„Faktisch Zensur“: Kubicki kritisiert verschwundene Videoaufnahmen – und warnt vor Sonderrechten für Politiker

FDP-Vize Wolfgang Kubicki erhebt wegen fehlender Redebeiträge von ihm schwere Vorwürfe gegen den öffentlich-rechtlichen Sender „Phoenix“ und YouTube. Zugleich sieht der Politiker die Meinungsfreiheit in Deutschland in Gefahr – auch durch dünnhäutige Politiker.
Wolfgang Kubicki (FDP) hatte mit einer Aussage über Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck für Empörung gesorgt.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki.Foto: Axel Heimken/dpa
Von 28. November 2024

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende und Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki hat auf seiner Abgeordnetenseite auf eine mutmaßliche Manipulation aufmerksam gemacht. Er verweist auf das Video von einer Bundestagsdebatte über eine allgemeine Impfpflicht vom April 2022, das der Sender „Phoenix“ auf YouTube wiedergibt.

Dort sei sein eigener Redebeitrag, der bei Minute 42:30 der Liveübertragung begonnen hat, offenbar herausgeschnitten worden.

Phoenix weist Vorwurf der Manipulation zurück

Kubickis Büro intervenierte, nachdem er dies bemerkt habe, seinen Angaben zufolge bei dem öffentlich-rechtlichen Sender. Anschließend lud dieser die Rede des FDP-Politikers separat hoch. Ein Hinweis im Umfeld des ursprünglichen Videos erfolgte nicht.

Der Sender wies allerdings auf der Seite des Kubicki-Videos darauf hin, dass dessen Rede im Livestream der Debatte fehlte.

Kubicki schildert, dass „Phoenix“ nicht in der Lage gewesen sei, ihm den Grund für das Fehlen der Rede zu erläutern. Der Sender äußerte gegenüber Kubicki, man sei technisch gar nicht in der Lage, einen entsprechenden Eingriff vorzunehmen.

„Phoenix“ gab an, man habe in allen Livestreams die gleiche Quelle genutzt. In sozialen Netzwerken sei die Rede zu sehen gewesen. Der Sender wies jede Verantwortung von sich: „Wir vermuten einen Fehler beim Plattformbetreiber YouTube“, schreibt der Sender auf der Seite des Kubicki-Videos.

Kubicki im April 2022: Impfungen dienen dem Selbstschutz

In seinem Redebeitrag sprach Kubicki sich gegen die allgemeine Impfpflicht aus und hielt fest:

„Herdenimmunität wird durch die Impfung nicht erreicht; eine deutlich gefährlichere Virusvariante im kommenden Herbst ist nicht das wahrscheinlichste Szenario; Ungeimpfte sind nicht schuld daran, dass andere Menschen sich infizieren; wir hatten keine Überlastung des Gesundheitssystems und werden voraussichtlich auch keine bekommen; die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht mit einem nur bedingt zugelassenen Impfstoff ist verfassungsrechtlich ohnehin ein Problem; Impfungen dienen dem Selbstschutz und nicht im Fremdschutz.“

Kubicki glaubt nicht an Zufall und kündigt Schritte an

Allerdings scheint der Vorfall nicht der einzige seiner Art gewesen zu sein. Auch aus einem Livestream aus dem Oktober 2019 soll ein Redebeitrag von Kubicki verschwunden sein – ausgerechnet im Rahmen einer Aktuellen Stunde zur Verteidigung der Meinungsfreiheit. Diese hatte die FDP beantragt – und Kubicki sollte als Vertreter der Antragsteller sprechen.

Das Video zeigt in den ersten Minuten lediglich einen schwarzen Bildschirm. Alle nachfolgenden Reden sind zu sehen. Dass ausschließlich er gleich zweimal von Vorkommnissen dieser Art betroffen sei, hält Kubicki nicht für einen Zufall. Es liege, so der FDP-Politiker, „sehr nahe, dass dies a. auf einem redaktionellen Eingriff beruht und damit b. eine bewusste Manipulation der Videowiedergabe der Plenardebatte ist“.

Die Unterdrückung von Redebeiträgen im Rahmen von Debatten im höchsten deutschen Parlament sehe er für einen „ernsten Vorgang, der die Integrität des demokratischen Streits berührt“. Es verzerre den Wesensgehalt einer Plenardebatte und beeinträchtige den Willensbildungsprozess. Inwieweit „Phoenix“ sich zu dem zweiten Videovorfall geäußert hat, ist nicht bekannt.

Auf X kündigte Kubicki an, er werde die Angelegenheit nicht auf sich beruhen lassen.

„Phoenix“ reagierte auf Kubicki mit einem Beitrag auf X und veröffentlichte dabei seinen Redebeitrag vom Oktober 2019:

Paragraf 188 StGB nach Lübcke-Mord neu gefasst

Der FDP-Vize stellt einen Zusammenhang mit der aktuellen Debatte über die Notwendigkeit eines noch stärkeren Schutzes von Politikern gegen Beleidigungen her. In der Justizministerkonferenz hat deren Vorsitzende, die niedersächsische Justizministerin Kathrin Wahlmann, eine Verschärfung des Paragrafen 188 StGB beantragt.

Dieser betrifft die „gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung“. Die Strafdrohung für eine solche ist höher als jene für eine herkömmliche Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung.

Im Gegenzug ist die Tatbestandsmäßigkeit durch drei Bedingungen der Strafbarkeit eingeschränkt. Die Tathandlung muss demnach ein Öffentlichkeitsmerkmal erfüllen. Zudem muss sie mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen und geeignet sein, „sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren“.

Justizministerin will Strafbarkeitshürde beseitigen

Die letztgenannte objektive Bedingung der Strafbarkeit will Wahlmann nun streichen – die Folge wäre, dass die Ehre eines Politikers teilweise stärker geschützt wäre als die von Normalbürgern. Zudem würde der strafrechtliche Schutz der Ehre deutscher Politiker verschärft, während erst im Jahr 2017 jener von Organen und Vertretern ausländischer Staaten gelockert worden war.

Der Paragraf 188 StGB solle, wie aus den damaligen Gesetzesmaterialien hervorging, einer „Verrohung des politischen Klimas“ entgegenwirken. Anlass war damals der rechtsextremistisch motivierte Mord am früheren Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke.

Inwieweit das politische Klima von 2019 tatsächlich Einfluss auf den Mordentschluss des seit den frühen 1990er-Jahren gewaltbereiten und ideologisierten Neonazis Stephan E. gehabt hat, ist ungewiss. Mit dem Gedanken, Lübcke zu ermorden, hatte E. eigenen Angaben zufolge bereits seit Oktober 2015 gespielt. Damals hatte dieser mit einer später aus dem Zusammenhang gerissenen Aussage auf aggressive Zwischenrufe reagiert.

Kubicki: Freiheit der Meinungsäußerungen ist die Grundlage der Freiheit

Für Politiker wie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, Bundesaußenministerin Annalena Baerbock oder Kubickis Parteikollegin Marie-Agnes Strack-Zimmermann stellte der Paragraf 118 StGB jedoch jetzt schon die Grundlage für eine dreistellige Zahl an Strafanzeigen dar. Habeck soll sogar einen Dienstleister damit beauftragt haben, algorithmisch nach gegen ihn gerichteten Beleidigungen suchen zu lassen.

Im Fall eines 64-jährigen Rentners war dessen Bezeichnung Habecks als „Schwachkopf“ sogar der Anlass für ein Amtsgericht, eine Hausdurchsuchung zu erlassen. Kubicki hingegen sieht in einer zunehmenden Dünnhäutigkeit von Politikern eine bedenkliche Entwicklung. Durch eine Unterbindung offener Auseinandersetzung zwischen Interessen und Ideen würden die Gegner des Verfassungsstaats gestärkt. Vor allem würden all jene bestätigt, die jetzt schon davon ausgingen, dass die Redefreiheit nicht für jedermann gelte:

„Wem soll ich noch erklären, dass man in unserem Land alles ohne Repression frei sagen kann, wenn nicht nur harmlose Machtkritik zu Hausdurchsuchungen führt, sondern vermeintlich im Namen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ganze Wortbeiträge aus dem Deutschen Bundestag unterdrückt werden – also faktisch Zensur stattfindet?“

Niemand darf im freiheitlichen Rechtsstaat anderen den Mund verbieten.“

Auch das Bundesverfassungsgericht habe jüngst wieder deutlich gemacht, dass „die Freiheit der Meinungsäußerungen die Grundlage der Freiheit überhaupt ist“. Wer Eingriffe in dieses Prinzip zu verantworten habe, „versündigt sich also an unser aller Freiheit“.



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