EU-Haushaltskommissar fordert von Berlin 12 Milliarden Euro mehr

Höhere Ausgaben in der EU müssen durch höhere Einnahmen gedeckt werden - und die kommen fast ausschließlich von den Mitgliedstaaten. Deutschland ist der größte EU-Betragszahler. Von Berlin fordert Oettinger elf bis zwölf Milliarden Euro mehr pro Jahr. 
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EU-Haushaltskommissar Oettinger will künftig unter anderem Mitgliedstaaten deutliche höhere Beitragszahlungen abverlangen.Foto: Wiktor Dabkowski/ZUMA Wire/dpa
Epoch Times2. Mai 2018

Deutliche Kürzungen der Milliardenhilfen für Europas Bauern und Regionen, aber mehr Geld für Grenzschutz, Forscher und Studenten: EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hat am Mittwoch seinen Vorschlag für die Finanzausstattung der Europäischen Union im nächsten Jahrzehnt vorgelegt und will trotz des Brexit deutlich mehr Geld. Finanzieren will er das vor allem durch höhere Beiträge der Mitgliedstaaten. Die Eckpunkte:

MEHR AUSGABEN

Die EU legt ihre Ausgabenprioritäten in einem mehrjährigen Finanzrahmen fest. Der nächste Sieben-Jahres-Plan läuft von 2021 bis 2027. Oettinger will das Budget von einem Prozent der EU-Wirtschaftsleistung auf 1,11 Prozent erhöhen. In aktuellen Preisen bedeutet dies eine Steigerung auf 1279 Milliarden Euro – 192 Milliarden Euro mehr als bisher. Die Kommission begründet dies mit zusätzlichen Aufgaben bei Grenzschutz, Migration, Verteidigung und Forschungsförderung.

HÖHERE BEITRAGSZAHLUNGEN FÜR DEUTSCHLAND UND CO.

Höhere Ausgaben müssen durch höhere Einnahmen gedeckt werden – und die kommen fast ausschließlich von den Mitgliedstaaten. Deutschland ist der größte EU-Betragszahler. Von Berlin fordert Oettinger elf bis zwölf Milliarden Euro mehr pro Jahr. Rabatte der Mitgliedstaaten bei den Beitragszahlungen will die Kommission über einen Zeitraum von fünf Jahren abschaffen.

MEHR EIGENE EINNAHMEN ÜBER PLASTIKSTEUER

Die Kommission will aber auch ihre direkten Einnahmen erhöhen. Sie schlägt dazu eine Abgabe auf „nicht wiederverwertete Verpackungsabfälle aus Kunststoff“ vor. Zudem möchte Brüssel zu 20 Prozent an den Einnahmen aus dem Emissionshandel beteiligt werden und auch einen Anteil an der Körperschaftsteuer.

MEHR GELD FÜR FORSCHER UND STUDENTEN

Die Mittel für Forschung und Innovation sollen um 50 Prozent steigen, damit Europa den Anschluss in Zukunftsbereichen wie künstlicher Intelligenz, Computertechnik und Biotechnologie bekommt. Die Mittel für das Schüler- und Studentenaustauschprogramm Erasmus plus sollen verdoppelt werden. Zudem will Brüssel 700 Millionen Euro für Gratis-Interrail-Tickets für junge Menschen bereitstellen, um Europa zu erkunden.

KÜRZUNGEN FÜR BAUERN

Die Agrarhilfen sind mit 39 Prozent bisher der dickste Posten im EU-Budget. Ihn will Oettinger insgesamt um rund fünf Prozent kürzen. Die Direktzahlungen für Landwirte, die sich pro Hektar errechnen, sollten aber nur „knapp vier Prozent“ sinken, sagte der deutsche Kommissar. Für deutsche Bauern stehen in diesem Bereich für den aktuellen Sieben-Jahres-Zeitraum 34 Milliarden Euro bereit.

ROTSTIFT AUCH BEI DEN REGIONEN

Auch bei den Strukturhilfen für die Regionen, dem zweitgrößten Posten im bisherigen Haushalt, setzt Oettinger den Rotstift an. Hier plant Oettinger „sieben Prozent Kürzungen“. Ziel der Kohäsionspolitik ist die Angleichung der Lebensverhältnisse in der EU. Gefördert werden Projekte in Bereichen wie Verkehr, Umwelt, Energie, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung.

STREICHUNG VON MITTELN FÜR DEMOKRATIESÜNDER

Nach dem jahrelangen Streit mit der nationalkonservativen Regierung in Polen über die Justizreform und regelmäßiger Demokratiekritik an Ungarn will die EU-Kommission nun ein neues Sanktionsmittel. Sie will die Zahlung von Kohäsionsgeldern bei Verstößen künftig „aussetzen, verringern oder beschränken“ können. Entscheiden sollen darüber auf Vorschlag der Kommission die Mitgliedstaaten.

BINDUNG VON GELDERN AN DIE FLÜCHTLINGSAUFNAHME

Der Anspruch auf Kohäsionsmittel bemisst sich bisher vor allem nach der Wirtschaftskraft – reichere Regionen bekommen deshalb normalerweise weniger. Die Kommission will nun aber neben der Arbeitslosigkeit und dem Klimawandel auch „die Aufnahme/Integration von Flüchtlingen“ berücksichtigen. Dies könnte zu Lasten osteuropäischer Staaten gehen, welche die Flüchtlingsaufnahme verweigern.

GRENZSCHUTZ

Wegen der Flüchtlingskrise und Terrorbedrohung will die EU-Kommission den Schutz der EU-Außengrenzen bis 2027 deutlich verstärken. Sie schlägt ein „stehendes Korps von rund 10.000 Grenzschützern“ vor. Bisher waren bei der Grenz- und Küstenschutzbehörde Frontex bis 2020 rund tausend feste Mitarbeiter vorgesehen. Hinzu kommt eine Reserve von 1500 Grenzschützern, die in Krisenfällen schnell an die Außengrenzen verlegt werden können.

Rote Karte an die EU

Zu den Haushaltsplänen von EU-Kommissar Günther Oettinger erklärt

Mittelstandspräsident Mario Ohoven:

„Der Mittelstand zeigt der geplanten Erhöhung der Zahlungen

Deutschlands an die EU die rote Karte. Zusätzliche Ausgaben von bis

zu zwölf Milliarden Euro pro Jahr gehen in Zeiten steigender

Sozialausgaben an der Realität vorbei. Auch angesichts der Debatte um

einen höheren Wehretat ist die Rechnung von Herrn Oettinger für

Deutschland nicht umsetzbar.

Gerade erst gewinnt die Europäische Union wieder an Vertrauen bei den

Bürgern. In dieser Situation wäre Brüssel gut beraten, keine

unrealistischen Erwartungen zu wecken.

Bereits heute ist Deutschland mit 20 Prozent am gesamten EU-Haushalt

der unbestrittene Top-Zahler Europas. Die schwarze Null im eigenen

Bundeshaushalt hat nun Priorität und darf durch die Forderung der EU

nicht gefährdet werden. Es ist den Bürgern auch nicht zu vermitteln,

dass eine kleiner werdende Europäische Union teurer werden soll. Der

Finanzrahmen muss von allen Mitgliedsstaaten der EU einstimmig

beschlossen werden. Deshalb ist es erforderlich, der

Zahlungsbereitschaft und -fähigkeit aller Länder Rechnung zu tragen.“

(afp/pm)



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