Faeser will Wahlrecht für Geflüchtete – dies wäre ohne Volksabstimmung nicht möglich

Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat im hessischen Wahlkampf für die Ausweitung des kommunalen Wahlrechts auf Nicht-EU-Bürger plädiert. Die Erfolgsaussichten des Vorhabens erscheinen gering.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat die hessische SPD auf einen intensiven Wahlkampf eingeschworen. «Machen wir uns auf den Weg heute mit einem wunderbaren Programm», rief Hessens SPD-Chefin am Samstag bei einem Landesparteitag in Hanau knapp vier Monate vor der Landtagswahl.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat die hessische SPD auf einen intensiven Wahlkampf eingeschworen.Foto: Andreas Arnold/dpa
Von 19. September 2023

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Am 8. Oktober wählt Hessen seinen neuen Landtag, und im Fall ihres Wahlsieges möchte Bundesinnenministerin Nancy Faeser in das Ministerpräsidentenamt wechseln. Ein Vorhaben, das sie in diesem Fall in Angriff nehmen möchte, ist eine weitreichende Reform des kommunalen Wahlrechts.

Wie ein Sprecher der Ministerin am Montag, 18.9., bestätigte, solle dieses nicht länger nur deutschen Staatsangehörigen und EU-Bürgern zukommen. Vielmehr will Faeser es künftig auch Nicht-EU-Bürgern mit unbefristetem Aufenthaltstitel einräumen, die mindestens sechs Jahre in Deutschland gelebt haben.

Im ursprünglichen Text des Wahlprogramms war sogar von sechs Monaten die Rede, die SPD hat dies korrigiert. Die Neuregelung würde unter Umständen auch Geflüchteten zugutekommen – zumindest, sobald deren Asylantrag rechtskräftig anerkannt ist.

CDU: Faeser will „offenbar eine Entwertung unserer Staatsbürgerschaft“

Hessens SPD will dies ihrem Wahlprogramm zufolge nicht nur im Bundesland selbst erreichen. Vielmehr will man einen bundesweiten Trend in diese Richtung anstoßen. Deshalb heißt es, man wolle sich für diese Ausweitung des Wahlrechts „auf Bundesebene und im Bundesrat mit Nachdruck […] einsetzen“.

Aus der CDU im Land kommt jetzt schon Ablehnung. Gegenüber „Osthessen News“ erklärte der Generalsekretär der hessischen CDU, Manfred Pentz, das Wahlrecht gehöre zu den „höchsten Rechten unserer Bürgerinnen und Bürger“. Dieses „beliebig zu öffnen und nur noch an den bloßen Aufenthalt statt die Staatsangehörigkeit zu koppeln“, widerspräche den demokratischen Grundsätzen.

Pentz warf Faeser vor, sie und die SPD wollten „offenbar eine Entwertung unserer Staatsbürgerschaft“. Dafür spräche auch die „von der SPD-Innenministerin Faeser umgesetzte deutliche Absenkung der Voraussetzungen für eine Staatsbürgerschaft“.

In Hessen keine Zwei-Drittel-Mehrheit für Verfassungsänderung nötig – aber Volksabstimmung

Jüngsten Umfragen zufolge sind die Erfolgschancen für Faeser in Hessen gering. Die SPD liegt demnach mit maximal 20 Prozent weit hinter der regierenden CDU. Welchen Zweck der Vorstoß verfolgt, der laut CDU-Politiker Christian Baldauf „Wasser auf die Mühlen der AfD“, verfolgt, ist ungewiss.

Mit Blick auf die erforderlichen Hürden und Mehrheitsverhältnisse erscheint das Vorhaben Faesers nicht zwingend als realistisch. Zwar könnte der Hessische Landtag mit einfacher Mehrheit jederzeit seine Kommunalwahlordnung ändern. Um das Wahlrecht auf Nicht-EU-Bürger auszudehnen, wäre jedoch auch eine vorherige Änderung der hessischen Landesverfassung erforderlich.

Eine solche Änderung ist in Hessen seit der Verfassungsreform von 2018 zwar mit den Stimmen von mehr als der Hälfte der gesetzlichen Zahl seiner Mitglieder möglich. SPD und Grüne würden eine solche jedoch deutlich verfehlen. Die FDP hat sich in Hessen gegen eine Ausweitung des Wahlrechts auf Nicht-EU-Ausländer ausgesprochen. Zudem müsste diese zwingend durch eine Volksabstimmung bestätigt werden. Diese wäre selbst im Fall einer Mehrheit wiederum nur gültig, wenn mindestens ein Viertel der Stimmberechtigten der Änderung zustimmt.

Faeser will Nicht-EU-Bürger wählen lassen – dabei gibt es noch Lücken für EU-Bürger

Auf Bundesebene sieht das Grundgesetz sogar noch höhere Hürden vor – eine Zwei-Drittel-Mehrheit in beiden Parlamentskammern. Bis dato hatte es zwar immer wieder Initiativen für ein Wahlrecht gegeben, das auch Nichtstaatsangehörigen oder Nicht-EU-Bürgern zustehen soll.

Diese kamen unter anderem von Integrationsbeiräten, Migrantenverbänden oder Einzelinitiativen. Die Linkspartei und die Grünen hatten in ihren Bundestagswahlprogrammen eine Ausweitung des kommunalen Wahlrechts auf alle Personen mit Lebensmittelpunkt in Deutschland gefordert. Mehrheiten für ein solches Vorhaben waren jedoch nie in Sicht.

Während Faeser ein Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger auf Kommunalebene fordert, bleibt die Frage des Wahlrechts für in anderen Mitgliedstaaten lebende EU-Bürger auf Landesebene ungeklärt. Bei Landtagswahlen haben diese in vielen Fällen kein Wahlrecht mehr im Bundesland des letzten Aufenthaltes in ihrem Herkunftsland. Gleichzeitig dürfen sie aber auch im neuen Heimatbundesland jenes Mitgliedstaates nicht wählen, in dem ihr Lebensmittelpunkt liegt.



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