Ex-Parteifreunde: Hauptgrund von Steinbachs Austritt „rechtswidrige, einsame, planlose Entscheidungen der Kanzlerin”
Der Austritt der Bundestagsabgeordneten Erika Steinbach aus der CDU hat bei früheren Parteifreunden verschiedenste Reaktionen ausgelöst. Viele bedauern ihren Rücktritt, zeigen aber auch Verständnis für das Vorgehen der hessischen Abgeordneten.
„Junge Freiheit“ sprach mit drei ihrer früheren Kolleginnen und einem Kollegen. Eine von ihnen ist die sächsische CDU-Abgeordnete Bettina Kudla: „Es ist bedauerlich, dass Frau Steinbach aus der CDU und aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion austritt. Ich habe sie immer als Kollegin sehr geschätzt, ihre leidenschaftlichen und vor allem inhaltlich guten und deutlichen Reden haben mich immer motiviert.“
Steinbach soll sich sehr für die Menschenrechte, insbesondere verfolgter Christen eingesetzt haben und in ihrem Engagement an das Schicksal von 15 Millionen Heimatvertriebenen erinnert haben. Das sei von allen sehr geschätzt worden.
Kudla kann Steinbachs Schritt zwar verstehen, halte ihn aber nicht für richtig. Die Kritik an der Asylpolitik solle man ernst nehmen, die emotionale Wortwahl gegenüber der Bundeskanzlerin aber nicht überbewerten.
Deutschland nach links gerückt
Die ebenfalls aus Sachsen stammende CDU-Bundestagsabgeordnete Veronika Bellmann äußert laut JF ebenfalls Verständnis für Steinbach. Ursächlich für den Austritt sieht sie „rechtswidrige, einsame, teilweise planlose Entscheidungen der Bundeskanzlerin und Bundesregierung zur Energiewende, Eurorettung und Flüchtlingspolitik.“ Diese seien vorbei von Partei und Parlament getroffen worden und hätten „Deutschland nach links gerückt“ und dem Land „im In-und Ausland geschadet“.
Diese Gründe seien aber nicht, wie CDU-Generalsekretär Peter Tauber behaupte, maßlos oder unberechtigt. Sein Vorwurf, Steinbach hätte dazu keine Gespräche geführt, sei indes unberrechtigt. „Irgendwann ist vermutlich bei jedem, dem bei seinen Diskussionsbeiträgen eisige Stille, Häme oder unsachlicher Widerstand entgegenschlägt, die Zeit des Kämpfens vorbei“, so Bellmann.
Und dass die hessischen Ex-Parteifreunde jetzt gleich noch einen Mandatsverzicht verlangten, spräche laut Bellmann nicht gerade von Demokratieverständnis. „Frau Steinbach ist seit 1990 Mitglied im Deutschen Bundestag, seit 2005 direkt gewählte Abgeordnete für Frankfurt mit jeweils immer mehr Prozenten für sie als Direktkandidatin als für die Union.“ Sie sei also nicht wegen sondern trotz CDU-Mitgliedschaft gewählt worden. „Einen solchen Wählerauftrag führt man zu Ende und hängt ihn nicht in Abhängigkeit zu einer Partei vorzeitig an den Nagel“, so Bellmann zu JF.
Eine Änderung der Regierungspolitik durch Konservative könne Bellmanns Meinung nach nur innerhalb der Union erreicht werden. Von der linken Mehrheit im Lande beziehungsweise im Parlament könne Steinbach das nicht erwarten. Nur in der Regierung könne man verändern und das bedürfe ständiger Kontrolle und Kritik an der „Führungsriege“. Veränderung von innen sei schwer und man müsse sie sich erarbeiten. Die von außen dagegen sei leichter und man bekomme sie meistens „geschenkt“.
Austritt spiegelt Diskussionen vor Ort wider
Die brandenburgische CDU-Landtagsabgeordnete Saskia Ludwig erklärt gegenüber JF, dass die Begründung von Steinbachs Austritt auch die Diskussion vor Ort an vielen Punkten widerspiegele. Die CDU sei Steinbachs Wertegerüst gewesen, vom Wähler sei sie wiederholt direkt in den Bundestag gewählt worden, um dort Volkes Meinung zu vertreten.
„Bedenklich ist es, wenn eine Volkspartei nicht in der Lage ist oder einige Funktionäre nicht den Willen besitzen, kritische Mitglieder wie Erika Steinbach in der Partei zu halten“, beklagte Ludwig gegenüber JF. „Jeder einzelne hat seinen persönlichen Erfahrungsschatz und keine Einheitsmeinung. Das macht eine Volkspartei stark und ist ein Markenzeichen.“
Gutheißen könne sie den Austritt aber genauso wenig wie Kudla, denn wenn sich immer mehr konservative Mitglieder aus der CDU verabschieden würden, wäre es schwierig, notwendige Kurskorrekturen nicht nur zu fordern sondern auch umzusetzen. Der Kampf um das konservative Profil in der eigenen Partei sei nicht einfach, aber notwendig.
Thüringens CDU-Fraktions- und Landeschef Mike Mohring findet jeden Austritt bedauerlich, schreibt JF. Frau Steinbach wisse nur zu gut, dass man den Kurs der CDU als Mitglied durchaus mitgestalten könne, so Mohring. Im Übrigen sei es kein guter Stil, „am Ende der politischen Karriere der Partei in die Beine zu grätschen, der man politisch auch einiges zu verdanken hat“. (mcd)
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