EU-Digitalkommissar will Social Media bei sozialen Unruhen sperren

Plattformen wie Twitter oder TikTok könnten ab 25. August komplett blockiert werden. Dies ermöglicht der dann in Kraft tretende „Digital Services Act“, sagt EU-Digitalkommissar Thierry Breton. Das Verbreiten von schädlichen Inhalten während gesellschaftlicher Unruhen wie in Frankreich reiche zukünftig aus, um Social-Media-Plattformen zu sperren.
Ausschreitungen in Nanterre außerhalb von Paris.
Politik der Zukunft: Bei Protesten und Unruhen Social Media einfach abschalten.Foto: Christophe Ena/AP/dpa
Von 23. Juli 2023

Ab 25. August sind große soziale Netzwerke und Onlinehändler dem „Digital Services Act“ (DSA) unterstellt. Dieser ermöglicht weitreichende Kontrollen über Inhalte. 19 sogenannte sehr große Onlineplattformen, darunter TikTok, Snapchat, Instagram und Twitter, müssen dann neue rechtliche Voraussetzungen erfüllen.

Das soll vor allem der Eindämmung von illegalen und schädlichen Inhalten dienen. Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzern in der EU müssen der Kommission dann eine erste detaillierte Bewertung ihrer größten Risiken für die Nutzer vorlegen.

Im Raum stehen Geldbußen von bis zu sechs Prozent des weltweiten Umsatzes, wenn sie den neuen EU-Anforderungen des DSA nicht gerecht werden sollten. Im schlimmsten Fall droht die EU mit Sperrung der gesamten Plattform. Kritiker befürchten mit dem „Digital Services Act“ das Aus für die Medien- und Meinungsfreiheit.

Ordnung im digitalen wilden Westen

Epoch Times berichtete bereits umfangreich in einem 2-teiligen Themenschwerpunkt über das EU-Gesetz gegen „Desinformation“ unter dem Aspekt „droht das Ende der Meinungsfreiheit?“ und darüber, wie ab August die EU „zum Schiedsrichter über Wissen und Wahrheit“ werden will. Unter anderem ist in dem Zusammenhang eine enge Zusammenarbeit mit Faktencheckern angekündigt.

Falls die Regeln des DSA nicht umgesetzt würden, stellte EU-Digitalkommissar Thierry Breton Plattformen wie Twitter oder TikTok ein europaweites Verbot in Aussicht. Grundtenor: Die Kontrolle über inhaltliche Entscheidungen und Algorithmen müsse „für EU-Beamte und Forscher“ gewährleistet sein.

Breton, seit 2019 in der EU-Kommission für die Binnenmärkte zuständig, freute sich via Twitter, als das neue Gesetz auf den Weg gebracht war:

@Thierry Breton

„It’s time to put some order in the digital ‚Wild West‘. A new sheriff is in town – and it goes by the name #DSA.“

Übersetzt: „Es ist an der Zeit, etwas Ordnung in den digitalen ‚Wilden Westen‘ zu bringen. Ein neuer Sheriff ist in der Stadt – und er trägt den Namen #DSA.“

Bei Unruhen wie in Frankreich: Social Media einfach abschalten

Jetzt, kurz vor Inkrafttreten des neuen EU-Gesetzes, droht der ehemalige Chef von France Telecom mit der Abschaltung sämtlicher Plattformen im Fall von Protesten in der Gesellschaft.

Demnach könne die EU-Kommission auf Grundlage des DSA den Zugang zu sozialen Netzwerken wie TikTok, Twitter, Facebook, Instagram, YouTube oder Snapchat vollständig sperren lassen, so die Betreiber nicht gegen „rechtswidrige Inhalte“ bei gesellschaftlichen Unruhen vorgehen. Dies erklärte Breton am Montag in einem Interview mit dem französischen Nachrichtensender „France Info“.

Laut den Regelungen des Digital Services Act müssen die großen Digitalunternehmen sämtliche Inhalte nach den Definitionen der EU-Kommission überwachen und innerhalb von 24 Stunden regulieren, sprich: die Monetarisierung der Nutzer unterbinden oder einen Eintrag oder den Kanal gleich ganz löschen.

Europäische Schnelleingreiftruppen im digitalen Informationskrieg

Breton kündigte in Bezug auf mögliche Unruhen an: „Wenn es hasserfüllte Inhalte gibt, Inhalte, die beispielsweise zum Aufstand oder zum Töten oder zum Anzünden von Autos aufrufen, sind die Plattformen verpflichtet, diese zu löschen. Wenn sie dies nicht tun, werden sie sofort sanktioniert.“

Man verfüge über Teams, die sofort eingreifen können, erklärte der 68-Jährige. Würden die Verantwortlichen bei den Social-Media-Plattformen nicht sofort handeln, dann könne man nicht nur eine Geldstrafe verhängen, sondern auch den Betrieb der Plattform in der EU verbieten, kündigte Breton an.

Eigentlich soll der Digital Services Act sicherstellen, dass illegale Inhalte wie Hassrede schneller aus dem Netz entfernt, schädliche Desinformation und Kriegspropaganda weniger geteilt und auf Onlinemarktplätzen weniger gefälschte Produkte verkauft werden.

Bei Bedrohungen für die öffentliche Sicherheit oder der Gesundheit kann die EU-Kommission aber auch von großen Plattformen verlangen, dringende Bedrohungen auf ihren Plattformen „zu begrenzen“, wie es im DSA heißt. Maßnahmen dieser Art sind auf drei Monate begrenzt.

Zugang zu Netzwerken „einfach abschneiden“

Breton, der von 2005 bis 2007 unter Jacques Chirac französischer Finanzminister war, ist damit auf Linie von Präsident Emmanuel Macron. Der hatte in Bezug auf die aktuellen Ausschreitungen in Frankreich ein mögliches Social-Media-Verbot beziehungsweise Nutzungseinschränkungen in den Raum gestellt: „Wir müssen über die Nutzung dieser Netzwerke durch die Jugend nachdenken“ und dabei auch Verbote ins Auge fassen. Notfalls müsse man den Zugang zu den Netzwerken „abschneiden“, hatte dieser bei einem Bürgermeistertreffen im Élysée-Palast gefordert.

Nachdem Medien Vergleiche zwischen Macrons Aussagen und der staatlichen Zensur in China und im Iran gezogen hatten und auch aus den Reihen der eigenen Parteikollegen Kritik kam, ruderte man in Paris zurück: Der Präsident habe lediglich gemeint, richtete der französische Digitalminister Jean-Noël Barrot dem Portal „Politico“ aus, dass es technisch möglich sei, den Zugang zu sozialen Medien einzuschränken, nicht, dass er Zugangsbeschränkungen plane.

Diese „Zugangsbeschränkungen“ scheint der französische Präsident gar nicht planen zu müssen. Sie werden dem aktuell von Unruhen geschüttelten Frankreich und den anderen EU-Mitgliedstaaten auf dem Silbertablett „Digital Services Act“ gereicht.



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