FDP warnt vor „Staatsbankrott“ und fordert umfassende Änderungen bei Rente und Bürgergeld

In der Ampel bleibt die Rente ein Zankapfel. Bundeskanzler Olaf Scholz besteht darauf, den Beschluss des zuletzt verschobenen Rentenpakets II am Mittwoch im Kabinett durchzuziehen. Die FDP beharrt unterdessen auf umfassenden Reformen der sozialen Sicherungssysteme.
Aus Sicht der FDP braucht es Reformen der Sozialsysteme sowie die Abschaffung der «Rente mit 63».
Aus Sicht der FDP sind Reformen der Sozialsysteme sowie die Abschaffung der „Rente mit 63“ nötig.Foto: Felix Kästle/dpa
Von 13. Mai 2024

Das Thema der Rente sorgt in der Ampel weiterhin für Zwietracht. Das sogenannte Rentenpaket II soll am kommenden Mittwoch, 15.5., nach zwei vergeblichen Anläufen im Kabinett beschlossen werden. Das hat eine Sprecherin von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gegenüber „Bild“ bestätigt.

Ursprünglich wollte Bundeskanzler Olaf Scholz das Vorhaben schon am 24. April absegnen lassen. Damals befand sich Bundesfinanzminister Christian Lindner jedoch auf einer Auslandsreise. In der Vorwoche hatte Lindner selbst das Thema von der Tagesordnung nehmen lassen. Dies begründete er mit der Fülle an Begehrlichkeiten vonseiten der Ressorts an den Bundeshaushalt. In der SPD stieß dies auf Befremden: Die Weichenstellungen bei der Rente seien in die Haushaltsplanung bereits eingepreist.

FDP will beim Thema Rente in die Offensive gehen

Wie „Bild“ berichtete, steht am Montag die Entscheidung über die Tagesordnung der für Mittwoch angesetzten Sitzung des Kabinetts an. Bereits in der Vorwoche hatte das von Lindner veranlasste Veto zu einer 24-stündigen Koalitionskrise geführt. Nun müssen die Staatssekretäre erneut entscheiden. Es ist nicht damit zu rechnen, dass Lindner die Beschlussfassung erneut blockiert. Er hatte in der Vorwoche eine Entscheidung „noch im Mai“ zugesagt.

Allerdings ist aus Sicht der FDP in Sachen Rente das letzte Wort noch nicht gesprochen. Sie ist eines der Hauptthemen in einem Fünf-Punkte-Papier zum Sozialstaat, das die Partei nun vorgelegt hat. In diesem fordert sie eine drastische Anpassung beim Renteneintrittsalter sowie ein Ende der sogenannten Rente mit 63.

Eine Überlastung mit „immer mehr Sozialausgaben“, so heißt es in dem Papier, würde „das Vertrauen in den Standort Deutschland weiter erschüttern“. Verwiesen wird dabei auf Staaten, die ihre sozialen Wohltaten immer stärker ausgeweitet hätten. Diese seien „über kurz oder lang in schwere Krisen gestürzt, bis hin zur Staatsinsolvenz“.

Sicherung der Höhe von Altersrenten wird immer teurer

Bereits im März hatte das Bundesfinanzministerium in seinem „Tragfähigkeitsbericht“ vor enormen Belastungen infolge stetig wachsender Sozialausgaben gewarnt. Selbst im günstigsten Fall sei bis 2070 von einem möglichen Schuldenstand von 140 Prozent des BIP auszugehen. Im ungünstigsten Fall könne dieser sogar bis zu 345 Prozent betragen.

Die sogenannte Tragfähigkeitslücke könne zudem auf bis zu 4,7 Prozent oder 194 Milliarden Euro anwachsen, die der Bund einsparen oder zusätzlich einnehmen müsse. Selbst im günstigeren Fall, dass diese nur 1,6 Prozent der Wirtschaftsleistung betrüge, wäre ein Konsolidierungsbedarf von 66 Milliarden Euro erforderlich, um die Maastricht-Quote von 60 Prozent bezüglich der Schuldenhöhe einzuhalten.

Renten und Gesundheit gehörten dabei zu den Bereichen mit den am stärksten steigenden Ausgaben. Das Rentenpaket II sieht eine Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent eines Durchschnittslohns bis 2039 vor. Bundeskanzler Olaf Scholz betrachtet dies auch als ein zentrales persönliches Anliegen. Der Preis dafür wird jedoch eine Erhöhung des Rentenbeitrags auf 22 Prozent nach 2035 sein.

Nur „echte“ Aktienrente kann Niveau der Ruhebezüge wieder erhöhen

Die FDP bekommt im Gegenzug Zustimmung zur sogenannten Aktienrente. Diese ist allerdings kein Projekt zur Schaffung individueller Ansprüche. Stattdessen werden Schulden aufgenommen, um ein „Generationenkapital“ anzusparen. Dieses soll die Finanzierung der Bundeszuschüsse zur Rentenkasse absichern. Die Anlagepolitik des mit dem Ansparen betrauten Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (KENFO) soll zudem den umstrittenen ESG-Kriterien genügen.

Dies reicht den Liberalen perspektivisch nicht aus. Sie fordern eine „echte“ Aktienrente, die aus ihrer Sicht die einzige Hoffnung auf eine „generationengerechte Rentenfinanzierung“ darstelle. Dieses Modell könne das Rentenniveau langfristig sogar wieder erhöhen.

Allerdings will die FDP gleichzeitig das Aus für die vorzeitige Rentenoption zugunsten „besonders langjähriger Versicherter“. Die sogenannte Rente mit 63, die faktisch nicht mehr mit diesem Alter zu erreichen ist, setze „in der jetzigen Ausgestaltung Fehlanreize, die wir uns nicht leisten können“. Deshalb solle sie als Option auf Geringverdiener beschränkt werden, so FDP-Finanzexperte Max Mordhorst.

FDP fordert Anpassung der Rente an Lebenserwartung

Zudem möchte die FDP das Renteneintrittsalter an die höhere Lebenserwartung anpassen. Bundestagsfraktionschef Christian Dürr hatte für ein flexibles Rentenalter geworben, das in einigen Fällen auch Arbeit bis zum Alter von 72 Jahren bedeuten könne. Außerdem wolle man Anreize schaffen, um „zu attraktiven Bedingungen“ länger im Beruf bleiben zu können. Bundeskanzler Olaf Scholz lehnt bislang Einsparungen im Bereich der Rente ab. Derzeit bezieht nur noch ein Viertel der Rentner in Deutschland staatliche Altersbezüge von mehr als 1.500 Euro.

Die FDP fordert in ihrem Papier auch weitere Verschärfungen beim Bürgergeld, das Deutschland sich „nicht leisten“ könne. Man brauche „jeden und jede am Arbeitsmarkt“. Derzeit sorge das Bürgergeld dafür, dass Arbeit sich „finanziell schlicht nicht lohnt“. Die Grundsicherung solle schärferen Sanktionen bei Arbeitsverweigerern bis hin zur Streichung unterliegen – zuletzt trat diese der Bundesagentur für Arbeit zufolge in etwa 15.000 Fällen auf.

Im Vorjahr betrug die Gesamtsumme der Haushaltsmittel für die Grundsicherung bei Arbeitssuchenden 40,59 Milliarden Euro. Von diesen entfielen 21,33 Milliarden Euro auf Bürgergeld. Gegenüber 2022 war dies in etwa auf dem gleichen Niveau. Im Vergleich dazu hat Deutschland der NATO zuletzt Verteidigungsausgaben von 73,41 Milliarden US-Dollar gemeldet. Von Kriegsbeginn 2022 bis Juli 2023 sind zudem rund 22 Milliarden Euro aus dem deutschen Staatshaushalt in die Ukraine geflossen.

Die übrigen Reformforderungen der FDP beziehen sich auf eine Steuerfreistellung von Überstunden sowie eine Einhaltung der Schuldenbremse durch Streichung von Ausgaben.



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