EU-Kommission hat Bedenken gegen Vorratsdatenspeicherung
Die Europäische Kommission hat Bedenken gegen das geplante deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung – und sie kündigt wie bei der Maut ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof an, wenn ihre Einwände nicht berücksichtigt werden. Der Gesetzentwurf, so die Kommission, sei erstens mit den Regeln des EU-Binnenmarkts nicht vereinbar, weil er Telekommunikationsfirmen aus anderen EU-Staaten benachteilige, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Diese würden mit zusätzlichen Kosten konfrontiert, weil sie nicht ihre Speichereinrichtungen benutzen dürften, die außerhalb Deutschlands liegen.
Zweitens, und das ist ein gravierender Vorbehalt, handele es sich bei der deutschen Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung um einen unverhältnismäßigen Eingriff in der Grundrechte der Bürger. Die Stellungnahme stammt von Elzbieta Bienkowska, EU-Kommissarin für Binnenmarkt, Industrie und Unternehmen. Deshalb beschäftigt sie sich zunächst auch mit der Benachteiligung der Kommunikationsanbieter aus anderen EU-Staaten. Ungewöhnlich ist, dass sich die Binnenmarkt-Kommissarin auch mit Grundrechtsfragen beschäftigt. Sie will geklärt wissen, ob der Zugang zu Vorratsdaten für die Strafverfolgungsbehörden einer ausreichenden Prüfung durch ein Gericht oder unabhängige Verwaltungsstellen unterliegt. Sie will auch wissen, ob die Entscheidung zur Übermittlung von gespeicherten Daten nachträglich juristisch ordentlich überprüft wird. Die Kommissarin greift Bedenken auf, die in der deutschen Diskussion schon erhoben worden sind: Die Straftaten, bei denen der Zugriff auf die Daten möglich ist, seien im Gesetzentwurf zu vage beschrieben. Und schließlich ist die Kommission nicht überzeugt davon, dass der Entwurf die Berufsgeheimnisträger ausreichend schützt – also Anwälte, Ärzte, Abgeordnete, Geistliche und Journalisten. Auch deren Kommunikationsdaten sollen gespeichert werden, nur der Zugriff darauf unterliegt Einschränkungen. Das genügt der Kommission nicht. Sie will auch wissen, wie der Personenkreis "wirksam vor dem Risiko des Missbrauchs und vor rechtswidrigem Zugriff auf die Daten und deren Nutzung geschützt werden kann".
Die negative Stellungnahme der EU-Kommission erfolgt im Zuge des Notifizierungsverfahrens: Deutschland hat die Pflicht, binnenmarktrelevante Rechtsakte zu melden; sodann läuft eine Frist, in der das Gesetz nicht in Kraft gesetzt werden darf – um der Kommission und den anderen EU-Staaten Zeit für Stellungnahmen zu lassen. Die Frist, kürzlich um einen Monat verlängert, läuft am 6. Oktober ab.
(dts Nachrichtenagentur)
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