Faeser beruft weiteren Flüchtlingsgipfel ein – Scholz und Lindner fehlen
Der Flüchtlingsgipfel unter Leitung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Oktober 2022 hatte vor allem aus Sicht der Länder und Kommunen unbefriedigend geendet. Am Donnerstag (16. Februar) soll nun ein weiterer Anlauf genommen werden, um tragfähige Lösungen bezüglich der Unterbringung und Versorgung Geflüchteter zu finden.
Die Länder und Kommunen klagen über eine zunehmende Überforderung. Allein im Vorjahr hatte es einen verstärkten Zuzug von Asylsuchenden gegeben. Registriert wurden 218.000 Erstanträge. Dabei hatten Migrationsexperten erklärt, die Zahl sei auch eine Konsequenz verschleppter Fluchtbewegungen durch die Corona-Krise. Allerdings hat es auch im Januar 2023 bereits etwa 29.000 Erstanträge gegeben, was hochgerechnet auf das Gesamtjahr eine weitere Steigerung erwarten ließe.
Außerdem ist noch keine Waffenruhe im Ukrainekrieg abzusehen. Dieser hatte im Vorjahr zur Folge gehabt, dass etwa eine Million Menschen aus der Ukraine nach Deutschland geflohen waren. Diese genießen zwar einen Sonderstatus, in Summe entsteht für Länder und Kommunen dennoch ein erheblicher finanzieller und organisatorischer Aufwand.
Einige Hilfszusagen kamen nach dem ersten Flüchtlingsgipfel noch zustande
Länder, Landkreise und Gemeinden fordern deshalb schon seit Längerem eine verbindliche Zusage vonseiten des Bundes bezüglich der Kostenübernahme für Wohnen und Gesundheitssorge. Der Kostenpunkt dafür wird auf etwa zwei Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.
Zudem solle der Bund weitere eigene Immobilien bereitstellen. Die Unterbringungskapazitäten seien knapp, ebenso die Plätze an Schulen und Kitas. Länder und Kommunen wollen ein Zurückgreifen auf Notunterkünfte wie Sport- oder Messehallen vermeiden.
Ministerin Faeser wies jedoch mehrfach darauf, dass der Bund diesbezüglich den Ländern schon entgegengekommen sei. Neben zusätzlichen Immobilien habe man im Vorjahr 2022 auch pauschal zwei Milliarden Euro für die Betreuung von Ukraineflüchtlingen bereitgestellt. Im Oktober sei der Betrag für 2022 und 2023 noch einmal um zusätzlich jeweils 1,5 Milliarden Euro erhöht worden. Für 2023 gebe es außerdem eine weitere Zusicherung über 1,25 Milliarden Euro.
Außer Faeser nur Geywitz aus dem Ampel-Kabinett vertreten
Für darüber hinausgehende Zuwendungen müsste Bundesfinanzminister Christian Lindner seine Zustimmung erteilen. Dieser wird aber ebenso wenig an der Runde am Donnerstag teilnehmen wie Bundeskanzler Olaf Scholz. Länder und Kommunen hatten im Vorfeld gefordert, auch diese in die Gespräche einzubinden.
Auf Einladung Faesers werden die Innenminister der Länder sowie die kommunalen Spitzenverbände in Berlin erwartet. Auch Bundesbauministerin Klara Geywitz soll ihr Erscheinen zugesagt haben. Lindner hatte wiederholt erklärt, weitere Mittel des Bundes zur Verfügung zu stellen, sprenge dessen finanzielle Möglichkeiten. Faeser wies zudem darauf hin, dass der Bund bereits 68.000 Plätze für Geflüchtete in 330 bundeseigenen Liegenschaften zur Verfügung gestellt habe. Davon sind offenbar etwa zwei Drittel belegt.
Wie die „Berliner Zeitung“ berichtet, habe auch eine Recherche des Mediendienstes Integration für fast alle Bundesländer eine starke Auslastung der Betreuungsplätze für Flüchtlinge bestätigt. Die Infrastruktur sei insbesondere in Großstädten fast überall ausgeschöpft – trotz mindestens 74.000 neu geschaffener Plätze seit März 2022.
Pro Asyl fordert Maßnahmen gegen Knappheit von Wohnungen
Die Belegung der Erstaufnahmeeinrichtungen variiere dabei je nach Bundesland. In Bayern und im Saarland seien diese zu 90 Prozent ausgelastet, auch Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt arbeiteten am Limit. Etwa nur die Hälfte der Plätze seien demgegenüber in den Einrichtungen von Hessen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen belegt.
Die stärkere Konzentration an einigen Orten sei die Folge der Sonderregelung für Ukrainer. Diese könnten ohne Visum einreisen, umgehend private Unterkünfte beziehen und sich frei im Bundesgebiet bewegen. Sobald Betroffene jedoch aus privaten Unterkünften auszögen, blieben sie häufig in der Kommune und es werde eine Unterbringung in einer öffentlichen Einrichtung erforderlich.
Die Organisation „Pro Asyl“ und die Landesflüchtlingsräte mahnen nun Lösungen im Kampf gegen die Knappheit von Wohnraum an. Die Krise der Unterbringungspolitik, so Pro-Asyl-Sprecher Tareq Alaows, bestehe nicht erst seit der Ukrainekrise. Er forderte eine Debatte über die Aufhebung der Wohnpflicht in Sammelunterkünften und einen „Kurswechsel mit dem Ziel: Wohnungen statt Lager“.
Flüchtlingsgipfel hat auch Abschiebungen und Chancen-Aufenthaltsrecht zum Thema
Debatten über Abschiebungen seien dagegen „nicht zielführend und befeuern nur eine diskriminierende und ausgrenzende Stimmung“, so Alaows. Über diese wollen jedoch Ländervertreter am Donnerstag reden. Aus ihren Reihen werden Forderungen laut, die Abschiebung ausreisepflichtiger Menschen stärker voranzutreiben und sogenannte irreguläre Migration zu begrenzen.
Der neue Sonderbevollmächtigte der Regierung, Joachim Stamp, will sich ebenfalls dafür einsetzen – auch wenn die Kapazitäten dafür zuletzt geringer wurde. Allerdings wolle die Ampel auch Hindernisse für die Arbeitsaufnahme Geflüchteter abbauen – auch in Fällen von Geduldeten. Pro Asyl mahnt ebenfalls an, das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht zu nutzen. Dieses solle „nicht durch Abschiebungen unterlaufen“ werden.
Unterdessen ist es in einer Unterkunft für Flüchtlinge und Wohnungslose in Hamburg zu einem Brand mit einem Toten gekommen. Das zuständige Landeskriminalamt (LKA) hat die Ermittlungen aufgenommen. Die Identität des Toten sei weiter ungeklärt, teilte die Polizei am Dienstag mit. Klar sei bislang nur, dass es sich um einen Mann handele. Auch die Brandursache sei noch unklar.
Das Haus 18 ist vorerst nicht mehr bewohnbar und wurde nach Polizeiangaben insbesondere zur Ermittlung der Brandursache beschlagnahmt. Der städtische Betreiber Fördern und Wohnen habe inzwischen Notunterkünfte für zehn betroffene Bewohner organisiert.
(Mit Material von dpa und AFP)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion