Europol: Organisiertes Verbrechen auf dem Vormarsch

Drogen, Menschenhandel, Einbruch: Das organisierte Verbrechen nimmt in Europa zu. Europol-Chefin De Bolle warnt: Auch in Deutschland steigt die Gefahr. Der Bund deutscher Kriminalbeamter warnt bezüglich des Cannabisgesetzes, dass es auch im kleineren Umfang mehr Gewalt geben könne.
Europol-Chefin Catherine De Bolle warnt vor der Gefahr der organisierten Kriminalität. (Archivbild)
Europol-Chefin Catherine De Bolle warnt vor der Gefahr der organisierten Kriminalität. (Archivbild)Foto: Carsten Rehder/dpa
Epoch Times20. Juli 2024

Das organisierte Verbrechen breitet sich nach Angaben von Europol in Europa immer weiter aus. Die Gewaltbereitschaft der kriminellen Netzwerke sei auch in Deutschland ein zunehmendes Problem, sagte Europol-Chefin Catherine De Bolle dem Nachrichtenmagazin „Spiegel“. „Die organisierte Kriminalität ist auf dem Vormarsch. Sie nutzt jede Schwäche.“

Der zunehmende Drogenhandel sei Nährboden der Gewalt, sagte De Bolle. Die Produktion von Kokain in Süd- und Mittelamerika boomt Europol zufolge. Damit werde Europa überschwemmt. „Die Lage ist dramatisch“, sagte De Bolle. Auch der Handel mit anderen Drogen nehme zu.

Nach Untersuchungen der europäischen Polizeibehörde mit Sitz in Den Haag sind in der EU 821 schwerkriminelle Netzwerke aktiv. Diese Banden mit mehr als 25.000 Mitgliedern seien hochprofessionell und skrupellos, warnte Europol unlängst. Das Hauptgeschäft ist der Analyse zufolge der Drogenhandel.

Eindringlicher Appell

Das Geld, das in Europa mit Drogen verdient werde, bleibe überwiegend auf dem Kontinent und werde in die hiesige Wirtschaft investiert, sagte De Bolle weiter: „Das macht die organisierte Kriminalität zu einer der größten Gefahren unserer Zeit.“

Die Polizei brauche technische Mittel, Befugnisse und Personal, um eine Chance im Kampf gegen die Netzwerke zu haben, sagte De Bolle. „Wenn wir nicht mehr investieren, werden wir diesen Kampf verlieren.“

Nach dem heftigen Konflikt zwischen deutschen und niederländischen Drogenbanden um vermutlich 300 Kilogramm Cannabis im Raum Köln warnt der Bund deutscher Kriminalbeamter (BDK) vor schweren Straftaten wie Sprengstoffattacken und Entführungen. In den Niederlanden sind Explosionen vor Wohnungen oder Betrieben ein oft angewandtes Druckmittel von Drogenbanden.

Ermittler warnen vor zunehmender Gewalt wegen Cannabis

„Holland muss uns eine Mahnung sein“, sagte der nordrhein-westfälische BDK-Vorsitzende Oliver Huth der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“.

Die auch „Mocro“-Mafia genannten niederländischen Banden seien skrupellos. Für sie gehe es darum, mit allen Mitteln klarzumachen, wer der Stärkere sei. „Und diesen Modus haben sie nun auch erstmals in Deutschland benutzt“, sagte Huth, der Ermittler in der Abteilung für Organisierte Kriminalität im Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen ist.

Der Kölner Fall sei mit der Cannabis-Teillegalisierung durch die Ampelregierung zum 1. April in Zusammenhang zu bringen. Es beginne damit, dass bis 1. Juli noch nicht einmal theoretisch legale Bezugsquellen in größerem Umfang zur Verfügung gestanden hätten. Bis die sogenannten Anbauvereine gegründet und genehmigt seien und dann liefern könnten, werde noch viel Zeit vergehen.

Nachfrage gewachsen

„Da aber seit dem 1. April auch viele bisherige Nichtkonsumenten unbedingt ihr neues Recht nutzen wollten, egal woher der Stoff kommt, scheint die Nachfrage stark zugenommen zu haben. Diese 300 Kilogramm allein für den Großraum Köln machen das klar“, sagte Huth der FAS. „Wir erleben eine Cannabisschwemme.“

Ein Problem sei auch, dass „jetzt jeder über 18 Jahren mit 25 Gramm Cannabis in der Tasche herumlaufen und zu Hause sogar 50 Gramm lagern darf. Das sind erhebliche Mengen, für die man vor dem Gesetz heftige Strafen bekommen hat.“

Unterscheidung zwischen Konsumenten und Dealern nicht möglich

Angesichts solcher Freimengen sei es „nicht im Ansatz“ möglich, bei Kontrollen zwischen bloßen Konsumenten und Dealern zu unterscheiden. „Es werden immer weniger Kontrollen stattfinden. Und weil es auf absehbare Zeit kaum legalen Stoff gibt, funktioniert das Gesetz wie ein Konjunkturprogramm für den Schwarzmarkt.“

Die Erwartung, dass der Schwarzmarkt in Deutschland durch die Cannabis-Clubs und den Selbstanbau drastisch einbrechen werde, bezeichnet der Kriminalbeamte als völlig naiv. Für viele Konsumenten werde der Schwarzmarkt die bequemste Bezugsquelle bleiben.

„Hinzu kommt: Auch unter den Konsumenten gibt es genügend, denen der im Cannabisgesetz erlaubte Grenzwert des Cannabiswirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) zu niedrig ist.“ Huth erwartet zudem, dass viele Konsumenten keine Lust haben werden, sich in einem Verein zu organisieren, weil sie lieber weiter anonym kiffen wollten. (dpa/dts/red)



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