Faeser will Arbeit des Terrorabwehrzentrums nicht antasten
Bundesinnenministerin Nancy Faeser plant für 2023 eine Reform im Sicherheitsbereich, dabei geht es auch um die Arbeit der Nachrichtendienste. Den Austausch von Informationen über gefährliche Islamisten im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) von Bund und Ländern will sie dabei aber auf keinen Fall infrage stellen.
Durch diese Kooperation seien seit der Gründung des GTAZ im Jahr 2004 schon 21 terroristische Anschläge verhindert worden, betont die SPD-Politikerin am Mittwoch bei ihrem ersten Besuch in dem Zentrum in Berlin. Die neue Bundesregierung wolle an der „wertvollen Kooperation“ deshalb „unbedingt unter jeden Umständen festhalten“.
Im GTAZ tauschen sich Geheimdienste und Polizeibehörden regelmäßig zu aktuellen Gefährdungen und einzelnen gewaltbereiten Islamisten aus. Neben einer täglichen Lagebesprechung gibt es verschiedene Arbeitsgruppen. In einer von ihnen wird beispielsweise über den aufenthaltsrechtlichen Status einzelner ausländischer Gefährder gesprochen und über Möglichkeiten, diese abzuschieben. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) ist beteiligt.
Neue rechtliche Basis angestrebt
Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP sieht vor, dass die Arbeit des Zentrums auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt und die Verantwortlichkeiten „klarer“ gefasst werden. Dem Vernehmen nach ist geplant, dass das Kabinett im ersten Quartal des kommenden Jahres über eine entsprechende Vorlage entscheidet. „Rechtlich verbindliche Rahmenbedingungen für das GTAZ und weitere Zentren sind eine komplexe Angelegenheit, die auch mit den Ländern abgestimmt werden muss“, sagte der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle.
Daher müsse mit der Erarbeitung von Eckpunkten für die geplante Reform jetzt begonnen werden. Doch die zuständige Ministerin sieht hier wohl nicht die gleiche Dringlichkeit wie die FDP. „Wenn es die Arbeit, so wie sie jetzt stattfindet, stützt, dann kann man das auch mit einer gesetzlichen Grundlage unterlegen“, sagt Faeser.
Elf islamistisch motivierte Anschläge in Deutschland konnten seit 2004 nicht verhindert werden. Nach dem Terroranschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt 2016 wurde bekannt, dass der spätere Attentäter Anis Amri so häufig wie kaum ein anderer radikaler Islamist Thema im GTAZ war, allerdings, ohne dass entsprechend gehandelt worden wäre. Der abgelehnte Asylbewerber aus Tunesien verkehrte in Salafisten-Moscheen, verkaufte Drogen. Bei den Behörden war er unter mehreren Aliasnamen bekannt. Die Grünen-Innenpolitikerin Irene Mihalic bilanzierte später, nach zahlreichen Zeugenvernehmungen, im GTAZ habe damals „eine Art organisierte Verantwortungslosigkeit“ geherrscht.
Arbeit an einem abgeschlossenen Fall demonstriert
Aus Sicherheitskreisen heißt es, seit dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz habe es im GTAZ einige Veränderungen gegeben: beispielsweise eine Festlegung klarer Zuständigkeiten für einzelne Fälle und eine engere Abstimmung operativer Maßnahmen. Auch werde bei den Sitzungen inzwischen ausführlicher Protokoll geführt.
Um der Ministerin vorzuführen, wie eine normale Besprechung im GTAZ abläuft, haben die Vertreter der Sicherheitsbehörden einen echten, aber bereits abgeschlossenen Fall ausgewählt. Es geht um den jungen Syrer, der geplant hatte, in Hagen einen Sprengstoffanschlag auf eine Synagoge zu verüben. Der 17-Jährige wurde im März zu einer Jugendstrafe auf Bewährung verurteilt.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm, forderte mehr Befugnisse für den Verfassungsschutz. Er sagte: „Jeder zweite islamistische Anschlagsplan konnte nur aufgrund entscheidender Hinweise von ausländischen Nachrichtendiensten verhindert werden. Das müsste eine Innenministerin eigentlich alarmieren und zum sofortigen Handeln bewegen.“
Alle Arbeitsgruppen des GTAZ treffen sich – zu unterschiedlichen Zeiten – in dem gleichen Raum auf dem Gelände der Sicherheitsbehörden in Berlin-Treptow. Ein Grund für eine solche Zusammenkunft kann beispielsweise die bevorstehende Haftentlassung eines als besonders gefährlich eingestuften Islamisten. Der CDU-Politiker Throm schlägt vor: „Als ultima ratio muss bei islamistischen Gefährdern auch die nachträgliche Sicherungsverwahrung angeordnet werden können, wenn sie sich während der Haftverbüßung weiter radikalisieren und hochgradig gefährlich sind.“ (dpa/red)
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