Ferda Ataman möchte Diskriminierung leichter belegbar machen – Kritiker: Recht wird auf den Kopf gestellt
Für Differenzen innerhalb der Ampelkoalition sorgt derzeit ein Vorstoß der Antidiskriminierungsbeauftragten des Bundes, Ferda Ataman. Diese hatte jüngst mit Vorschlägen zur Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) aufhorchen lassen. So hatte Ataman angeregt, Betroffenen den Nachweis von Diskriminierung zu erleichtern.
In ihrem Papier heißt es, das Erfordernis, eine Benachteiligung oder darauf gerichtete Indizien nachzuweisen, sollte „auf die Glaubhaftmachung herabgesenkt“ werden. Es solle daher die „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ ausreichen, um den Nachweis einer behaupteten Diskriminierung zu erbringen.
Ataman legte Grundsatzpapier vor – Buschmann müsste Entwurf zu AGG-Reform einbringen
Wie die „Zeit“ berichtet, hatte Ataman am Dienstag, 18. Juli, ein Grundlagenpapier zur Reform des AGG vorgestellt. Dass es eine solche Reform geben soll, ist im Koalitionsvertrag zwischen den Ampelparteien vereinbart. Für die Erarbeitung eines Gesetzesentwurfs wäre jedoch das Bundesjustizministerium unter Minister Marco Buschmann zuständig.
Aus dessen Partei, der FDP, kommt heftige Kritik an dem Vorstoß. So spricht deren rechtspolitische Sprecherin Katrin Helling-Plahr in der „Bild“ von „gesellschaftlichem Sprengstoff“, der diesem innewohne. Die Erfordernisse für den Nachweis von Diskriminierung abzusenken, würde „künftig Missbrauch, Falschbeschuldigungen und Erpressungen fördern“. In ähnlicher Weise äußerte sich auch Parteivize Wolfgang Kubicki.
Aufseiten der Union sprach der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion von einem „absurden“ Vorschlag. Nirgendwo in der deutschen Rechtsordnung reiche es aus, einen Anspruch lediglich glaubhaft zu machen. Ataman wolle „gefühlte Diskriminierungen“ ausreichen lassen, um Menschen zu ermöglichen, „für sich einen finanziellen Vorteil herauszuschlagen“.
RND: Ataman weist Vorwurf der „Beweislastumkehr“ zurück
Die Antidiskriminierungsbeauftragte weist gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND) diese Darstellungen zurück. Ataman sieht in der Kritik aus Union und FDP den Ausdruck einer „langen Tradition, Menschen mit Diskriminierungserfahrungen als Spinner darzustellen, die sich das nur einbilden“. Wer so rede, verharmlose Diskriminierung, die „für viele Menschen existenzielle Folgen haben kann“.
Außerdem sei die Darstellung, Ataman fordere eine „Beweislastumkehr“, unzutreffend. Es gehe ihr lediglich um eine Klarstellung der gültigen Rechtslage. Eine „Glaubhaftmachung“ etwa durch „eidesstattliche Versicherungen, Testing-Verfahren oder Statistiken“ sei europäischer Standard. Auch in der Gesetzesbegründung zum AGG aus dem Jahr 2006 sei davon die Rede.
Es könne nach wie vor „niemand ins Blaue hinein behaupten, diskriminiert worden zu sein und erfolgreich klagen“. Kläger müssten wie gehabt Tatsachen vorlegen und Gerichte entscheiden, ob eine Diskriminierung stattgefunden habe.
Zu den konkreten Maßnahmen, die Ataman im Bereich der Antidiskriminierung vorschlägt, ist auch ein Aus für Mindest- und Höchstanforderungen bezüglich des Alters in Stellenanzeigen. Dies solle Altersdiskriminierung bei der Einstellung vorbeugen. Inwieweit diese im Zeichen von Fachkräftemangel und Rentenalter-Debatten künftig bedeutsam bleiben wird, ist ungewiss.
Glaubhaftmachung bereits jetzt für viele Gerichte Standard in AGG-Fällen
In mehreren Ländern hat sich die Glaubhaftmachung einer Diskriminierung auch bei Gerichten als Standard bei Gleichbehandlungsklagen etabliert. Im Fall behaupteter Geschlechterdiskriminierung liegt es am Kläger, Beweise für eine Ungleichbehandlung gegenüber Arbeitnehmern anderen Geschlechts in vergleichbarer Position aufzubringen.
Gelingt ihm dies, liegt es am Arbeitgeber, eine Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung vorzubringen. Er muss dabei nachweisen, dass es ein legitimes Ziel für die Ungleichbehandlung gegeben habe. Zudem müsse diese zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich gewesen sein.
Wo Grundrechte betroffen sind, haben zudem auch Verwaltungsgerichte und das Bundesverfassungsgericht Standards verändert. So hatten diese in mehreren Kopftuch-Fällen die Bedeutsamkeit der religiösen Selbstbestimmung unterstrichen. Stehen Vorwürfe der Diskriminierung in diesem Kontext im Raum, müssen Arbeitgeber ebenfalls schon jetzt belegen, dass eine Ungleichbehandlung sachliche Gründe hatte.
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