EU-Asylrecht „kostet mehr Leben als es rettet“: Sahra Wagenknecht offen für Verfahren in Drittstaaten

Das BSW hat in Berlin seine Wahlkampagne für die EU-Wahl vorgestellt. Gründerin Wagenknecht sieht in einem guten Ergebnis für ihre Partei einen „ersten Schritt zur Abwahl der Ampel“. Im Vordergrund des Wahlkampfs werden Themen wie Frieden und Lebensstandard stehen.
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Sahra Wagenknecht am 12.04.2024Foto: via dts Nachrichtenagentur
Von 24. April 2024

Am Mittwoch, den 24. April, stellte das „Bündnis Sahra Wagenknecht – Vernunft und Gerechtigkeit“ (BSW) in Berlin seine Kampagne zu den bevorstehenden EU-Wahlen vor. Neben Parteigründerin Sahra Wagenknecht selbst und ihrer Co-Sprecherin Amira Mohamed Ali waren Generalsekretär Christian Leye und die Spitzenkandidaten Fabio de Masi und Thomas Geisel dazu vor Ort.

De Masi: BSW steht „gegen ruinöse Klimapolitik ohne jeden Lenkungseffekt“

Wie Leye gleich zu Beginn erklärte, gehe man „als Underdog in den Wahlkampf“, vertraue jedoch auf einen vorhandenen Veränderungswillen. Die etablierten Parteien hätten zu viele Menschen zurückgelassen und seien programmatisch zu ununterscheidbar geworden. Dies habe die AfD stark gemacht. Mit dem BSW wolle man die „Ablehnung und den Protest“ gegen diese „wieder in demokratische Bahnen zurückholen“.

Spitzenkandidat Fabio de Masi kündigte an, die Partei werde sich für eine Besteuerung von Milliardären und eine Entlastung des Mittelstandes starkmachen. Er kritisierte auch eine Klimapolitik, die zwar durch CO₂-Abgaben und eine Mehrwertsteuererhöhung die kleinen Leute belaste, aber gleichzeitig Bahnkilometer abbaue.

Die Schuldendebatte gebe es auch auf europäische Ebene. De Masi drückte seine Sympathien für die „Goldene Regel“ im Kontext mit der Schuldenaufnahme aus. Allerdings wolle er die damit finanzierten Projekte auf den zivilen Bereich beschränken.

Geisel: „EU würgt mit Bürokratie Innovation und Wohlstand ab“

Der Listenzweite und frühere Düsseldorfer SPD-OB Thomas Geisel warnte davor, die EU-Wahlen auf die leichte Schulter zu nehmen. Brüssel und Straßburg seien nicht „weit weg“, dort ersonnene Regulierungen hätten Einfluss auf das tägliche Leben der Menschen.

Die EU-Bürokratie hemme Innovationen, eine ideologiegetriebene Verbots- und Sanktionspolitik würge den Aufschwung ab. Zumeist seien es Lobbyverbände, die für die Bürokratie verantwortlich seien, um eigene Vorteile zu bewahren.

Europaskepsis entstehe, weil sich Europa von den Bürgern und von seiner ursprünglichen Aufgabe entferne. Die EU solle „Amazon besteuern, statt den Mittelstand zu belasten“, forderte Geisel. Zudem wolle er sich dafür einsetzen, dass Europa wieder als Friedensprojekt fungiere, das alte Feindschaften überwinde.

Wagenknecht: „Sprache des Krieges und Logik der Eskalation durchbrechen“

Sahra Wagenknecht selbst bekannte sich ebenfalls zu einer Vorstellung von „Europa als Friedensmacht“. Das BSW wolle der „Sprache des Krieges“ und der Logik der Hochrüstung Diplomatie entgegensetzen. Außerdem wolle sie ein „souveränes Europa“, das nicht zerrieben werde zwischen den dominanten Machtblöcken USA und China.

Das BSW trete mit hochkompetenten Persönlichkeiten an. Dazu gehörten Diplomat Michael von der Schulenburg, der vormalige Chefarzt Jan-Peter Warnke oder der Epidemiologe Friedrich Pürner. Ein gutes Ergebnis ihrer Partei sei ein „erster Schritt zur Abwahl der Ampel“. Sie biete Menschen eine Möglichkeit zum Protest, „ohne eine Partei wählen zu müssen, in der es auch Neonazis und Rechtsextremisten gibt“.

Das BSW sei eine pragmatische Partei, die sich für den Mittelstand und KMUs einsetze. Diese litten besonders unter der Krise und den hohen Preisen, während die DAX-Konzerne davon relativ wenig betroffen seien. Dadurch sei man aber auch eine Alternative – anders als die Merz-CDU, die für „Blackrock-Kapitalismus und militärische Eskalation“ stehe, oder die FDP, die „Malochen bis zum Tod“ als Antwort auf den Fachkräftemangel sehe.

Auftaktkundgebung des BSW am 15. Mai in Hamburg

Co-Sprecherin Amira Mohamed Ali stellte anschließend die Kampagne vor. Im Vordergrund stehe dabei die Botschaft, dass das BSW in mehreren Bereichen eine Alternative bieten wolle. Am wichtigsten sei dabei die Frage von „Krieg oder Frieden“. Daneben gebe es die Serien mit den Motiven „Ampel oder Überholspur“, „Maulkorb oder Meinung“, „Gier oder Gerechtigkeit“ und „Abstieg oder Aufbruch“.

Der Etat der Partei betrage etwa drei Millionen Euro. Man werde neben traditionellem Wahlkampf und Veranstaltungen vor allem auf Social Media und Großflächenplakate setzen. Anhänger könnten beispielsweise mittels Plakatspende die Finanzierung eines solchen übernehmen.

Am 15. Mai werde die erste Großkundgebung mit Sahra Wagenknecht und Fabio de Masi in Hamburg auf dem Fischmarkt stattfinden. Die Schlusskundgebung ist für 6. Juni auf dem Alexanderplatz in Berlin geplant.

Wagenknecht: Thema der Migration ist „Frage der Gerechtigkeit“

In der Fragerunde der Medienvertreter kam die Rede auf den Themenkomplex Asyl und Migration. Dieses wird im EU-Wahlkampf voraussichtlich in den meisten Mitgliedstaaten und auch in Deutschland eine zentrale Rolle spielen. Auf die Frage, warum ihre Partei keine eigene Plakatserie zu dem Thema auflegt, äußerte Wagenknecht, für sie sei es ein Aspekt von „Gerechtigkeit“. Das zeige sich bereits daran, dass die damit verbundenen Probleme hauptsächlich in ärmeren Wohnvierteln aufträten.

Das europäische Asylrecht in seiner jetzigen Form, so die Politikerin, „kostet mehr Leben als es rettet“. Es eröffne einen Wettbewerb, der darauf hinauslaufe, dass derjenige, der es nach Deutschland schaffe, mit einem Bleiberecht rechnen könne. Am ehesten gelinge dies den finanziell oder physisch am stärksten Ausgestatteten. Dies trage auch dazu bei, dass vor allem junge Männer es nach Europa schafften.

Hier, so Wagenknecht, müsse man die Anreize nehmen. Die Zahlen müssten sinken. Gleichzeitig verabschiedeten sich immer mehr EU-Länder aus dem System. „Ordentliche rechtsstaatliche Verfahren“ an den EU-Außengrenzen oder in Drittländern wären ein möglicher Weg dazu. Vom britischen Ruanda-Konzept, das sie als „zynisch“ bezeichnete, grenzte sie sich jedoch ab.

Das BSW wolle im Kontext dieser Thematik „keine Ressentiments schüren, aber Regeln anmahnen“. Für nicht Asylberechtigte könne man „begrenzte Angebote“ schaffen, sofern Kommunen die Kapazitäten für eine vernünftige Integration hätten. Derzeit sei das aber vielfach nicht der Fall. De Masi unterstreicht zudem, dass Europa selbst durch seine Außenpolitik zu einer Situation beitrage, die Fluchtursachen schaffe.

Für reine E-Auto-Strategie nicht einmal ausreichendes Stromnetz

Das BSW will sich zudem mithilfe einer Stärkung der Binneninfrastruktur, Binnenwirtschaft und Binnenkaufkraft vor möglichen neuen Handelskonflikten schützen – etwa zwischen den USA und China. Die KPC investiere in Preisdumping, was man beispielsweise auf dem E-Auto-Markt sehe. Auch deshalb sei das geplante Verbrennerverbot ein Fehler.

Deutschland solle Exportnation bleiben, aber in der Vergangenheit habe man sich zu stark auf Exportüberschüsse gestützt. Auch deshalb schaden Sanktionen deutschen Unternehmen selbst. Eine bessere Infrastruktur, schnellere Zugverbindungen und eine stärkere technologische Basis würden die Verwundbarkeit reduzieren.

Was das E-Auto betrifft, macht De Masi darauf aufmerksam, dass der „Strom nicht einfach aus der Steckdose“ komme. Die Stromnetze seien für eine nur auf Elektroautos setzende Verkehrspolitik nicht gerüstet. Stattdessen habe man eine Debatte über Spitzenglättung. Mit Blick auf TikTok spricht De Masi sich gegen ein Verbot aus, das „ohnehin nicht durchsetzbar“ wäre. Stattdessen sollten Angebote einer öffentlichen Infrastruktur als Alternative entstehen. Dies würde auch den US-Konzernen den Zugriff auf eine derartige Fülle von Daten ihrer Nutzer versperren.

Umfragen sehen das BSW derzeit zwischen bundesweit fünf und sieben Prozent. In mehreren ostdeutschen Bundesländern kann die Wagenknecht-Partei auf zweistellige Ergebnisse hoffen.

 



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