Giftanschlag auf Nawalny: Altkanzler Schröder für Tätigkeiten in Russland unter Beschuss
Die FDP stellt nach Äußerungen von Gerhard Schröder zur Vergiftung des russischen Oppositionspolitikers und Putin-Kritikers Alexei Nawalny die staatlichen Privilegien des SPD-Altkanzlers infrage. Einer der Gründe für die Altersversorgung des Ex-Kanzlers – und absehbar von Angela Merkel (CDU) – sei es, „keine wirtschaftliche Not zu erleiden und nicht von anderen abhängig zu sein“.
Schröder, der „in bezahlten Diensten im russischen Öl- und Gasgeschäft“ stehe, beteilige sich im Fall Nawalny „an der Vertuschung und Verwischung der Verantwortung, die in Russland liegt“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), der „Bild“-Zeitung (Donnerstagsausgabe).
Schröders Verhalten erfülle „viele Deutsche“ und auch ihn „mit Scham“, sagte Röttgen, der für den CDU-Vorsitz kandidiert. Schließlich sei Nawalny „das Opfer eines Mordanschlages in Russland geworden und in Russland mit einem russischen Kampfstoff vergiftet worden“.
Röttgen forderte daher auch gezieltere Sanktionen gegen das Umfeld von Russlands Staatschef Wladimir Putin. Sanktionen müssten diejenigen treffen, „die unmittelbare Verantwortung für Verbrechen tragen“, sagte der CDU-Politiker.
Unter Putin gibt es aus seiner Sicht eine „Verbindung des Sicherheits- und Unterdrückungsapparates mit einem oligarchischen Milliardärs-System“. „Dass die Milliardäre die Woche über ihr Volk unterdrücken und am Wochenende in London, München oder sonst wo einkaufen gehen und ihr Geld ausgeben und waschen, das ist nicht akzeptabel“, kritisierte Röttgen. „Sowohl an das Geld auch an die Personen müssen wir ran.“
Hardt: Schröder soll „Ämter von Putins Gnaden“ aufgeben
Schröder müsse sich ernsthaft mit dem Vorwurf auseinandersetzen, dass er der deutschen Außenpolitik an der Seite von Präsident Wladimir Putin erheblich schade, sagte CDU-Außenpolitiker Jürgen Hardt der „Passauer Neuen Presse“ (Donnerstagsausgabe). „Das ist mit den fortwirkenden moralischen Amtspflichten eines Bundeskanzlers nicht vereinbar.“
Schröder sei zu sehr mit dem Regime Putin verbandelt und daher nicht mehr zu einer objektiven Beurteilung von Fragen, die Russland betreffen, in der Lage. „Er sollte sich aus seinen Ämtern von Putins Gnaden zurückziehen“, sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag.
Dass Schröder „einseitig“ die Kreml-Argumentation im Fall Nawalny übernehme, „ist peinlich“, so Hardt weiter. „Er sollte sich jetzt entschuldigen. Aber das ist wohl nicht von ihm zu erwarten. Da herrscht eine zu große wirtschaftliche und persönliche Nähe zu Präsident Putin. Diese ist für einen ehemaligen deutschen Bundeskanzler nicht hinnehmbar.“
Die Zukunft der Erdgaspipeline Nord Stream 2 sei unter diesen Umständen ungewiss, sagte Hardt. „Ich halte das Projekt Nord Stream 2 ohnehin nicht für wirtschaftlich sinnvoll. Es geht letztlich ja nicht um Leitungen, sondern um die Menge russischen Gases, die wir insgesamt beziehen wollen. Wir sollten uns in der Europäischen Union verständigen, welchen Anteil an russischem Gas wir in unserem Energiemix haben wollen.“
FDP stellt staatliche Privilegien des Altkanzlers infrage
Zumal frühere Regierungschefs auch nach dem Ausscheiden aus dem Amt weiter die Bundesrepublik repräsentierten, sagte der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben).
„Wenn man aber in einer solchen Position andere Interessen repräsentiert, sollte man überprüfen, ob die Gründe für die Versorgung weggefallen sind“, sagte Fricke mit Blick auf Schröders Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Schröder ist Vorsitzender des Verwaltungsrats der Projektgesellschaft für die umstrittene Ostsee-Pipeline Nord Stream 2, bei der der russische und kremlnahe Energiekonzern Gazprom formal einziger Anteilseigner ist. Zudem ist Schröder seit drei Jahren Aufsichtsratschef des größten russischen Ölkonzerns Rosneft.
Nawalny hatte Schröder gegenüber der „Bild“ als „Laufburschen“ von Putin bezeichnet und schwere Vorwürfe gegen den SPD-Politiker erhoben. Zuvor hatte Schröder Befunde mehrerer Speziallabore über eine Vergiftung Nawalnys mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok als „Spekulation“ bewertet.
SPD-Chef weist einen Aus für Nord Stream 2 zurück
Der außenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Omid Nouripour, sagte, die Altkanzler-Privilegien gebe es aus Respekt vor dem Amt. „Wie Schröder diese mit seinen tiefen Kreml-Verwebungen vereinbaren kann und dabei noch in den Spiegel schauen kann, ist seine Sache.“ Weit dramatischer sei es, wie groß Schröders „Kreml-gesteuerter Einfluss“ auf die Pipeline-Politik der SPD sei.
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hatte nach dem Nawalny-Anschlag Rufe nach einem Aus für Nord Stream 2 zurückgewiesen. Frühere Bundeskanzler erhalten auf Lebenszeit ein Büro mit Personal und Ausstattung, Dienstwagen mit Fahrer, Personenschutz, bauliche Sicherungsmaßnahmen, Sicherheitstechnik und Objektschutz.
Laut Kanzleramt hatte Schröder – der letzte noch lebende Altkanzler – im Jahr 2017 allein für die Bezahlung der Mitarbeiter in seinem Berliner Büro Anspruch auf rund 561.000 Euro aus der Staatskasse.
Für das Haushaltsjahr 2021 ist für Schröders Büro eine Personalstelle veranschlagt, für das Büro des 2017 verstorbenen früheren CDU-Kanzlers Helmut Kohl gibt es zwei Planstellen. Daneben erhält Schröder ein monatliches Ruhegehalt, was allerdings auf Einkünfte aus anderen Tätigkeiten angerechnet wird. (dts/afp/sza)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion