FDP kündigt Verfassungsklage gegen Schuldenpaket an

Der Bundestag hat mit einer Zweidrittelmehrheit das Grundgesetz geändert und damit das historische Milliarden-Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur beschlossen. Während Union und SPD Sparmaßnahmen ankündigen, will die FDP die geplanten Schuldenpakete mit einer Verfassungsklage stoppen.
Beim Bundesverfassungsgericht waren mehrere Klagen gegen die Bundestag-Sondersitzungen eingegangen. (Archivbild)
Beim Bundesverfassungsgericht waren mehrere Klagen gegen die Bundestagssondersitzungen eingegangen. (Archivbild)Foto: Uli Deck/dpa
Von 18. März 2025

Die FDP hat angekündigt mit einer Verfassungsklage gegen die beabsichtigten Schuldenpakete vorgehen zu wollen. Der Bundestag beschloss am Dienstagnachmittag mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit historische Grundgesetzänderungen für das von Union und SPD auf den Weg gebrachte Finanzpaket. Auch im Bundesrat scheint nach der Einigung zwischen den Koalitionspartnern in Bayern die Mehrheit als sicher.

Bundesverfassungsgericht wollte Abstimmung vor Diskontinuität bewahren

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte zuvor die Eilanträge zur Verhinderung der Bundestagssondersitzung zur Abänderung der Schuldenbremse zurückgewiesen. Die bisherigen Entscheidungen aus Karlsruhe ergingen allerdings nicht in der Sache selbst, sondern befassten sich mit den Eilanträgen zur Abstimmung im alten Bundestag als solchen.

Die vorläufige Entscheidung fiel im Rahmen einer sogenannten Folgenabschätzung im Eilverfahren. Das Gericht bewertete das Interesse an einer Vermeidung von Diskontinuität höher als die von den Klägern vorgebrachte drohende Verletzung von Abgeordnetenrechten.

Der Grundsatz der Diskontinuität ist in Paragraf 125 der Geschäftsordnung des Bundestages verankert. Er besagt, dass alle Gesetzesvorhaben und anderen Vorhaben, die innerhalb einer Legislaturperiode nicht abgeschlossen werden können, mit der Konstituierung des neuen Bundestages verfallen.

Abwägung zugunsten des noch beschlussfähigen Bundestages

Eine Verhinderung der Sondersitzung hätte es den Initiatoren des Gesetzentwurfes zur Änderung des Grundgesetzes unmöglich gemacht, über ihr Vorhaben im alten Bundestag abstimmen zu lassen.

Dies sah das Bundesverfassungsgericht im Lichte des Artikels 39 des Grundgesetzes als legitimes Interesse an. Aus diesem geht hervor, dass der alte Bundestag uneingeschränkt handlungsfähig bleibt, bis der neue konstituiert ist. Damit ist der alte Bundestag auch ermächtigt, das Grundgesetz zu ändern.

Die Kläger im Eilverfahren hatten unter anderem mit der kurzen Vorbereitungszeit argumentiert, die das Vorhaben den Abgeordneten eröffne. Dies setzten sie in Relation zu den potenziellen materiell-rechtlichen Folgen der geplanten Änderung, die eine Schuldenermächtigung in einer Größenordnung von mehr als einer Billion Euro mit sich bringt.

Bundesverfassungsgericht lässt Entscheidung in der Hauptsache offen

Dennoch bewertete das Bundesverfassungsgericht das Interesse des Bundestages an der Wahrung seiner verfassungsmäßigen Handlungsfähigkeit als höher. Den Gesetzgebungsprozess vorzeitig zu stoppen, würde vor allem für die Initiatoren vollendete Tatsachen schaffen.

Eine Berücksichtigung der möglichen inhaltlichen Folgewirkungen einer geplanten Maßnahme komme im Eilverfahren nur in Ausnahmefällen in Betracht. Dies sei etwa der Fall, wenn es um äußere Bindungswirkungen im völker- oder unionsrechtlichen Verkehr gehe. Dies sei jedoch hinsichtlich der geplanten Grundgesetzänderung zur Schuldenbremse nicht der Fall.

Damit gab das Bundesverfassungsgericht der Möglichkeit der Abstimmung den Vorrang. Der Senat ließ unterdessen aber explizit offen, „ob der Antrag in der Hauptsache unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist“. Damit kann das Höchstgericht das beschlossene Gesetz zu einem späteren Zeitpunkt immer noch aufheben.

Rechte der Abgeordneten durch überstürztes Vorgehen verletzt?

In der Hauptsache selbst bedeutet dies noch keine Vorentscheidung. Dies bedeutet, dass erst dort geprüft wird, inwieweit das Verfahren im Vorfeld der Abstimmung Abgeordnetenrechte verletzt habe. Die Kläger hatten unter anderem vorgebracht, dass nach Art. 76 Abs. 2 GG zwar eine aktuelle, nicht jedoch eine künftige Bundesregierung ein Recht auf Einbringung eines Gesetzentwurfes habe.

Außerdem beinhalte nach der von den Klägern vorgebrachten Rechtsansicht Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG ein Recht auf informierte Beratung und Beschlussfassung. Die Initiatoren hätten den Entwurf jedoch mehrfach kurzfristig verändert und die Ausschusssitzung kurzfristig terminiert und doch wieder verschoben. Die Eile und mehrfachen Veränderungen hätten zudem keine ordnungsgemäße Sachverständigenanhörung ermöglicht.

Die FDP will ihren Kampf gegen das Schuldenpaket mittels einer Verfassungsklage weiter ausfechten. Zum einen wird die Partei darin das überstürzte Vorgehen und die unzureichenden Möglichkeiten der Abgeordneten bemängeln, sich im Detail mit den Paketen zu befassen. Selbst die Initiatoren der Grundgesetzänderung selbst wüssten nicht umfassend über den Inhalt ihres Vorstoßes Bescheid.

FDP verweist auf Urteile zur Generationengerechtigkeit

Gegenüber der „Augsburger Allgemeinen“ erklärte der Parlamentsgeschäftsführer der FDP-Fraktion, Stephan Thomae:

Bei der Sondersitzung des Haushaltsausschusses am Sonntag konnte selbst der Staatssekretär aus dem Finanzministerium nicht alle Nachfragen beantworten.“

Die Liberalen stützen ihre Klage jedoch nicht nur auf die kurze Vorbereitungszeit einer inhaltlich so weitreichenden Finanzwende. Eine solche unzureichende Vorbereitungszeit hatte das BVerfG 2023 schon einmal zum Anlass genommen, die Verschiebung einer Abstimmung über das Heizungsgesetz zu veranlassen. Das damalige Vorgehen habe das „Recht des Antragstellers auf gleichberechtigte Teilhabe als Abgeordneter an der parlamentarischen Willensbildung verletzt“.

Zudem argumentiert die FDP mit dem Gebot der „Generationengerechtigkeit“. Dieses habe das BVerfG nicht nur 2021 in seinem Urteil zum Klimaschutz, sondern auch 2023 mit Blick auf die Schuldenbremse betont. Solide Staatsfinanzen seien damit ebenfalls ein wesentliches Element der Beachtung der Interessen künftiger Generationen.

SPD-Generalsekretär will Steuererhöhungen nicht ausschließen

Unterdessen geloben Union und SPD, trotz der angestrebten Kreditermächtigungen sparen zu wollen. CDU-Chef Friedrich Merz äußerte am Sonntag im ARD-„Bericht aus Berlin“:

Wir werden sparen müssen. Wir werden erhebliche Reformen in diesem Lande durchsetzen müssen.“

Zwar ermöglichten die Sondervermögen enorme Investitionen in Infrastruktur, Verteidigung und Klimaschutz. Der Spielraum im regulären Haushalt werde dadurch jedoch nicht größer – und damit stehe die Finanzierung vieler Wahlversprechen infrage. Die CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg fällte am Montagabend einen Beschluss, der einen „verbindlichen Tilgungsplan“ für die aufgenommenen Schulden bis spätestens 2037 verlangt. In jenem Jahr sollen die geplanten Sondervermögen auslaufen.

SPD-Generalsekretär Matthias Miersch erklärte am Montag bei einer Pressekonferenz in Berlin:

„Sie können ganz sicher sein, dass diese Koalition nicht einfach das Geld ausschüttet, ohne auf Effizienz und Sparen zu gucken.“
Er gehe davon aus, dass die Koalitionsverhandler auch zu „Einsparungen im Haushalt“ finden würden. Miersch wollte auch mögliche Steuererhöhungen nicht ausschließen. Er gehe jedoch davon aus, dass „niemand die Absicht hat, das in den Vordergrund zu stellen“.



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