Fachmann: Regierungswünsche zur Erdwärme „kannste vergessen“
Als Jens Dietrich 1998 als Geschäftsführer bei der Rohn & Co GmbH einstieg, ging das einher mit einem Umstieg auf Erdwärme. Die strombetriebenen Wärmepumpen waren damals als Energielieferant eher noch ein Geheimtipp, doch Dietrichs Mut, in dem thüringischen Örtchen Paitzdorf, nur etwa 15 Kilometer von Gera entfernt, diese Marktlücke zu schließen, sollte sich auszahlen.
Längst gehört das kleine mittelständische Unternehmen zu den Spezialisten für diese Technologie, sagt Dietrich im Gespräch mit Epoch Times – und es könnte – theoretisch – kräftig expandieren.
Ein Grund dafür sind die Pläne von Robert Habeck, seines Zeichens Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister. Der Grünen-Politiker will das Erreichen ehrgeiziger Ziele zum Schutz der Umwelt vorantreiben und den Ausbau des Wärmepumpenmarktes beschleunigen. Dazu hat sein Ministerium Mitte Mai ein Papier vorgelegt, den „Arbeitsplan Energieeffizienz“. Deutlich heißt es darin: Steuergelder müssten künftig dort eingesetzt werden, „wo der Klimaschutzeffekt am höchsten ist“.
Wärmepumpen ohne fluorierte Treibhausgase?
Dazu gehört zum Beispiel das „Aufbauprogramm Wärmepumpe“. Handwerksbetrieben und Planungsbüros will das Ministerium Anreize bieten, um Öl- und Gasheizungen gegen Wärmepumpen zu ersetzten. Wie die aussehen sollen, wird in dem Papier nicht verraten.
Ziel sei es, die Zahl der Neuinstallationen bis 2024 auf 500.000 Stück pro Jahr zu steigern. Das ist mehr als dreimal so viel wie im vergangenen Jahr. 2021 gingen rund 155.000 dieser Energielieferanten ans Netz, sagt Dr. Björn Schreinermacher, politischer Leiter beim Bundesverband Wärmepumpe, ansässig in Berlin. 1,3 Millionen bundesdeutsche Haushalte sind laut Schreinermacher zurzeit mit Wärmepumpen ausgestattet.
Nach Vorstellungen des Ministeriums sollen es 2025 schon drei Millionen sein, 2030 bereits sechs Millionen. Ein Ziel, das seiner Ansicht nach so nicht zu erreichen ist, gehen die Neuinstallationen doch mit einer wichtigen Veränderung einher: Statt der bislang als umweltschädlich geltenden fluorierten Treibhausgase (F-Gase) soll künftig nur noch Propan verwendet werden. Sauberer, aber hochexplosiv und feuergefährlich.
„Ein nicht zu bewältigendes Unterfangen“
Die Novellierung einer EU-Verordnung hat die Europäische Kommission im April vorgelegt. Der Verband hat dazu mittlerweile Stellung genommen. Grundsätzlich teile man die Klimaschutzpläne, betont Schreinermacher, allerdings stimme man den zeitlichen Vorgaben in der überarbeiteten EU-Verordnung nicht zu.
So sehe der Verband ein striktes Verbot für Kühlungsmittel mit einem sogenannten Global-Warming-Potenzial (GWP) von größer als einem Wert von 150 kritisch. Somit wäre auf diesem Sektor nur noch der Einsatz von natürlichen Kühlmitteln oder bestimmten Gemischen möglich, deren Verfügbarkeit dann gesichert sein müsse, heißt es in der Stellungnahme weiter.
Bei der Produktion neuer Anlagen käme die Industrie angesichts von ehrgeizigen 500.000 Stück pro Jahr schon ins „Ächzen“, so Schreinermacher.
Werde der Einsatz von Kühlmitteln fast zeitgleich „extrem verschärft“, müssten neue Wärmepumpen entwickelt werden – ein nicht zu bewältigendes Unterfangen.
Die Vorschläge der EU-Kommission zur Begrenzung der F-Gase-Emissionen hält der Verband für unverhältnismäßig. Die energie- und klimapolitischen Ziele der Bundesregierung wie auch der Europäischen Union würden dadurch gefährdet. Grundsätzlich enthalte der Kommissionsentwurf „viele Stellen mit noch ungeklärten Begriffsdefinitionen und Interpretationsfragen“.
Auf dem Arbeitsmarkt fehlen Fachkräfte
Für Jens Dietrich, der mit seinem Betrieb Mitglied im Bundesverband ist, kommen noch verschiedene andere Aspekte hinzu. Die Frage nach der Umsetzbarkeit der Regierungswünsche kommentiert er mit einem „kannste vergessen“.
Der Fachmann gibt zu bedenken, dass der „Arbeitsplan Energieeffizienz“ beispielsweise nicht die schwierige Situation auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigt. Gute Leute und Handwerkernachwuchs gebe es kaum, und wer mit Job und Arbeitgeber zufrieden sei, lasse sich auch nicht „mit ein paar Euro mehr Gehalt locken“.
Die Möglichkeit zu expandieren, wäre daher begrenzt. Zudem kennen sich viele Handwerksbetriebe mit Wärmepumpen gar nicht aus, sagt Dietrich. Für sie gebe es zwar die Möglichkeit, sich in Fortbildungen zu qualifizieren, doch bekomme er schon jetzt Anrufe von potenziellen Kunden, die von anderen Betrieben an die Wärmepumpen-Spezialisten verwiesen wurden.
Ein weiterer Aspekt sei die Infrastruktur. So seien vor allem kleinere Kommunen gar nicht in der Lage, für eine größere Anzahl von Wärmepumpenanlagen den Strom zu liefern, weil die Leitungen nicht dafür ausgelegt seien.
Die Mitarbeiter seines Betriebes hätten im vergangenen Jahr etwa 120 Pumpen eingebaut, die Lieferzeiten gibt Dietrich mit derzeit zehn Monaten an. Ein bis zwei Wochen seien zwei Handwerker damit beschäftigt, um solide Arbeit zu leisten. Sein Unternehmen könne aufgrund der Erfahrung aus 25 Jahren derzeit ein Auftragsplus von 20 Prozent bewältigen.
Für Betriebe, die Wärmepumpen neu ins Portfolio aufnähmen, ist im ersten Schritt die Qualifizierung in der Wärmepumpentechnik erforderlich, um zuverlässig und effizient arbeitende Anlagen zu errichten. Auch dürfe man nicht vergessen, dass Bestandskunden mit Altanlagen ebenfalls betreut werden müssten.
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