FDP und Grüne einig über Senkung von Unternehmenssteuern – aber nicht über den Weg dorthin
Das groß angekündigte Wachstumschancengesetz der Ampelkoalition lässt weiter auf sich warten. Die unionsgeführten Länder blockieren das Vorhaben im Bundesrat, weil sie befürchten, dass Einnahmen der Bundesländer wegfielen. Nun wollen FDP und Grüne einen neuen Anlauf nehmen, um eine spürbare Entlastung bei den Unternehmenssteuern zu bewirken. Die Union wollen sie dabei mit ins Boot holen. Dabei ist noch nicht absehbar, wie das Vorhaben im Detail umgesetzt werden soll.
Effektive Belastung bei Unternehmenssteuern um zehn Prozent über dem EU-Durchschnitt
Die Zeit drängt. Deutschland wird wirtschaftlich immer stärker abgehängt, die Stimmung ist im Keller. Insolvenzen häufen sich, Abwanderung wird für immer mehr Unternehmen zum Thema. Zu hohen Energiekosten und Inflation tritt aber auch noch eine stetig sinkende Attraktivität des Standorts infolge hoher Steuern.
Das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) erstellt im Auftrag der EU-Kommission den sogenannten Mannheim Tax Index. Dieser spricht eine sehr eindeutige Sprache: Die effektive Steuerbelastung für Unternehmen ist mittlerweile bei 28,8 Prozent angekommen. Im EU-Durchschnitt beträgt diese 18,8 Prozent. Seit 2008, als es die letzte Reform bei Unternehmenssteuern gab, war der Abstand nie höher.
FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler spricht nun in der „Welt“ von einem „neuen Schwung“, den die Minister Habeck und Lindner durch eine Reform der Unternehmenssteuern bewirken wollen. Sein Grünen-Kollege Andreas Audretsch betont:
„Der Investitionsstandort Deutschland muss attraktiver werden.“
Auch aus der SPD, der Union und sogar aus der AfD kommen anerkennende Worte und Bekundungen, eine deutliche Senkung der Steuerbelastung für Unternehmen zu unterstützen.
Grüne sprechen weiterhin von Ausweitung öffentlicher Subventionen
Der Finanzsprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg, formuliert sogar ein klares Ziel. Er will eine Absenkung auf 25 Prozent erreichen. AfD-Wirtschaftssprecher Leif-Erik Holm mahnt zu einer ausgabenseitigen Korrektur und einem Ende für „kostspielige Ideologieprojekte und unnötigen Klimairrsinn in aller Welt“.
SPD-Finanzsprecher Michael Schrodi erklärt gegenüber der Funke-Mediengruppe:
„Konkreten Vorschlägen, wie wir unsere Unternehmen in Deutschland fit machen für die Zukunft, stehen wir offen gegenüber.“
Diese konkreten Vorschläge stehen jedoch nicht, und auch bezüglich der grundlegenden Richtung klingt es bei FDP und Grünen unterschiedlich. Köhler betont, Wachstumsimpulse müssten über Steuersenkungen statt über Subventionen erfolgen. Audretsch hingegen spricht von „deutlich mehr öffentlichen Investitionen in Milliardenhöhe in Infrastruktur und Zukunftstechnologien“.
DIHK: „Unternehmenssteuern müssen auf 25 Prozent oder weniger runter“
Bereits in der Vorwoche war Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Alleingang mit der Forderung an die Öffentlichkeit getreten, ein weiteres Sondervermögen aufzulegen. Dieses solle Kreditaufnahmen für die Schaffung von Wachstums- und Investitionsimpulsen ermöglichen.
Er lud dabei auch die Union ein, mitzuwirken an einem „Wirtschaftschancengesetz mal 10, vielleicht mal 50, um dieses Land nach vorne zu bringen“. Mithilfe von Steuergutschriften und steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten solle die Belastung bei den Unternehmenssteuern sinken, so Habeck. Vorbild solle dabei das Sondervermögen für die Bundeswehr nach Beginn des Ukraine-Krieges sein, dem die Union ebenfalls zugestimmt habe.
Ein Sondervermögen lehnte Bundesfinanzminister Christian Lindner ab. Allerdings zeigte er sich bereit, über ein „Dynamisierungspaket“ zu sprechen. Dieses solle eine Reform bei den Unternehmenssteuern umfassen – neben Arbeitsmarktreformen, weniger Bürokratie und niedrigeren Energiepreisen.
Union zeigt sich reserviert – Spahn will Wachstumschancengesetz abwarten
Aus der Wirtschaft kommen positive Signale bezüglich der Absichtserklärung der Ampelpolitiker. DIHK-Präsident Peter Adrian erklärte, eine Reform der Unternehmenssteuern wäre „ein wichtiges Element ihrer wirtschaftspolitischen Standortpolitik und Investitionsförderung“. Sie könne das Vertrauen in den Standort Deutschland wieder steigern. Ein wettbewerbsfähiges Steuerniveau liege jedoch nicht bei 30 Prozent, sondern bei „25 Prozent oder darunter“.
Die Union zeigt sich bereits jetzt nicht bereit, „neue Sonderschulden zur Verlängerung des Ampel-Elends“ mitzutragen, wie CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt es gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“ formulierte. Statt es weiter zu verknappen, müsste die Bundesregierung das Energieangebot ausweiten. Die Unternehmenssteuern müssten runter und zusätzlich sei ein umfassender Bürokratieabbau erforderlich.
Fraktionsvize Jens Spahn möchte erst einmal den weiteren Weg des im Vermittlungsausschuss gelandeten Wachstumschancengesetzes abwarten. Er kritisierte, dass die Ampel im Vorfeld dieses Gesetzesbeschlusses nicht das Gespräch mit der Union gesucht habe. In drei Wochen soll das Wachstumschancengesetz erneut auf die Tagesordnung des Bundesrates.
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