Zahlreiche Teilnehmer auf Demo von Wagenknecht und Schwarzer

Nach Angaben der Veranstalter versammelten sich rund 50.000 Menschen am Brandenburger Tor in Berlin, um für Frieden und gegen „Kriegstreiberei“ im Ukraine-Krieg zu demonstrieren. Die Epoch Times machte sich ein Bild vor Ort.
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Sahra Wagenknecht, Oskar Lafontaine und Alice Schwarzer rufen zu einem „Startschuss für eine neue starke Friedensbewegung“ auf.Foto: Monika Skolimowska/dpa
Von 26. Februar 2023

Schon in der U-Bahn auf dem Weg in die Stadt sind die ersten Demonstrationsteilnehmer zu erkennen: Drei Frauen Ende vierzig unterhalten sich fröhlich und leicht aufgeregt, wie sie am besten zum Brandenburger Tor kommen. Ihre Überlegung ist, bis zur Friedrichstraße zu fahren und von dort mit der S-Bahn eine Station zum Brandenburger Tor zu laufen. „Können wir nicht auch von der Station ‚Unter den Linden‘ laufen?“, fragt eine der Damen laut in die Bahn. „Ja“, antwortet ein Mann und fügt sofort an: „Sie wollen doch nicht etwa zu dieser Veranstaltung, oder?“

Die drei Frauen lassen sich durch die Frage nicht aus der Fassung bringen und antworten munter und fröhlich: „Aber natürlich, wieso denn nicht?“ Der Mann grummelt etwas in seinen Bart, was bei der Lautstärke der alten U-Bahn und den vielen anderen Menschen, die sich unterhalten, nicht zu verstehen ist. Die Demo unterstützend hört sich sein Tonfall allerdings nicht an. Schwungvoll fragt eine der Damen: „Kann eine Demonstration für Frieden falsch sein?“ Und sie steigen gemeinsam aus, um zu Fuß zum Brandenburger Tor zu laufen.

Alle drei wollen zu der von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer angemeldeten Friedensdemonstration. In der Petition „Manifest für Frieden“ vom 10. Februar fordern sie, Waffenlieferungen an die Ukraine zu stoppen und Friedensverhandlungen zu führen. Sofern es keine Verhandlungen gibt, zeichnen sie ein dunkles Bild für die Zukunft der Ukraine: „Die Ukraine kann gegen die größte Atommacht der Welt keinen Krieg gewinnen.“ Mittlerweile hat die Petition fast 700.000 Unterzeichner.

Für die Demonstration wurden 10.000 Teilnehmer angemeldet – die Polizei zählte 13.000 Teilnehmer. Trotz des kalten Wetters und des Schnees, der umher weht und einem direkt von vorne ins Gesicht bläst, ist es so voll auf dem Platz des 18. März und der Straße des 17. Juni, dass kaum ein Durchkommen durch die Menschenmasse möglich ist. Häufig fragen sich Teilnehmer, wie viele Menschen insgesamt da sind – die Veranstalter sprechen von 50.000. Die Stimmung untereinander ist dabei durchweg friedlich. Es sei denn, die Redner kommen auf die Bundesregierung zu sprechen, dann startet ein Pfeifkonzert und Buhrufe sind lautstark zu hören.

Eskalation der Waffenlieferungen

Dieter Mier, ein Rentner, fein gekleidet mit Jackett und Seidenschal, spricht sich vehement gegen Waffenlieferungen aus und verurteilt den Krieg scharf. „Deutsche Waffen in die Ukraine zu senden, führt zu Blutvergießen“, sagt er der Epoch Times. Mit 83 Jahren hat er die Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs erlebt und meint: „Es kann nur zu Frieden kommen, wenn es keine weiteren Waffenlieferungen gibt!“

Die 45-jährige Teilnehmerin Ermin, tätig im Sicherheitsdienst, ist sich ihrer Meinung nicht ganz so sicher. „Es ist ein sehr zwiegespaltenes Thema“, sagt sie. Eine FFP-2-Maske hat die Frau unters Kinn gezogen und sieht leicht erschöpft aus. „Ich habe lange in einer Flüchtlingsaufnahmestation gearbeitet“, erzählt sie und klingt betroffen, als sie von traumatisierten Frauen und Kindern berichtet, die nur mit wenig Gepäck geflohen sind. „Um dieses Leid zu verhindern, muss der Krieg unbedingt aufhören. Es ist nicht so einfach zu sagen, dass sich nur Putin oder nur Selenskyj bewegen muss.“ Für ein Ende des Krieges müssen Friedensverhandlungen geführt werden. Auf der anderen Seite glaubt sie nicht, dass Verhandlungen ausreichen und ein Stopp der Waffenlieferungen den Krieg beendet würden.

Sie ist eher der Meinung, dass die NATO schon 2014 hätte eingreifen müssen, als Russland die Krim annektierte. „Die Krim gehört der Ukraine und Putin muss sie wieder zurückgeben“, sagt sie.

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Wo ist die rote Linie?

„50.000 Zivilisten wurden bisher getötet“, sagt die Schauspielerin Corinna Kirchhoff als erste Rednerin auf der Bühne mit bedrückter Stimme und ernstem Gesicht. Vor allem kritisiert sie das Ziel von Präsident Selenskyj, mehr Waffen zu bekommen: „Nach den zugesagten Panzern fordert er jetzt auch Kampfjets, Langstreckenraketen und Kriegsschiffe.“ Damit sei kein Frieden zu erreichen.

„Wo ist die rote Linie?“, fragt Sahra Wagenknecht in ihrer Rede und erntet großen Jubel bei den Teilnehmern. „Wir wollen auch nicht, auch deshalb sind wir hier, dass Deutschland sich immer weiter in diesen Krieg hineinziehen lässt, so lange, bis der Krieg möglicherweise hier ist. Das wollen wir auf gar keinen Fall. Und dagegen wehren wir uns. Und deswegen sind wir hier auch so zahlreich. Nein! Schluss! Nieder mit dem Krieg!“

Am 4. März beteuerte Olaf Scholz bei seinem ersten Truppenbesuch: „Wir sind nicht Teil der militärischen Auseinandersetzung, die dort stattfindet und werden es auch nicht werden. Es ist für uns völlig klar, dass die NATO und ihre Mitgliedstaaten sich nicht an dem Krieg beteiligen.“ Stattdessen setzte die Bundesregierung zunächst auf Sanktionen. Dieses Versprechen hat allerdings nicht lange gehalten. Bereits am 20. März erhielt die Ukraine eine Zusage, Luftabwehrraketen aus Deutschland zu erhalten. Zwei Monate später erklärte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), sich für die Lieferung von Kampfpanzern einzusetzen. In der Zwischenzeit unterstützte Deutschland die Ukraine zunehmend finanziell und militärisch, bis Bundeskanzler Olaf Scholz schließlich am 24. Januar dieses Jahres die Lieferung von Leopard 2-Kampfpanzern zusagte.

Einen Atomkrieg möchte Wagenknecht verhindern – außerdem müsse das Blutvergießen gestoppt werden. Sie glaubt, dass die Ukraine den Krieg gegen Russland nur verlieren könne. „Ich finde es wirklich verbrecherisch, den Ukrainern einzureden, sie könne Russland besiegen. In einzelnen Schlachten vielleicht, aber nicht darüber hinaus.“ Die Teilnehmer bejubeln diese Aussage lautstark.

Alice Schwarzer erntet für folgende Aussage Zustimmung: „Das, was wir gerade heute hier erleben, ist der Beginn einer Bürgerbewegung, die bitter nötig ist.“

„Wir haben Angst um unsere Zukunft“

Zwei Frauen stechen in der Menschenmasse besonders hervor. Sie tragen weiße Überwürfe, die sie mit Peace-Zeichen und Friedenstauben bemalten. „Wir sind unzufrieden, wie sich die Politik entwickelt. Wir haben das Gefühl, das Volk wird nicht wirklich gehört. Wir wollen keinen Krieg, wir wollen Frieden. Und wir haben nicht das Gefühl, dass sich die Politik wirklich für Frieden einsetzt.“

Die beiden Frauen aus Königs Wusterhausen sind Mutter und Tochter. Enkelkinder gibt es auch schon, sie sind 12 und 19 Jahre alt. In der Schule sei bisher allerdings kaum etwas von den Flüchtlingen zu merken, so die Mutter der Kinder.

Am meisten beschäftigt die Frauen ihre Zukunft. „Wir haben Angst davor, dass es zu weiteren Eskalationen kommt und wir einen Atomkrieg haben.“ Daher wünschen sie sich, dass alle Parteien aufeinander zugehen – auch die Ukraine auf Russland.

„Baerbock muss weg“

Mier, Architekt im Ruhestand, ist der Meinung, dass vor allem die Grünen das Übel in der deutschen Politik seien. „Wir brauchen eine multipolare Welt“, fordert er und ist der Meinung, dass Amerika eine Hegemonialmacht sei und bei ihnen nur eine Meinung gelte – die Grünen würden sich den USA fügen und unterwerfen.

Auch die Teilnehmer kritisieren die Grünen und besonders unsere Außenministerin. Mehrmals während der Versammlung ruft die Menschenmasse im Chor: „Baerbock muss weg, Baerbock muss weg!“.

Was wollen Ukrainer?

Die Berlinerin Ermin erzählt Epoch Times, dass die geflüchteten Ukrainer für Waffenlieferungen sind und weitere Waffen fordern. Der Journalist Billy Six war selber für drei Monate in der Ukraine vor Ort und berichtet Epoch Times: „Das ist kein Ukraine-Konflikt, es ist Krieg. Gebäude sind zerstört, viele Menschen sind verletzt.“ Überraschend war für ihn, dass sich das Stimmungsbild in Charkiw, im Nordosten der Ukraine, verändert habe. „Bisher gab es dort viele Putin-Anhänger. Das Bild hat sich total gewandelt. Die Menschen zeigen sich heute alle als Ukraine-Patrioten. Es muss aber auch gesagt werden, dass einige von dort nach Russland geflohen sind.“ Trotzdem, betont er, gebe es ein neues Stimmungsbild.

Friedliche Demonstration

Der Pressesprecher der Polizei Berlin, Martin Halweg, spricht von einer „sehr friedlichen Veranstaltung“. Störungen von Gegendemonstrationen, die auf der anderen Seite des Brandenburger Tores stattfanden, habe es nicht gegeben.

Trotz der hohen Teilnehmerzahl und der daraus resultierenden Enge war die Stimmung durchweg friedlich und die Teilnehmer verhielten sich achtsam. Auch nach Versammlungsende blieb es ruhig und die Teilnehmer verließen in alle Richtungen den Veranstaltungsort.

In der Bahn sind noch vereinzelt Menschen zu sehen, die von der Veranstaltung nach Hause fahren. Zwei Männer und zwei Frauen nehmen mit ihrem Friedensplakat in der Bahn Platz und tragen an Menschen, die nicht an der Demonstration teilnahmen, die Botschaft: „Stoppt Waffenlieferungen – für Frieden in der Ukraine.“



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