannien hätten diesbezüglich bereits vielversprechende Schritte unternommen. Es müsse die Frage nach der Sinnhaftigkeit jeder Maßnahme gestellt werden, es sei bedauerlich, dass es in der vergangenen Legislaturperiode darüber keine Einigung gegeben habe.
Steinmeier betonte, dass volle Transparenz die Voraussetzung sei, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. In dieser Zeit hätten viele Menschen an der Demokratie gezweifelt, und angesichts der jüngsten Wahlergebnisse sei die Aufgabe noch dringender geworden. Verdrängung drohe neue Verschwörungstheorien zu nähren.
Der Weg zu fast vollständigen Kontaktsperren
Mitte März 2020 wurden angesichts der steigenden Fallzahlen und ersten Todesfällen reihenweise erste Großveranstaltungen abgesagt: Die Fußball-EM traf es ebenso wie den ESC. In Deutschland fielen bereits zuvor überregionale Veranstaltungen wie Messen aus. In Italien wurde am 9. März, in Österreich am 16. März ein landesweiter Lockdown verhängt. An ebendiesem Tag warnte die „Berliner Zeitung“ erstmals vor „Corona-Partys“, zu denen Jugendliche sich träfen.
Zuvor hatten sich nach einer Karnevalsfeier in Hainsberg und Après-Ski-Partys in Ischgl erste Corona-Hotspots in Deutschland entwickelt. Der 10. März war der erste Tag, an dem in allen 16 Bundesländern Infektionen gemeldet wurden. Am 11. März erklärte die WHO, die im Januar zuvor noch eine Übertragbarkeit von Mensch zu Mensch angezweifelt hatte, Corona offiziell zur weltweiten Pandemie.
Am 16. März beschloss die Bundesregierung die Schließung fast aller Geschäfte mit Ausnahme von Supermärkten und Apotheken. Wenige Tage zuvor hatte sie noch in sozialen Medien verkünden lassen, Meldungen über unmittelbar bevorstehende weitgehende Einschränkungen des öffentlichen Lebens seien unzutreffend. Am 22. März kamen zu den Restriktionen für den Handel auch strenge Kontaktbeschränkungen und die Schließung von Restaurants dazu.
Erste Proteste bereits wenige Tage nach Lockdown-Beginn
Bundeskanzlerin Angela Merkel äußerte in einer Fernsehansprache am 18. März 2020:
„Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst.“
Am 18. März erklärte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, „wir alle, die nicht Experten sind“, hätten „die Krise unterschätzt“. Umfragen zufolge billigte eine Mehrheit der Bevölkerung die Maßnahmen und hielt diese ein. Allerdings kam es bereits Ende März auch zu den ersten Protesten, die vielfach umgehend von Sicherheitskräften aufgelöst wurden.
Am 28. März 2020 versammelte sich erstmals eine Gruppe um den Verein „Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand“ in Berlin. Ihre Demonstration stand unter dem Motto „Grundrechte verteidigen – sag Nein zur Diktatur“. Auch in Baden-Württemberg kam es zu ersten Protesten. Das Bundesverfassungsgericht beurteilte am 17. April allgemeine Versammlungsverbote als unverhältnismäßig. Von da an konnten Proteste offiziell – wenn auch unter Vorgaben wie maximale Teilnehmerzahl oder Abstandsregeln – stattfinden. Diese wurden stetig größer und rissen bis zum Ende der letzten Pandemiemaßnahmen im Jahr 2023 nicht ab.
Anwältin spricht von „Tabubruch“ in freiheitlicher Demokratie
Nach dem Ende des ersten Lockdowns kam es im Juni vor allem an Wochenenden auch zu Ausschreitungen in Stuttgart und anderen Städten. Für diese wurden Personen verantwortlich gemacht, die man zur „Eventszene“ zählte. Nach einem Sommer, in dem Corona-Maßnahmen auf ein weniger invasives Ausmaß zurückgefahren wurden, gab es angesichts steigender Fallzahlen erneut Verschärfungen und mehrwöchige Lockdowns. Häufig waren diese in modifizierter Form ausgestaltet und gingen mit Schlagworten wie „Lockdown light“ oder „Brückenlockdown“ einher.
In einer Debatte bei „Servus TV“ nannte die Anwältin Jessica Hamed den Lockdown jüngst einen „Tabubruch“. Das Leben komplett herunterzufahren, sei rechtswidrig gewesen und in einer freiheitlichen Demokratie nie statthaft.
Einer NDR-Umfrage zufolge sprechen sich mittlerweile 65 Prozent der Bundesbürger für „mehr Aufarbeitung“ der Corona-Pandemie aus. 44 Prozent erklären, die Maßnahmen seien zu weit gegangen – während der Pandemie selbst vertraten diese Ansicht nur 34 Prozent. Der Psychiater Florian Zepf aus Jena äußerte gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, Kinder und Jugendliche seien die „Hauptleidtragenden der Krise“. Zumindest ihnen schulde die Gesellschaft die „Bereitschaft, sich der Corona-Zeit zu stellen“.
Lockdown & Co. als Brandbeschleuniger für Polarisierung und Spaltung
Die Coronakrise und die damit verbundenen Maßnahmen haben zu einer bleibenden Spaltung und Polarisierung im Land beigetragen. 52 Prozent der Deutschen empfanden die Gesellschaft während der Pandemie als gespalten, während nur 19 Prozent sie als eher geeint wahrnahmen. Den Ton der öffentlichen Debatte nahmen 59 Prozent als verschärft wahr.
Seither hat sich die Spaltung noch deutlich verschärft: Aktuell nehmen 80 bis 82 Prozent der Deutschen die Gesellschaft als gespalten wahr. Dies geht aus mehreren repräsentativen Umfragen hervor, unter anderem einer Forsa-Erhebung im Auftrag der Evangelischen Kirche und Diakonie sowie der Langzeitstudie „Die Ängste der Deutschen“.
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