FDP und Union rücken bei Migration näher zusammen – SPD macht Gegenvorschläge

Trotz scharfer Kritik hält Unionskanzlerkandidat Merz an den Bundestagsanträgen für eine härtere Migrationspolitik fest. SPD und Grüne sind empört. Auch aus dem Nachbarland melden sich Politiker kritisch zu Wort.
Unionskanzlerkandidat Merz will mit Bundestagsanträgen eine härtere Migrationspolitik erreichen.
Unionskanzlerkandidat Merz will mit Bundestagsanträgen eine härtere Migrationspolitik erreichen.Foto: Michael Kappeler/dpa
Epoch Times27. Januar 2025

CDU-Chef Friedrich Merz fordert SPD und Grüne auf, den Unionsanträgen für eine härtere Migrationspolitik zuzustimmen, um im Parlament eine Abgrenzung von der AfD zu dokumentieren. Bei den Abstimmungen „liegt es an der SPD, an den Grünen und an der FDP, zu verhindern, dass es Mehrheiten gibt, die keiner von uns will“, sagte der Unionskanzlerkandidat nach Beratungen der Parteispitze in Berlin.

Neben zwei Anträgen will er am Mittwoch auch einen Gesetzesentwurf in den Bundestag einbringen, der umfassende Zurückweisungen an den deutschen Landesgrenzen ermöglichen soll.

Nach Angaben aus der Unionsfraktion vom Montag sieht der Gesetzentwurf Änderungen des Asyl- und des Aufenthaltsgesetzes vor. Dadurch soll insbesondere klargestellt werden, dass die Verweigerung der Einreise durch „Zurückweisungen an der Grenze“ erfolgen soll.

Im Aufenthaltsgesetz soll klar gestellt werden, dass dieses nicht nur zur Steuerung, sondern auch zur „Begrenzung“ des Zuzugs von Ausländern dient. Eine endgültige Fassung des Gesetzentwurfs liegt aber noch nicht vor.

Zustimmung von FDP, Ablehnung von SPD und Grünen

Während die FDP Zustimmung zu den Anträgen signalisiert hat, werfen SPD und Grüne Merz und der Union vor, mit ihrem Vorgehen gegen Verfassung und Europarecht zu verstoßen. Zudem zweifeln sie an, dass der CDU-Chef die „Brandmauer“ zur AfD aufrechterhält. Merz weist die Vorwürfe strikt zurück und sieht die Anträge als dringende Konsequenz aus dem Messerangriff mit zwei Toten in Aschaffenburg in der vergangenen Woche.

„Ich werde mit den Themen, die wir haben und die seit letzter Woche Mittwoch eine neue Dringlichkeit erfahren haben, in dieser Woche sehr konsequent durch den Deutschen Bundestag gehen“, kündigte Merz an. Die Union werde sich weder von der SPD noch von den Grünen, „ganz sicher auch nicht von der AfD, sagen lassen, welche Anträge, welche Gesetzentwürfe wir im Deutschen Bundestag zur Abstimmung stellen“, sagte Merz. „Das, was in der Sache richtig ist, wird nicht falsch dadurch, dass die Falschen zustimmen.“

Merz hält Asylverschärfungen für umsetzbar

Dauerhafte Kontrollen an allen deutschen Grenzen und deutlich mehr Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber seien praktisch umsetzbar, machte Merz deutlich. „Die deutsche Bundespolizei hat ein sicheres Gespür dafür, wen sie rauswinken muss und wen nicht.“ Der Grenzverkehr funktioniere dann weitestgehend störungsfrei, behauptet der CDU-Chef. Mehr Abschiebungen ausreisepflichtiger Asylbewerber dürften nicht daran scheitern, dass es die nötige Infrastruktur nicht gebe, um sie in Gewahrsam zu nehmen.

Unterbringungsmöglichkeiten müssten so schnell wie möglich geschaffen werden, dies könne auch keine Kosten-Nutzen-Rechnung werden, sagte Merz. „Jeder ausreisepflichtige Asylbewerber, der in Deutschland Menschen umbringt, kostet unser Land mehr als jede Bemühung um die Unterbringung in Ausreisegewahrsam dieser Asylbewerber.“ Möglich seien Containerbauten, es gebe außerdem leerstehende Kasernen.

Linnemann: 200 Mitgliedsanträge allein im KAH eingegangen

Generalsekretär Carsten Linnemann sprach von großem Zuspruch für die Pläne von Merz. Am Wochenende seien vor diesem Hintergrund allein in der CDU-Zentrale in Berlin rund 200 Mitgliedsanträge eingegangen.

Unter anderem will die Union mit dem Antrag dauerhafte Grenzkontrollen zu allen Nachbarländern sowie ein Einreiseverbot für alle Menschen ohne gültige Einreisedokumenten durchsetzen – auch wenn sie ein Schutzgesuch äußern.

Gewerkschaft: Für Merz-Pläne fehlen Zehntausende Polizisten

Aus Sicht der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sind die Pläne von Merz ohne Tausende neue Mitarbeiter nicht umzusetzen. „Benötigt würden sicherlich 8.000 bis 10.000 zusätzliche Kräfte, um die Grenze umfänglich zu kontrollieren“, sagte der GdP-Chef für die Bundespolizei, Andreas Roßkopf, der „Rheinischen Post“. Die Bereitschaftspolizei unterstütze bereits jetzt jede Woche mit etwa 1.000 Kollegen an der Grenze.

FDP-Spitze stellt sich an die Seite von Merz

Die FDP-Spitze unterstützt die Vorschläge von Merz. Deren Geist entspreche dem, „was wir unter einer neuen Realpolitik in der Migration verstehen, nämlich mehr Kontrolle und Ordnung“, sagte der designierte FDP-Generalsekretär Marco Buschmann nach einer Präsidiumssitzung in Berlin. „Wer sich diesem Thema verweigert, der macht die Extremisten nur groß.“ Es dürfe nicht zugelassen werden, dass die AfD mit ihrem Stimmverhalten Einfluss auf das Verhalten der anderen Parteien nehmen könne.

FDP-Chef Christian Lindner hatte schon am Morgen im Deutschlandfunk Zustimmung signalisiert und gesagt: „Das ist mir sogar egal, ob die AfD dort mitstimmt.“ Es gehe um ein politisches Signal des Bundestages.

Auch BSW-Chefin Sahra Wagenknecht hat Zustimmung zu den Plänen von Merz geäußert. Ohne die AfD hätte die Union gemeinsam mit FDP und BSW aber keine Mehrheit jenseits von SPD und Grünen.

SPD macht Gegenvorschläge zu Migrationsanträgen der Union

Die SPD kündigte unterdessen an, im Bundestag Gegenvorschläge auf den Tisch legen zu wollen. CDU und CSU hätten in den vergangenen Wochen unter anderem ein Sicherheitspaket mit mehr Befugnissen für die Behörden und eine Reform des Bundespolizeigesetzes blockiert, kritisierte Generalsekretär Matthias Miersch in Berlin. Außerdem solle die europäische Asylreform zur Steuerung von Migration in Deutschland schnell umgesetzt werden. „Unsere Vorschläge diskutieren wir gerne – erneut – mit allen demokratischen Fraktionen“, heißt es in einem Vorstandsbeschluss der SPD.

Eine Zustimmung zu den Anträgen von CDU und CSU schloss Miersch aus. Er sehe auch keine Grundlage für einen Kompromiss, da die aktuellen Vorschläge der Union gegen die Verfassung und gegen europäisches Recht verstießen.

Habeck warnt vor Ende des Rechtsstaats

Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck warnte vor einem Ende des Rechtsstaats. „Die Anträge sind in Teilen europarechtswidrig oder verfassungswidrig, und man kann nicht sehenden Auges das Recht brechen, um danach das Recht zu ändern“, sagte er in den ARD-„Tagesthemen“.

Es handele sich dabei um kein „wahltaktisches Spielchen“, denn die Anträge könnten mit einer einfachen Mehrheit im Bundestag beschlossen werden. „Dann würden Union, AfD, FDP und BSW diese Mehrheiten herstellen und die Union hätte aus meiner Sicht einen demokratischen Tabubruch begangen.“

Österreichs Kanzler kritisiert Merz‘ Vorhaben

In Österreich werden Merz‘ Pläne für eine grundsätzliche Zurückweisung von Asylsuchenden an den deutschen Landgrenzen teils kritisch gesehen. Er freue sich, dass in Deutschland in der Migrationspolitik ein Umdenken stattfinde, sagte der geschäftsführende österreichische Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) am Rande eines EU-Treffens in Brüssel. Gleichzeitig müssten aber die Regeln für den grenzkontrollfreien Schengen-Raum einhalten werden. „Wir brauchen – das wissen wir alle – gemeinsame Lösungen“, sagte er. „Wenn jeder von uns jetzt einzeln einfach die Zugbrücken hochzieht, dann sind wir alle ärmer und keiner ist sicherer.“

Auch die rechte FPÖ aus Österreich meldete sich zu Wort. Parteichef Herbert Kickl wies darauf hin, dass die Asyl-Pläne von Merz schon seit längerem von der FPÖ gefordert würden. „Lügt er einfach vor der Wahl oder meint er es ernst mit seiner FPÖ-Position?“, fragte Kickl am Sonntag in einer Mitteilung. Kickl verhandelt derzeit mit der konservativen ÖVP über eine Koalition unter Führung der FPÖ. „Österreich geht vor, Deutschland folgt nach“, meinte Kickl zu seinen Plänen, Asylwerber an der Grenze zurückzuweisen. (dpa/afp/red)



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