FDP auf der Kippe: „Bollwerk gegen Schwarz-Grün“ oder Auszugsmarsch aus dem Bundestag?

Wolfgang Kubicki sieht die Existenz der Liberalen gefährdet. Sie wollen sich nun als „Bollwerk gegen Schwarz-Grün“ positionieren. Im Interview mit Epoch Times fordert der FDP-Bundesvizechef einen schlankeren Staat.
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Im Interview mit Epoch Times nannte Wolfgang Kubicki einige Eckpunkte der künftigen FDP-Politik.Foto: Epoch Times
Von 10. Februar 2025

In den Umfragen liegt die FDP derzeit unter 5 Prozent, ihr Wiedereinzug in den Bundestag ist gefährdet.

Auf dem FDP-Bundesparteitag am vergangenen Wochenende in Potsdam-Babelsberg richtete Parteichef Christian Lindner einen Appell an die liberal denkenden Menschen im Land: „Wer das Potenzial einer liberalen Partei im deutschen Parlamentarismus für die Zukunft erhalten will, muss jetzt zur Fahne kommen.“

Zuletzt hatte Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) potenzielle FDP-Wähler dazu aufgerufen, ihr Kreuz bei der Union zu setzen. CSU-Chef Markus Söder warnte gar vor „Leihstimmen“ für die Liberalen.

Lindner konterte beim Parteitag: „Markus Söder hat genau zwei Stimmen – seine eigenen. Die muss er uns nicht leihen, die kann er behalten.“ Und weiter: „Diese stolze, traditionsreiche Freie Demokratische Partei wirbt nicht um Leihstimmen. Wir wollen Bekenntnisstimmen“, sagte Lindner. „Wer uns gut findet, möge uns wählen.“

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki sieht im Falle eines Scheiterns an der Fünf-Prozent-Hürde bei der Bundestagswahl die Existenz seiner Partei insgesamt in Gefahr.

FDP verlangt massiven Bürokratieabbau

Doch noch sei es nicht so weit, noch wolle die FDP „das Bollwerk gegen Schwarz-Grün“ sein, sagte Kubicki. In einem Interview mit Epoch Times sprach der derzeitige Bundestagsvizepräsident am Rande des Parteitages über dringende Veränderungen, für die die FDP stehe.

Die FDP thematisiert etwa eine notwendige Wirtschaftswende, um Deutschland wieder zu einer führenden Nation zu machen. Dazu seien allerdings grundlegende Änderungen nötig, so Kubicki. Er führte den „Hilfeschrei von 120 Wirtschaftsverbänden und von fast allen CEOs der großen Unternehmen“ an, die eine Wirtschaftswende forderten.

Es dürfe keinen weiteren Kapitalabfluss, keinen Verlust an Arbeitsplätzen geben. „Das geht nur, wenn wir auf das hören, was uns die Menschen aus der Wirtschaft sagen“, betonte Kubicki. Dazu bedürfe es einer schnellen Entlastung in den Bereichen Steuern, Abgaben und Bürokratie – im letztgenannten gar eine „ganz massive“. Um wettbewerbsfähig zu sein, müssten die Energiepreise dem internationalen Vergleich standhalten. „Wenn bei uns das mal so teuer ist wie in den Vereinigten Staaten, dann müssen wir uns nicht wundern, dass Unternehmen in die USA abwandern und nicht bei uns bleiben.“

Argentinien und USA als Vorbild

Argentinien hat massiv Personal in Behörden abgebaut, auch in den USA ist die Verschlankung  des Staates im Gange. Diese fordert nun auch die FDP. Kubicki räumte ein, dass eine Verkleinerung des Staatsapparates „ein bisschen dauern“ werde. „Aber wir können sofort beispielsweise sämtliche Berichtspflichten, die wir für die Unternehmen haben, abschaffen, aussetzen für ein Jahr und dann feststellen, ob uns was fehlt oder nicht.“

Man benötige keine Berichtspflichten für Nachhaltigkeit oder das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Wenn Deutschland schon nicht in der Lage sei, Milliardenzahlungen an China zu kontrollieren, „wie sollen das kleine und mittelständische Unternehmen machen?“, fragte Kubicki.

Und weiter: „Wie sollen sie feststellen, ob die Güter und Dienstleistungen, die sie aus dem Ausland beziehen, tatsächlich so hergestellt worden sind, wie wir uns das vorstellen?“ Dies sei „einfach belastend“; einen effektiven Nutzen habe es nicht. „Damit können wir sofort anfangen und dann haben wir schon sehr viel Luft geschaffen für viele Unternehmen.“

Flüchtlingspolitik: Eine Pause zum Durchatmen

Große Defizite sieht die FDP auch bei der Migrationspolitik. In den vergangenen Jahren sei einiges falsch gelaufen. Zunächst einmal müsse man daher „Kontrolle und Steuerung“ zurückbekommen, fordert Kubicki. Aus allen Kreisen und Kommunen und von den Ehrenamtlern kämen Hilferufe. Sie alle seien überfordert, die Integrationsmöglichkeiten seien erschöpft.

Eine Pause zum „Durchatmen“ sei nötig. „Und dann kann man selbstverständlich Migration auch steuern. Selbstverständlich können wir an der Grenze auch Menschen zurückweisen, wenn sie eine Gefahr für unsere Sicherheit und Ordnung darstellen.“ Bundesinnenministerin Nancy Faeser habe sich damit gerühmt, „in den vergangenen Monaten 40.000 Leute an der Grenze“ zurückgewiesen zu haben.

Selbstverständlich solle Deutschland Menschen aufnehmen, die „besondere Härtefälle“ darstellten. „Aber der Familiennachzug jetzt in Systeme, die nicht mehr aufnahmefähig sind, ist eine schlichte Katastrophe.“

FDP schließt Bündnis mit Grünen aus

Wenn Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sich nicht traue, wegen der feministischen Außenpolitik nach Kabul zu fahren, um mit den Taliban dort zu reden – „ich mach’ das“. Deutschland könne die Frauen- und Menschenrechtslage in Afghanistan „nicht wesentlich“ beeinflussen. „Aber wir können dafür sorgen, dass die Afghanen ihre Menschen zurücknehmen, die wir hier nicht haben wollen.“

Tatsächlich liege es nur am Willen. So habe man in den vergangenen 14 Tagen gesehen, dass die Grünen keine Begrenzung wollten. „Sie wollen keine Steuerung. Sie wollen erklären, dass wir mehr Menschen nach Deutschland holen müssen“, so Kubicki weiter.

Sätze wie „Humanität kennt keine Grenzen“ oder „Niemand ist illegal“ hörten sich schön an, kommentierte der Vizeparteichef. Aber es gelte der Satz des früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck: „Unser Herz ist groß und weit. Aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt.“ Daher müsse die Zuwanderung wieder an die Möglichkeiten angepasst werden, „die wir haben – und nicht umgekehrt“.

Eine Koalition mit den Grünen schließt die FDP ausdrücklich aus. Im Grunde gibt es mit CDU und SPD nur zwei Parteien, mit denen die Liberalen eine Zusammenarbeit eingehen würden.



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