Fidelity-Stratege sieht Einsparpotenziale beim Gas weitgehend ausgeschöpft

Die Industrie hat bereits bis zu 20 Prozent ihres Verbrauchs beim Gas eingespart. Auch bei Privathaushalten ist nicht viel zu holen, heißt es bei Fidelity.
Deutschlands Gasspeicher sind nahezu komplett gefüllt.
Deutschlands Gasspeicher sind nahezu komplett gefüllt.Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa/Archiv
Von 12. November 2022

In einer Kurzanalyse bescheinigt Kapitalmarktstratege Carsten Roemhild von der Investmentgesellschaft Fidelity International der Industrie Erfolge beim Einsparen von Gas. Den Unternehmen des produktiven Sektors sei es gelungen, ihren Verbrauch drastisch zu senken. Dennoch habe die Produktion nicht nennenswert darunter gelitten.

Gleichzeitig macht der Analyst jedoch darauf aufmerksam, dass kleinere Unternehmen wie Bäckereien jetzt schon am Ende ihrer Belastbarkeit angekommen seien. Auch die Einsparungspotenziale bei Privathaushalten dürfe man nicht überschätzen.

Auktionsmodell für Gas könnte für Industrie von Vorteil sein

Wie das ifo-Institut bestätigt habe, sei es der Industrie in den vergangenen beiden Monaten gut gelungen, die Preissteigerungen abzufedern. Sie habe ihren Verbrauch um mehr als 20 Prozent gesenkt – wahrscheinlich über Substitutionen oder den Verbrauch von ehemals günstiger erworbenem Gas.

Der Bundesnetzagentur zufolge hat die Industrie in Deutschland innerhalb der vergangenen sechs Monate 13 Prozent weniger Gas eingesetzt. Während der Sommermonate Juli und August war der industrielle Verbrauch sogar um mehr als 20 Prozent geringer. Roemhild hält folgende Erklärungen für die naheliegendsten:

Womöglich haben die Unternehmen für Engpässe vorgesorgt, indem sie alternative Energiequellen nutzen. Womöglich wurde für die Produktion zuvor aber auch billiges Gas verschwendet und es kam zur Überproduktion.“

Das im EU-Notfallplan angedachte Auktionsmodell für Gas könnte der Industrie nützen. Immerhin könnten die Unternehmen selbst künftig überschüssiges Gas gewinnbringend versteigern.

Preiselastizität der privaten Nachfrage nach Gas stößt schnell auf Grenzen

Im Bereich der privaten Haushalte zeige sich demgegenüber deutlich, dass hohe Kosten die Nachfrage für Gas senkten. Die Preiselastizität liege in diesem Bereich stets etwa bei 0,2. Das bedeute, dass die Nachfrage um ein Fünftelprozent sinke, sobald der Preis um ein Prozent steige. Entsprechend hätte eine Preissteigerung um 30 Prozent einen Verbrauchsrückgang um sechs Prozent zur Folge.

Die Eigenheiten eines Privathaushalts machten jedoch deutlich, dass das Einsparpotenzial nicht unbegrenzt sei:

Bei allen Sparbemühungen: Die Preiselastizität der Nachfrage lässt irgendwann nach, denn auch Sparsamkeit hat Grenzen. Ist der Kühlschrank erst mal abgetaut, sind die Thermostate runtergeregelt und bleibt die Dusche kalt, wird weiterer Verzicht schwer.“

„Sicherheit vor Klimaschutz“

Der Fidelity-Stratege macht deutlich, dass Europa zwar in den kommenden Jahren von russischem Gas wegkommen werde, aber nicht vom Gas als solchem. Deshalb sei der Ausbau der Netz- und Flüssiggasinfrastruktur das Gebot der Stunde. LNG-Terminals müssten genutzt und Fracking zugelassen werden. Zudem gehe es um den Bau neuer Pipelines, um alternative Lieferanten zu erschließen.

Die komplette Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern liege jedenfalls noch in weiter Ferne, aus diesem Grund gehe bis auf Weiteres „Sicherheit vor Klimaschutz“.



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