EU-Gericht: Transfrau kann nicht Mutter sein

Zwei Familien mit transsexuellen Elternteilen zogen vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Sie sahen ihr Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verletzt. Nun traf das Gericht zwei wegweisende Entscheidungen.
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Bei einer Parade für Transsexuellenrechte.Foto: iStock
Von 5. April 2023

Mit zwei Transsexuellen-Urteilen bestätigt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Luxemburg die zuvor getroffenen Entscheidungen deutscher Behörden und Gerichte.

Im ersten Fall klagte ein transsexueller Elternteil (44), geboren als Mann, dagegen, dass das Standesamt in Berlin-Schöneberg ihm verweigerte, als weitere „Mutter“ in die Geburtsurkunde eines Kindes eingetragen zu werden.

Der Europäische Gerichtshof entschied einstimmig, dass die Berliner Entscheidung keine Verletzung von Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellt.

Begründet wurde dies damit, dass das Kind nicht selbst von der Person zur Welt gebracht wurde und zudem mit dem eigenen Sperma des transsexuellen Elternteils gezeugt wurde. Denn das Kind, für das sich die Transfrau nun als Mutter eintragen lassen wollte, wurde zwar nach seiner Geschlechtsumwandlung geboren, aber mit seinem Sperma gezeugt.

Am 19. Juli 2012 ließ sich die als Mann geborene Person vom Standesamt Berlin-Schöneberg als weibliche Person mit weiblichem Vornamen registrieren. Am 23. März 2015 erkannte diese Person ihre Mutterschaft für das betreffende ungeborene Kind, mit Zustimmung der leiblichen Mutter, vor einem Notar an.

Am 16. Juni 2015 brachte dann die leibliche Mutter (47) das Kind auf die Welt, das mit dem Samen der Transfrau gezeugt worden war. Danach wollte sich die Transfrau als weitere Mutter für das Kind beim Standesamt eintragen lassen.

Biologische Mutter auch rechtliche Mutter

Das Berliner Standesamt lehnte die Änderung der Mutterschaft mit dem Verweis ab, dass nach § 1591 „Mutterschaft“ des Bürgerlichen Gesetzbuches die leibliche Mutter als biologische Mutter des Kindes auch dessen rechtliche Mutter sei.

Am 28. Juli 2015 beantragten die Eltern beim Amtsgericht Schöneberg, dass im Geburtenregister auch die Transfrau als „Mutter“ des Kindes eingetragen wird. Die ursprünglich als Mann geborene und samenspendende Transfrau sollte dabei unter ihrem weiblichen Vornamen geführt werden.

Das Amtsgericht in Berlin-Schöneberg lehnte dies am 11. Januar 2016 ab: Laut deutschem Recht muss das frühere Geschlecht und der frühere Vorname eines transsexuellen Elternteils nicht nur angegeben werden, wenn die Geburt vor der rechtskräftigen Anerkennung der Geschlechtsumwandlung des Elternteils stattgefunden hat, sondern auch, wenn das Kind nach der Geschlechtsumwandlung gezeugt oder geboren wurde.

Auch die nachfolgend aufgrund einer Berufung damit befassten Gerichte – das Berliner Kammergericht und der Bundesgerichtshof – wiesen die Klage zurück und bestätigten die Entscheidung des Berliner Standesbeamten.

„Fortpflanzung beruht auf biologischen Tatsachen“

Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Urteil zu diesem Fall am 29. November 2017 fest, dass die Person, die mit ihrem Sperma zur Fortpflanzung beigetragen hat, auch nur als Vater eingetragen werden kann.

Der Bundesgerichtshof verwies dabei auf das Bundesverfassungsgericht. Laut Karlsruhe sieht das Gesetz eine eindeutige, den biologischen Tatsachen entsprechende rechtliche Bindung eines jeden Kindes an einen Vater und eine Mutter vor.

Begründung: Trotz der Geschlechtsumwandlung eines Elternteils sieht der deutsche Gesetzgeber die gesetzlich geschützten Interessen des Kindes an der Kenntnis des besonderen Beitrags des betreffenden Elternteils zu seiner Zeugung überwiegen. Am 9. August 2019 wies das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde daher zurück.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte vertrat in diesem Fall die Auffassung, dass die deutschen Behörden über einen weiten Ermessensspielraum verfügen, und erklärte, dass das Wohl des Kindes immer im Vordergrund stehen muss.

Transmann will „Vater“ sein

Mit einer ähnlichen Begründung wies das Gericht auch eine weitere Klage eines transsexuellen Elternteils ab.

In diesem Fall wollte sich jedoch eine biologische Frau, die sich später als Mann registrieren ließ, als Vater für ihr Kind eintragen lassen. Das Kind gebar sie nach dem Vornamenwechsel. Bis 2010 trug sie noch einen weiblichen Vornamen. Im Jahr 2011 wurde ihre beantragte Einstufung als „männlich“ gerichtlich anerkannt.

Nach der gerichtlichen Anerkennung als Mann setzte der Transmann (40) seine Hormonbehandlung ab und wurde schwanger. 2013 brachte der Transmann einen Sohn (9) zur Welt. Dabei kam das Sperma eines Spenders zum Einsatz, der sich damit offenbar einverstanden erklärte, nicht den Status eines rechtlichen Vaters anzunehmen. Nach der Geburt des Sohnes beantragte der Transmann beim Standesamt, dass er als Vater des Kindes ins Geburtsregister eingetragen wird und nicht als Mutter. Das verweigerte das Standesamt.

Fall wirft „heikle ethische Fragen auf“

Der Transmann pochte nun beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte darauf, dass er als Vater eingetragen wird, weil er das Kind ja erst 2013 zur Welt gebracht hat, also nachdem 2011 seine Geschlechtsumwandlung zum Mann rechtlich anerkannt wurde.

Ähnlich wie im ersten Fall räumte das Gericht auch hier den deutschen Gerichten einen breiten Ermessensspielraum ein, da der Fall „heikle ethische Fragen aufwerfe“. Zudem gebe es unter den europäischen Staaten keinen Konsens, wie transsexuelle Personen mit Elternrecht im Geburtenregister einzutragen sind.

Und wie im ersten Fall bestätigte das Gericht in Luxemburg abermals deutsches Recht: Das frühere Geschlecht und der frühere Vorname eines transsexuellen Elternteils muss nicht nur angegeben werden, wenn die Geburt vor der rechtskräftigen Anerkennung der Geschlechtsumwandlung des Elternteils stattgefunden hat, sondern auch, wenn das Kind nach der Geschlechtsumwandlung gezeugt oder geboren wurde.

Auch hier entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einstimmig, dass die Entscheidung deutscher Behörden keine Verletzung von Artikel 8 (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) der Europäischen Menschenrechtskonvention darstellt.

Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig.



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