Ex-Verfassungsrichter sieht Recht auf Bildung vernachlässigt
Der ehemalige Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier sieht das Recht auf Bildung in der Corona-Pandemie zu wenig berücksichtigt. Jedenfalls durch völkerrechtliche Abkommen habe man ein verbindliches soziales Menschenrecht auf Bildung, insbesondere der Kinder und Jugendlichen, sagte Papier der „Welt“.
Das ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern ein anerkanntes, rechtlich verbindliches Gebot, das etwa bei der Prüfung von Schulschließungen im Rahmen von Verhältnismäßigkeitsabwägungen zu beachten ist.“
Seines Erachtens sei das in der Realität der Corona-Bekämpfung bislang zu wenig gewürdigt worden, so Papier. Der Staatsrechtler sprach sich dennoch gegen die von der Koalition geplante Einführung einer Kinderrechtsklausel in das Grundgesetz aus. Er halte das „bestenfalls für schlichte Symbolpolitik – oder aber für eine problematische Stärkung der behördlichen Einflussnahme auf die Erziehung der Kinder zulasten der Eltern“.
Von Verfassung wegen seien die Rechte der Kinder hinreichend gesichert: „Sie sind selbstverständlich Träger aller Freiheitsrechte, ohne dass dies ausdrücklich normiert ist. Außerdem ist im Artikel 6, Absatz 2 nicht zuletzt durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts immer das Kindeswohl in den Vordergrund gestellt worden.“
Das elterliche Sorge- und Erziehungsrecht sei danach immer ein treuhänderisches Recht im Interesse und zum Wohle der Kinder. Der Staat habe nur die Wächterfunktion.
Soweit das Kindeswohl in der Pandemie tatsächlich verletzt oder missachtet werde, „liegt das mit Sicherheit nicht an der Verfassung“. In der Praxis auftretende Mängel basierten vorrangig auf Vollzugsdefiziten im Hinblick auf das geltende Recht. „Dies kann sicherlich nicht mit einer programmatischen Änderung der Verfassung behoben werden.“ (dts)
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