FDP-Umweltpolitiker: Die mehrfach verwendete Plastiktüte ist besser als die einmal verwendete Papiertüte

Bis Ende 2019 soll der Verbrauch von Plastiktüten auf maximal 90 Tüten pro Kopf reduziert werden, die FDP lehnt jedoch ein generelles Verbot von Plastiktüten ab. Denn: "Eine mehrfach verwendete Plastiktüte hat eine bessere Ökobilanz als eine einmal verwendete Papiertüte - das gehört zur Wahrheit mit dazu".
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Bei Tüten kommt es nicht auf das Material an, sondern darauf, wie oft sie wiederverwendet wird.Foto: iStock
Von 17. Mai 2019

Uruguay, Chile, Neuseeland, Australien – die Länder ringen mit Plastiktüten, auch Deutschland. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) fordert ein Verbot von Einweg-Plastiktüten, die FDP lehnt dies als „Schnellschuss“ und „populistisch“ ab.

Bis Ende 2019 soll der Verbrauch von Plastiktüten pro Kopf auf maximal 90 Tüten reduziert werden. Ende 2025 sollen es nur noch 40 pro Person und Jahr sein. Durchschnittlich verbrauchen Deutsche derzeit 70 Tüten pro Kopf und Jahr.

Das erste Ziel wird von Deutschland bereits erreicht. Spezieller wird es, da laut Umweltbundesamt gilt: „Keine Plastiktüten im Sinne der Vereinbarung sind Tiefkühltragetaschen, Permanenttragetaschen und sehr leichte Plastiktüten (dünner als 15 Mikrometer) – zum Beispiel für Obst und Gemüse.“

FDP: Müllexporte untersagen

Deutschland, und das ist das Problem, exportiert jährlich rund eine Million Tonnen Plastikmüll, wobei etwa sechs Millionen Tonnen pro Jahr anfallen. Bis 2018 wurde das meiste davon nach China exportiert, im Jahr 2017 waren es rund 1,5 Millionen Tonnen. Nachdem China diese Importe verboten hat, landet der meiste exportierte Plastikmüll Deutschlands derzeit in anderen Ländern Südostasiens wie Indonesien oder Malaysia. Gleichzeitig verteuert sich die Entsorgung von Kunststoff für Deutschland.

Ein sinnvoller Lösungsansatz sei es daher, „Müllexporte in diejenigen Entwicklungs- und Schwellenländer zu untersagen, die nachweislich keine funktionierende Abfallwirtschaft betreiben“, so der FDP-Bundestagsabgeordnete Olaf in der Beek.

Ein pauschales Plastiktüten-Verbot in Europa oder Deutschland wäre

eine aus dem Bauch heraus getroffene Entscheidung, die aber am Ende des Tages mehr dem guten Gewissen, als einer Eindämmung der weltweiten Vermüllung dienlich ist“.

Die mehrfach verwendete Plastiktüte ist besser als die einmal verwendete Papiertüte

Olaf in der Beek schlägt vor, die Debatte ebenfalls etwas differenzierter zu führen. Denn Plastiktüten-Verbote seien dann sinnvoll, „wenn sie beispielsweise afrikanische Staaten betreffen, in denen es keine funktionierende Abfallwirtschaft gibt“. Beck schaut nach den Papiertüten.

Eine mehrfach verwendete Plastiktüte hat eine bessere Ökobilanz als eine einmal verwendete Papiertüte – das gehört zur Wahrheit mit dazu“.

Der springende Punkt ist tatsächlich, wie oft eine Tüte verwendet wird. Nur wenn die Papiertüte öfter eingesetzt wird, kann sie durchaus Vorteile haben. Das gleiche gilt für Stoffbeutel. Zumindest erklärt das Umweltbundesamt: „Wenn Stoffbeutel oder Papiertüten nur einmal benutzt werden, sind sie nicht besser für die Umwelt als Plastiktüten“. Und: „Deshalb gilt unabhängig von der Art der Tüte oder des Beutels: Mehrmals nutzen! Jede nochmalige Verwendung erspart der Umwelt die Herstellung einer neuen Tüte.“ Auch Papier und Stoffbeutel verbrauchen viel Energie bei Herstellung und Transport, und sind somit ebenfalls nicht umweltfreundlich.

Aus Sicht des Mülls sollten Einwegtüten als solche vermieden werden, unabhängig vom Material. Werden Plastiktüten lediglich durch kostenlose Papiertüten ersetzt, ist nichts gewonnen.

Experiment Plastik-Fasten

Die Grünen-Wähler sprachen sich zu 91 Prozent dafür aus, Plastiktüten zu verbieten. Auch bei den anderen Parteien seien es die Mehrheit der Menschen, die keine Einwegtüten mehr möchten, schreibt die „Welt“. Was das bedeuten kann, probierten zwei junge Leute mit einem „Plastik-Fasten“ zur Fastenzeit aus.

Michael Angerer aus dem Landkreis Rottal-Inn und Laura Fahl aus dem Landkreis Altötting verzichteten 40 Tage lang auf Plastik. In so kleinen Orten auf Plastik zu verzichten ist eine höchst komplexe Aufgabe. Die Supermärkte bieten fast ausschließlich Abgepacktes an, kleine Dorfläden gibt es nicht, „unverpackt“-Läden sind zu weit weg. Sie erlebten, dass oft gar keine plastikfreie Alternative existiert: Eine Zahnbürste ohne Plastik zu bekommen ist noch nahezu aussichtslos. Ihr längerfristiges Ziel nach den 40 Tagen ist nun: „Alle Dinge aus Plastik, die sie täglich benutzen, wollen sie mit plastikfreien Alternativen ersetzen.“

Als im Juli 2018 Australien keine Einwegtüten mehr ausgab, berichteten Supermarktangestellte von schimpfenden und fluchenden Kunden, die auch handgreiflich wurden oder Waren auf den Boden warfen. Die beiden großen Supermarktketten des Landes, Woolworths und Coles, ersetzten die kostenlosen Einwegtüten aus Plastik durch wiederverwendbare Tüten zum Preis von je 15 Cent. Woolworths startete am 20. Juni 2018, musste die Aktion aber wegen meuternder Kunden um zehn Tage verschieben.

Die deutschen Erfinder und Bastler: Flüssiges Holz ersetzt Kaffeekapseln

Doch Alternativen gibt es. Im Juli 1998 erfanden zwei deutsche Tüftler ein neues Material aus Holzresten, Lignin und Hanf, welches im Plastikspritzverfahren verarbeitet werden kann. Das „Flüssige Holz“, wie sie es nennen, ist kompostierbar – daher können Kaffeekapseln aus diesem Material auf den Kompost. Das „flüssige Holz“ von TECNARO ist eine natürlich nachwachsende Alternative zu Plastik geworden.

Dipl.-Ing Helmut Nägele und Jürgen Pfitzer (ehemals Fraunhofer-Gesellschaft) erobern seit der industriellen Reife ihrer Rezepturen nicht nur die Verpackungsindustrie, sondern stellen auch Spielzeug, Möbel, technische Teile (Autoindustrie), spülmaschinenfeste Haushaltswaren, Schreib- und Bürowaren (der Edding-Stift, der auf den Kompost kann) und sogar Produkte für die Bekleidungsindustrie her.

Ihre Highheels, Brillenfassungen oder Kleiderbügel haben sich bereits in der Modewelt verbreitet.

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(Mit Material von dts)



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