Union erklärt Asylgipfel für gescheitert – Faeser schlägt Haft für bestimmte Geflüchtete vor
Die Union hat die Gespräche mit der Bundesregierung über eine gemeinsame Reform der Migrationspolitik für gescheitert erklärt. Die Vertreter von CDU/CSU und Koalition seien bei den Beratungen am Dienstag in Berlin „nicht zu einem gemeinsamen Ergebnis gekommen“, sagte Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU).
Die Gespräche sollten deshalb in diesem Format nicht fortgesetzt werden: „Das erübrigt sich“, sagte Frei. Die Union hatte vor dem Gespräch zur Bedingung gemacht, dass dabei auch über umfassende Zurückweisungen an den Grenzen gesprochen wird.
CDU-Chef Friedrich Merz wirft der Ampel-Koalition derweil „Kapitulation“ vor. „Die Bundesregierung ist intern offensichtlich heillos zerstritten und kann sich nicht auf wirksame Maßnahmen einigen. Die Ampel kapituliert vor der Herausforderung der irregulären Migration. Die Bundesregierung ist handlungsunfähig und führungslos“, so Merz zu „Bild“.
Der Bundeskanzler „hätte spätestens in dieser Situation jetzt wirklich von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen müssen und es durchsetzen müssen“. Dazu seien keine rechtlichen Regelungen und keine Gesetzgebung im Bundestag nötig gewesen, nur eine Verwaltungstätigkeit der Bundesregierung. „Dazu hätte der Bundeskanzler eine entsprechende Anweisung geben können. Er tut es nicht.“
Pressestatement von Bundesinnenministerin Faeser, Bundesaußenministerin Baerbock und Bundesjustizminister Buschmann nach dem Migrationsgipfel:
Bundesinnenministerin Faeser, Bundesaußenministerin Baerbock & Bundesjustizminister Buschmann äußern sich nach dem zweiten Arbeitsgespräch mit Vertreterinnen und Vertretern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und des Vorsitzes der Ministerpräsidentenkonferenz. https://t.co/gE25jKBH75
— Bundesministerium des Innern und für Heimat (@BMI_Bund) September 10, 2024
Die Bundesregierung hat die Entscheidung der Union zum Abbruch der Gespräche über ein gemeinsames Vorgehen in der Migrationspolitik bedauert. „Wir sind bereit, das Gespräch weiterzuführen“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Dienstag in Berlin. Die Forderungen der Union nach Zurückweisungen an den deutschen Grenzen gingen aber darüber hinaus. „Man kann von einer Bundesregierung nicht verlangen, dass sich in Widerspruch zu Recht begibt“, sagte Buschmann.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) äußerte Bedauern und Unverständnis für den Abbruch der Gespräche durch die Union. „Bedauerlicherweise hat die Union gesagt, dass sie jetzt nicht mehr weiter reden möchte“, sagte Baerbock. Dabei seien bei dem Treffen am Dienstag „viele Themen noch gar nicht besprochen“ worden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte nach den Beratungen mit der Union: „Wir haben wirklich gute Gespräche gehabt, auch wenn das manchmal etwas anders klingt.“ Die Bundesregierung habe einen Vorschlag vorgelegt, wie Geflüchtete grenznah untergebracht und schnell zurückgewiesen werden können.
Zu der CDU-Forderung nach Zurückweisungen sagte die Ministerin: Es dürfe „keine riskanten Ausnahmen vom geltenden europäischen Recht geben“.
Faesers Maßnahme gegen Fluchtgefahr an den Grenzen
Bei ihren Migrationsgesprächen hatte Faeser der Union und den Ländern ein Maßnahmenpapier vorgeschlagen, das unter anderem die vorübergehende Inhaftierung von bestimmten Geflüchteten an den Grenzen vorsieht.
Dieses Verfahren solle, wie am Dienstag aus Regierungskreisen gegenüber AFP verlautete, für diejenigen Geflüchteten angewandt werden, die in Deutschland Asyl begehren, für deren Asylverfahren aber ein anderer EU-Mitgliedstaat zuständig ist. Die Bundespolizei soll demnach Haftkapazitäten prüfen und eine Unterbringung bei Gericht beantragen.
Diese Maßnahme soll dem Papier zufolge das Untertauchen verhindern und wegen Fluchtgefahr verhängt werden können. Dafür müssten schnell ausreichend Haftplätze in Grenznähe und entlang der Migrationsrouten vorhanden sein, heißt es in dem Papier. Die Unterbringung in Haft sei dann so lange vorgesehen, bis der betroffene Flüchtling gemäß der sogenannten Dublin-Regeln an das Mitgliedsland abgeschoben wird, in dem es zuerst in die EU gekommen ist.
Dublin-Verfahren beschleunigen
Um zu prüfen, welches Land zuständig ist, soll die Bundespolizei an der Grenze vorrangig auf die sogenannte Eurodac-Datenbank zurückgreifen. Dort werden Fingerabdrücke der Geflüchteten gespeichert.
Die Bundespolizei übermittelt die Daten an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), das dann das Dublin-Verfahren beschleunigt einleitet, heißt es in dem Papier weiter. Alle vorgeschlagenen Maßnahmen entsprächen dem EU-Recht.
SPD wirft Union Sabotage des Migrationsgipfels vor
Die SPD wirft der Union unterdessen vor, auf dem Migrationsgipfel bewusst nicht nach gemeinsamen Lösungen gestrebt zu haben. „Es ist sehr bedauerlich, dass die Gespräche heute gescheitert sind“, sagte SPD-Politiker Dirk Wiese im Anschluss an die Gespräche im Bundesinnenministerium.
„Ich glaube, wir haben uns als Regierungskoalition sehr weit auf die Union zubewegt. Wir haben Maßnahmen auf den Tisch gelegt, die aus unserer Sicht rechtssicher und effektiv umsetzbar sind. Mein Gefühl ist, das muss ich sehr deutlich sagen, dass die Union von Anfang an diese Gespräche hat scheitern lassen wollen.“
Dabei habe die Union laut Wiese wohl eher die anstehenden Landtagswahlen im Blick gehabt. Die Tür für weitere Gespräche sei indes nicht zugeschlagen, so der SPD-Politiker.
Vertreter der Bundesregierung, der Länder und der Union waren am Dienstagnachmittag zur zweiten Runde ihrer Migrationsgespräche zusammengekommen. Die Union hatte im Vorfeld Zurückweisungen an der Grenze zur Bedingung für ihre Teilnahme gemacht. Faeser ordnete am Montag bereits Kontrollen an allen deutschen Grenzen an und stellte mehr Zurückweisungen in Aussicht. (afp/dts/red)
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